Behandelter Abschnitt Joh 15,18-21
Wenn die Welt euch hasst, so wisst, dass sie mich vor euch gehasst hat. Wenn ihr von der Welt wäret, würde die Welt das Ihre liebhaben; weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern ich euch aus der Welt auserwählt habe, darum hasst euch die Welt. Erinnert euch an das Wort, das ich euch gesagt habe: Ein Knecht ist nicht größer als sein Herr. Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen; wenn sie mein Wort gehalten haben, werden sie auch das eure halten. Aber dies alles werden sie euch tun um meines Namens willen, weil sie den nicht kennen, der mich gesandt hat (15,18–21).
Christus anzugehören, ist genug, um den Hass der Welt zu erregen. Es mögen Umstände nötig sein, die ihn hervorrufen, aber er ist da. Die Welt hasst diejenigen, die, weil sie sein sind und nicht mehr von der Welt sind. Aber der Herr möchte, dass wir wissen, dass sie uns nicht mehr hasst, als sie Ihn selbst vor uns gehasst hat. Ist es nicht lieblich und tröstlich für uns, dass es so ist, wie furchtbar es auch sein mag, eine solche Überzeugung im Bilck auf die Welt zu haben? Denn sie hasst uns um seinetwillen, nicht Ihn um unseretwillen. Es sind also nicht unsere Fehler, die die wahre Ursache sind, sondern seine Gnade und moralische Vortrefflichkeit, seine göttliche Natur und Herrlichkeit; es ist die Abneigung und Feindschaft der Welt gegen das, was von Gott ist, und gegen Ihn, der Gott ist. Die Welt hasst den Vater, der sich im Sohn zeigt; daher hasst sie die Kinder, die dem Vater gehörten und dann dem Sohn gegeben wurden. Christus wurde zuerst gehasst, dann sie, und zwar um seinetwillen.
Nicht, dass die Welt nicht auf ihre Weise die liebt, die von ihr sind, in krassestem Gegensatz zu der Gnade, die sich den Fremden und Elenden und Verlorenen zuwendet, zu denen, die uns Unrecht getan haben und trotzig behandeln. Aber die Gnade ist überaus anstößig für die Welt, die die Natur in ihrem gefallenen Zustand lieben kann. Sogar die Gerechtigkeit mit ihrer notwendigen Verurteilung des Sünders ist nicht so abstoßend wie die Gnade, die sich über die Sünden, die sie verurteilt, erheben kann im Mitleid mit dem Sünder, um ihn durch und in Christus zu retten; und das, weil sie den Menschen wie ein Nichts behandelt und Gott die ganze Ehre gibt: Das ist eine Demütigung, die für das Fleisch unerträglich ist, dessen Geist Feindschaft gegen Gott ist. Daher der Hass und die Verwerfung der Welt gegen Christus, der Gott vollkommen offenbart und Ihn in seinem ganzen Wesen und seinen Wegen vollkommen verherrlicht hatte. Daher auch der Hass der Welt gegen uns, die wir uns zu Christus bekennen, nicht nur, weil wir nicht von der Welt sind, sondern weil wir von Christus aus ihr auserwählt sind, was ihre völlige Wertlosigkeit und Verdammung deutlich macht. Die göttliche Liebe ist für sie so abscheulich wie das göttliche Licht.
Der Herr ruft ihnen dann sein Wort in Erinnerung, dass ein Knecht nicht größer ist als sein Herr. Sie müssen vielmehr mit seiner Stellung rechnen, der von den Menschen verachtet und verworfen wurde. Sie selbst und ihre Lehre würden um seinetwillen ebenso gehasst werden. „Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen; wenn sie mein Wort gehalten haben, werden sie auch das eure halten“ (V. 20). Seine Person und sein Wort brachten Gott zu nahe zu ihnen, die sich zurückzogen, unwillig, entweder ihre Sünden einzugestehen oder nur der Gnade zur Vergebung und Befreiung verpflichtet zu sein. Aber diese Abneigung nimmt eine stärkere Form an, wo die Religion geschätzt wird und die Menschen ihren Charakter zu verlieren haben; und da diese Dinge in höchstem Maß unter den Juden wahr waren, brachen sie bis zum letzten Grad in Hass aus, der beanspruchte, als eine Pflicht gegenüber Gott zuerst den Meister und dann die Jünger zu verfolgen. Und hier hat der Herr sie gnädig vorgewarnt, damit sie nicht unversehens in Bedrängnis geraten.
Aber Er tut noch mehr, Er gibt den Seinen den Trost, in solchen Stunden zu wissen, dass es bitteres Leid sein könnte, wie auch im Voraus, dass all die Verachtung und das Leiden, das sie von der Welt ertragen mussten, um seinetwillen war, weil die Welt den, der Ihn gesandt hat, nicht kannte, sie kannte den Vater nicht. Wie wahr ist das! Unmöglich, dass eine bekennende Religion jemand verfolgen könnte, wenn sie den, der Christus gesandt hat, wirklich kennen würde.
Es könnte Zucht nach seinem Wort sein; und es muss sie geben bei denen, die den Namen des Herrn bekennen: Sonst würde die Gnade, die sie kennt, dazu neigen, sie unter das Niveau der Welt zu senken, wenn es nicht wachsame, beständige und heilige Zucht gäbe. Aber die Zucht ist niemals heilig, sondern weltlich, wenn sie die Form der Verfolgung annimmt. Was soll man also denken, wenn das, was sich den erhabensten Namen anmaßt, den zivilen Arm anruft, um die Bestrafung des Leibes der Menschen für das angebliche Wohl ihrer Seelen zu erzwingen? Was, wenn es Mittel suchte und fand, um kirchliche Tribunale mit Qualen bis zum bitteren Ende in entsprechender Geheimhaltung mit einer unerbittlichen Grausamkeit einzuweihen, die selbst in dieser dunklen Welt nie ein Gegenstück hatte? Wahrlich, es war derselbe Geist des weltlichen Hasses, der zuerst die Juden gegen den Herrn und seine Jünger beseelte und später in der Weltkirche wirkte, als sie ihr heidnisches gegen ihr päpstliches Gewand austauschte und die Taufe leichter angenommen wurde als die Beschneidung. „Aber dies alles werden sie euch tun um meines Namens willen, weil sie den nicht kennen, der mich gesandt hat“ (V. 21).
Nein, Formen nützen nichts! Gott will Wirklichkeit haben, und nie deutlicher und strenger als seit Christus und seinem Kreuz, das die Eitelkeit des religiösen Menschen und eines weltlichen Heiligtums bewies. Das Christentum entstand und offenbarte sich, als bewiesen wurde, dass der Mensch in seinem besten Zustand nicht nur vor Gott wertlos war, sondern dass er Gott um keinen Preis haben wollte, nicht einmal in der Person und der Sendung seines eigenen Sohnes, der in Gnaden gekommen war. „Gerechter Vater! – Und die Welt hat dich nicht erkannt“ (17,25). Und doch gibt es kein ewiges Leben für den Menschen, außer in der Erkenntnis des einzig wahren Gottes, des Vaters, und Jesu Christi, den Er gesandt hat. Die Welt ist verloren, und nirgends ist es offensichtlicher und schuldiger, als wenn sie in religiösem Stolz Christus und die Seinen hasst.
Die Anwesenheit und das Zeugnis des Sohnes Gottes hatte die schwerstmöglichen Folgen. Es war nicht nur ein unendlicher Segen an sich und zur Ehre Gottes, sondern es ließ die Menschen, und besonders Israel, verwerflich zurück. Das Gesetz hatte die Schwäche und Sünde des Menschen bewiesen, da es alle unter den Fluch stellte, die sich auf das Rechtsprinzip beriefen. Es gab keinen Gerechten, keinen, der Gott suchte, keinen, der Gutes tat, nein, nicht einen. Die Heiden waren offenkundig böse, die Juden bewiesen es durch das unanfechtbare Urteil des Gesetzes. So war jeder Mund verstopft, und die ganze Welt dem Gericht Gottes verfallen. Aber die Gegenwart Christi brachte nicht nur die Nichterfüllung der Pflicht wie unter dem Gesetz zum Vorschein, sondern den Hass der göttlichen Güte, die in vollkommener Gnade auf den Menschen herabkam. Gott war in Christus, wie der Apostel sagt, und versöhnte die Welt mit sich selbst und rechnete ihnen ihre Übertretungen nicht zu. Wie gewaltig ist die Veränderung! Wie würdig ist Gott, wenn Er sich in seinem Sohn offenbart, als Mensch unter Menschen! Aber sie konnten seine Worte und seine Werke nicht ertragen, und das immer mehr, bis das Kreuz zeigte, dass es eine absolute Ablehnung der grenzenlosen Liebe Gottes war. Es ist hier nicht der Ort und die Zeit, beim Apostel Paulus zu zeigen, wie sich die göttliche Liebe in einem völligen Sieg über die Bosheit und den Hass der Menschen erhob, wie es im Dienst der Versöhnung bezeugt wird, der sich auf das Kreuz gründet (2Kor 5,19). Hier bekräftigt der Herr die ernste Stellung und den Zustand der Welt im Gegensatz zu den Jüngern, nachdem Er sie auf die Verfolgung vorbereitet hat: Es war ihr Hass auf die Jünger und auf Ihn und ihre Unkenntnis dessen, der ihren Meister gesandt hat.