Behandelter Abschnitt Joh 17,14-16
Ich habe ihnen dein Wort gegeben, und die Welt hat sie gehasst, weil sie nicht von der Welt sind, wie ich nicht von der Welt bin. Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt wegnehmest, sondern dass du sie bewahrest vor dem Bösen. Sie sind nicht von der Welt, wie ich nicht von der Welt bin (17,14–16).
Ab Vers 14 bittet der Herr um einen anderen Gegenstand für die Jünger. Er hatte darum gebeten, dass sie in seiner Liebe vor dem Vater stehen würden; jetzt bittet er darum, dass sie seinen Platz vor der Welt einnehmen können. Wie Er in dem einen Fall ihre Beziehung mit sich selbst gesucht hatte, so wollte Er in dem anderen Fall nicht weniger eine Beziehung haben. Dort ging es darum, dass seine Freude in ihnen erfüllt würde; hier geht es um das Zeugnis des Vaters in und durch sie. Es war sein eigener Platz auf der Erde wie im Himmel.
Es sind hier nicht, wie in Vers 8, „die Worte“ (ῥήματα), die der Vater dem Sohn gegeben hat, die der Sohn den Jüngern gegeben hatte, die Mitteilungen der Liebe, woraus sie wahrhaftig wussten, dass Er vom Vater kam, und zu ihrer Freude glaubten, dass der Vater Ihn gesandt hatte. Es ist hier (wie in V. 6) das „Wort“ (λόγος) des Vaters, der Ausdruck seines Geistes. Dieses, so wurde bereits gesagt, hatten sie gehalten. Aber der Herr nimmt es im Zusammenhang mit dem Zeugnis in der Welt, das für Ihn abgeschlossen war, wieder zur Kenntnis. In der Welt sollten sie seine Zeugen sein, und das Wort des Vaters, das Er ihnen gegeben hat. Doch die Welt hasste sie, nicht nur wegen dieses Wortes, so anstößig es für die Welt ist, sondern weil sie, die Jünger, die es hatten, nicht von der Welt waren, wie auch ihr Meister nicht von der Welt ist. Das ist das wahre Maß der Weltfremdheit, und es ist unerträglich in den Augen der Welt, und nirgends so sehr wie in der religiösen Welt. Dass Menschen auf der Erde sich als Besitzer des ewigen Lebens ausgeben, klingt für solche, die Christus und sein Werk nicht kennen, anmaßend. Aber hinzuzufügen, dass sie nicht von der Welt sind, wird die Welt dazu bringen, die schlimmste Intoleranz an den Tag zu legen.
Doch nichts ist so niedrig wie der Glaube, und der Glaube wirkt durch die Liebe, das genaue Gegenteil davon, andere zu verachten oder auf sich selbst zu vertrauen, dass sie gerecht sind. Christus ist alles für den Gläubigen, wie Er für den Vater ist; und wie Er nicht von der Welt ist, so sind sie es auch nicht. Dass sie nicht von der Welt sind, hängt von der früheren Wahrheit ab, dass sie dem Vater gehören und dem Sohn gegeben wurden, der ihnen den Namen des Vaters offenbarte und sie in diesem Namen bewahrte; so wie Er darum bat, dass der Vater sie während seiner Abwesenheit vor der Welt bewahren möge. Bei Johannes ist Christus von vornherein der Welt unbekannt und verworfen; sie kennen weder den Vater noch den Sohn. So ist es auch mit den Kindern Gottes. „Deswegen erkennt uns die Welt nicht, weil sie Ihn nicht erkannt hat“ (1Joh 3,1). Der Bruch ist vollständig. „Die Welt hat sie gehasst28“, wie sie den Vater und den Sohn hasste.
Niemals zuvor hatte es einen solchen Bruch gegeben. Es war nicht so während Gottes Handeln mit dem alten Israel; noch in ihrem Verderben während der darauffolgenden Zeit der Heiden. Der Mensch wurde immer noch erprobt; und sogar als der Herr hier auf der Erde war, war der Charakter seines Dienstes, dass Gott in Ihm die Welt mit sich versöhnte. Aber die Welt wollte nichts von Ihm wissen, und wird in ihrem Fürsten gerichtet. Und wie der Mensch nun im Licht des Kreuzes für verloren erklärt wird, so ist der Gläubige der Welt gekreuzigt und die Welt ihm. Sie sind nicht von der Welt, wie Christus nicht von der Welt ist. Das ist eine Tatsache und nicht nur eine Verpflichtung, wenn auch der festeste Grund der Verpflichtung. Sie sind nicht von der Welt, nicht nur, weil sie es nicht sein sollten; wenn sie es aber nicht sind, ist es eine schmerzliche Ungereimtheit, auch nur so zu tun, als ob sie von der Welt wären. Es ist falsch gegenüber unserer Beziehung, denn wir gehören dem Vater und sind dem verworfenen Sohn gegeben, der mit der Welt abgeschlossen hat. Wenn aber gesagt wird, dass dies jetzt ewige und himmlische Beziehungen hervorbringen wird, so sei es so; das ist genau das, was Christentum im Prinzip und in der Praxis bedeutet. Es ist der Glaube, der Christus besitzt, der dem Gläubigen seinen eigenen Platz der Beziehung und der Annahme in der Höhe gibt, wie auch der Absonderung von der Welt hier unten und der Verwerfung durch sie; was er in Worten und Wegen, im Geist und im Gespräch, während er auf den Herrn wartet, verwirklichen muss.
Wenn also die Rückkehr zum Gesetz oder zum Fleisch, wie in Galatien, der Abfall von der Gnade war, so ist der Abfall des Christen nicht weniger gründlich, wenn er die Welt sucht, der er nicht angehört. Dass die Welt sich für Christus oder die Seinen bessert, ist ebenso falsch, wie dass das Fleisch sich bessern kann. Das Licht ist zur Finsternis geworden, und wie groß ist diese Finsternis! Es mag nicht die Antwort auf den letzten Teil von Römer 1 sein, aber es antwortet auf den Anfang von 2. Timotheus 3. Es ist der natürliche Mensch, der genug weiß, um auf das zu verzichten, was schamlos ist, und alles mit einem religiösen Schleier zu versehen; es ist die Welt, die sich im Wesentlichen im Bekenntnis mit den Dingen Gottes beschäftigt, aber in Wirklichkeit ist die die Welt, wo der gesunde Menschenverstand für ihren Dienst und ihre Anbetung ausreicht, und der Geist Christi ganz und gar nicht angewendet wird. Welch ein Triumph für den Feind!
Es ist genau das, was wir in der Christenheit sehen; und nichts irritiert so sehr wie die Weigerung, so zu wandeln, anzubeten oder zu dienen. Es spielt keine Rolle, wie laut du anprangerst oder protestierst; wenn du dich der Welt anschließt, wird sie sich nicht um deine Worte kümmern, und du bist Christus gegenüber treulos. Es spielt auch keine Rolle, wie viel Gnade und Geduld sie zeigt; wenn du dich abseits hältst, als wärest du nicht von der Welt, zieht das Feindschaft, Hass und Verachtung auf dich. Ein Jünger steht nicht über seinem Meister; aber jeder, der vollendet ist, wird wie sein Meister sein. So zu handeln, als sei man nicht von der Welt, wird als ihre stärkste Verurteilung empfunden; und keine Sanftmut oder Liebe kann sie schmackhaft machen. Gott beabsichtigt auch nicht, dass es so sein soll, denn Er beabsichtigt es als Teil des Zeugnisses für seinen Sohn. Und wie die Welt das Wort des Vaters weder empfängt noch versteht, so hasst sie die, die dieses Wort haben und danach handeln.
Zweifellos gibt es einen Moment, wenn die Toten in Christus zuerst auferstehen werden; dann werden wir, die Lebenden, die übrigbleiben, zusammen mit ihnen in Wolken entrückt werden, um dem Herrn in der Luft zu begegnen, wenn Er selbst mit einem Ruf, mit der Stimme eines Erzengels und mit dem Posaunenschall Gottes vom Himmel herabkommt; und so werden wir für immer bei Ihm sein (1Thes 4). Aber der Herr hat noch nicht darum gebeten, dass der Vater die Seinen so aus der Welt wegnimmt, sondern dass Er sie vor dem Bösen bewahrt. Dies tut Er in seiner Gnade durch sein Wort, wie wir sogleich sehen werden.
Nur wiederholt der Herr, bevor Er erklärt, wie der Vater die Gläubigen bewahrt, in einer neuen Form, um größeren Nachdruck zu verleihen: „Sie sind nicht von der Welt, wie ich nicht von der Welt bin“ (V. 16). Nichts wird schneller vergessen, wenn das Auge nicht mit ständiger Wachsamkeit hinsichtlich unserer Motive, Wege und Ziele sowie mit schonungslosem Selbstgericht auf Christus droben gerichtet ist. Es war von allergrößter Wichtigkeit, es fest und klar zu haben, dass die Welt und der Christ keine gemeinsame Grundlage haben, und dass Christus selbst, nach dessen Gnade und zu dessen Ehre in Gemeinschaft mit dem Vater wir hier sind, das Vorbild unserer Weltfremdheit ist. Welche so absolute oder von der Beziehung zum Vater abhängige Abgeschiedenheit ist so nahe, als nur die, die in höchster Weise ihr Vorbild ist? Denn die Welt in dem hier vermittelten Sinn ist jenes riesige System, das der Mensch in Unabhängigkeit und Selbstvertrauen von Gott weg aufgebaut hat, und zwar unter Ausschluss nicht seiner äußerlichen Ehre, sondern jeder wirklichen Unterwerfung unter seine Gerechtigkeit, seinen Willen, sein Wort oder seine Herrlichkeit. Das ist in der Verwerfung und dem Kreuz seines Sohnes völlig zum Ausdruck gekommen, der daraufhin die, die der Vater in der Welt als die Seinen anerkennt und deren Gemeinschaft tatsächlich mit dem Vater und seinem Sohn Jesus Christus ist, als völlig verschieden in Ursprung, Wesen, Charakter und Ziel offenbart. Sie sind nicht von der Welt, wie Er es nicht ist. Sie gehören Christus an. Jetzt kommt die formende Kraft, so ganz neu wie über der Mensch droben, und nicht allein von Gott, sondern vom Vater.
28 Das Verb ἐμίσησεν ist so zu erklären, dass es weder das Futur im Sinn von Kuinöl noch das Präsens im Sinn von Bloomfield bedeutet. Es ist das nachdrücklichste Präteritum, das möglich ist, denn es fasst das Ganze in seinem Schluss zusammen, obwohl es zweifellos damals die Tatsache war und im Begriff war, sich im Lauf der Zeit noch mehr und mehr zu offenbaren.↩︎