Behandelter Abschnitt Röm 8,19-21
Soweit die Entfernung zwischen der Schöpfung im Allgemeinen und denen auch scheinen mag, die die Gnade jetzt aus ihrem Verderben herausgenommen und in so inniger und vollständiger Weise mit Christus verbunden hat, wie der Christ sie kennt, so gibt es eine Verbindung der direktesten und folgenreichsten Art.
Denn das sehnliche Harren der Schöpfung wartet auf die Offenbarung der Söhne Gottes. Denn die Schöpfung ist der Nichtigkeit unterworfen worden (nicht freiwillig, sondern dessentwegen, der sie unterworfen hat), auf Hoffnung, dass auch die Schöpfung selbst freigemacht werden wird von der Knechtschaft des Verderbens zu der Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes (8,19–21).
Da es sich hier um eine Stelle von sehr großem Interesse und Wert handelt, hat die Unkenntnis der vermittelten Wahrheit die meisten derer in Verlegenheit gebracht, die versucht haben, sie zu erklären, sei es mündlich oder in formellen Kommentaren. Es gibt keine wirkliche Schwierigkeit, wenn die Hauptaussage des Apostels erfasst wird. Die Verwirrung wird, wie es gewöhnlich der Fall ist, mit Begriffen verursacht, die seiner Argumentation fremd sind. Betrachten wir also kurz die vermittelte Wahrheit und das, was sie für viele Leser undeutlich gemacht hat.
Sowohl die gegenwärtigen Leiden als auch die zukünftige Herrlichkeit beziehen sich im Denken des Apostels auf die Schöpfung, die er hier personifiziert. Sie wird in erster Linie so dargestellt, dass sie auf die Offenbarung der Söhne Gottes wartet. Äußerlich unterscheiden sich die Söhne Gottes nicht in körperlicher Hinsicht, Kraft oder Herrlichkeit von der übrigen Menschheit. Sie mögen schwach sein und leiden, entschlafen oder sterben, während der Herr in der Höhe verweilt. Aber nach der Auferstehung oder Verwandlung, bei seinem Kommen, werden sie mit Christus in Herrlichkeit offenbar werden, wenn auch Er so offenbar wird. Auch die Schöpfung wartet auf diesen glückseligen Augenblick. Von ihnen und ihrer Offenbarung hängt ihre Erlösung aus dem gegenwärtigen Elend ab.
Denn die Schöpfung ist der Eitelkeit unterworfen worden, natürlich nicht durch ihren eigenen Willen, sondern um seinetwillen, der sie unterworfen hat. Der Mensch wurde von Gott als Haupt der unteren Schöpfung eingesetzt. Als er fiel, teilte die Schöpfung sein Verderben. Wenn die Söhne Gottes bei der Erscheinung Christi offenbart werden, wird es einen Beweis dafür geben, dass sie von ihnen abhängig gemacht wurde, und dass die Hoffnung auf Befreiung nicht vergeblich ist. Wenn es gerecht war, dass die Schöpfung durch den Fall ihres Hauptes der Nichtigkeit unterworfen wurde, wie konsequent und Gottes würdig ist es dann, dass der Erlösung seiner Kinder und Erben ihre herrliche Wiederherstellung erfolgen wird!
Dies mit der heidnischen Welt zu erklären, wie es Whitby und andere tun, ist in der Tat armselig; ebenso wie Doddridges Vorstellung, dass es sich lediglich um die ganze nicht evangelisierte Welt handelt, die sehnsüchtig auf ein solches Heilmittel und eine solche Erleichterung wartet, wie sie das Evangelium bringt, durch das die Menschheit vor Eitelkeit und Verderbnis und die minderwertigen Geschöpfe vor Tyrannei und Missbrauch bewahrt werden würden.
Der Apostel spricht aber nicht von der Vorherrschaft des Evangeliums der Gnade, sondern von der Ankunft und Entfaltung der Herrlichkeit und damit der göttlichen Macht, die die vom Menschen verderbte Schöpfung nach seinem eigenen Ratschluss befreien wird. Wenn die Erben um den großen Erstgeborenen verherrlicht werden und mit Ihm in Herrlichkeit erscheinen, dann und so soll das Erbe aus der Knechtschaft hervortreten, unter der es lange geseufzt hat, „bis zu den Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge, von denen Gott durch den Mund seiner heiligen Propheten von jeher geredet hat“ (Apg 3,21).12
Es ist die Wiedergeburt, von der unser Herr sprach, wenn seine Rechte in der vollen und ordnungsgemäßen Segnung Israels auf der Erde verwirklicht werden sollen. Es ist „die Verwaltung der Fülle der Zeiten: alles unter ein Haupt zusammenzubringen in dem Christus, das, was in den Himmeln, und das, was auf der Erde ist, in ihm, in dem wir auch ein Erbteil erlangt haben“ (Eph 1,10.11). Denn die Versöhnung wird alle Dinge umfassen, nicht nur die Gläubigen, die jetzt versöhnt sind (Kol 1). Das wird die Ruhe Gottes sein (Heb 4); und dann werden die weiten und verschiedenen Kreise der Glückseligkeit und Herrlichkeit, Frucht der reinen Gnade, offenbar werden, zu denen wir kommen, bevor sie tatsächlich für die Erde kommen werden (Heb 12), im Reich der Welt unseres Herrn und seines Christus, der herrschen wird bis in die Zeitalter der Zeitalter (Off 11,15), wie es in einer Vielzahl anderer Schriftstellen dargelegt wird.
12 Vgl. Jesaja 11; 12; 25; 32; 35-51; 60-65; Jeremia 31-33; Hesekiel 36-48; Daniel 2,44.45; 7,14.27; 12; Hosea 1,11; 2; 3,5;
Joel 3; Amos 9; Obadja 17.21; Jona [vorbildlich]; Micha 4; 5; 7; Nahum 1,15; Habakuk 3; Zephanja 3; Haggai 2,6-9.21-23;