Behandelter Abschnitt Joh 15,18-19
Die Welt
Joh 15,18.19: Wenn die Welt euch hasst, so wisset, dass sie mich vor euch gehasst hat. Wenn ihr von der Welt wäret, würde die Welt das Ihrige lieben; weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern ich euch aus der Welt auserwählt habe, darum hasst euch die Welt.
In einer sehr kostbaren Weise hat uns der Herr die neue christliche Gesellschaft vorgestellt, nicht in ihrer Bildung oder Verwaltung, denn dazu war die Zeit noch nicht gekommen, sondern in ihren sittlichen Kennzeichen und ihren geistlichen Vorrechten. Sie wird als eine Genossenschaft betrachtet, die von der Liebe Christi beherrscht wird, die in seiner Liebe bleibt und die durch Liebe untereinander zusammengehalten wird. In den Worten, die folgen (Joh 15,18.19), verlässt der Herr in Gedanken den christlichen Kreis der Liebe und spricht von dem weltlichen Kreis des Hasses, indem Er auf diese Weise seinen Jüngern warnend den wahren Charakter der Welt zeigt, von der sie umgeben sind und auf deren Verfolgung Er sie vorbereitet.
Wenn wir mit Christus die Liebe, Freude und heilige Vertrautheit innerhalb des Kreises teilen, so ist es auch nötig, zubereitet zu werden, mit Christus teilzuhaben an dem Hass und der Verwerfung seitens der Welt. Wir finden hier keine Andeutung, dass die Jünger versuchen sollten, das Beste aus diesen zwei Welten zu machen, wie man zu sagen pflegt. Christus oder die Welt muss es heißen, nicht etwa Christus und die Welt. Eine Gesellschaft, die auf irgendeine Art die Gnaden Christi darstellt, wird von der Welt als eins mit Ihm anerkannt, und der Hass, den sie Christus gegenüber zum Ausdruck brachte, wird auch seinem Volk entgegengebracht werden. Der Ihm entgegengebrachte Hass und die Ihm widerfahrene Verfolgung wird auch ihr Teil sein.
Die Welt ist ein weitreichendes System, das jede Rasse und Klasse und jede falsche Religion umfasst, und sie alle haben eins gemeinsam: den Hasse gegen Gott. Die Welt, die die Jünger umgab, war die Welt des verdorbenen Judentums. Heute ist die Welt, mit der die Gläubigen hauptsächlich in Berührung kommen, die Welt des verdorbenen Christentums. Ihre äußere Form mag sich von Jahrhundert zu Jahrhundert ändern, im Innern ist sie stets durch Abneigung gegen Gott und Hass gegen Christus gekennzeichnet. Weshalb sollten diese einfachen Menschen von der Welt gehasst werden? Waren sie nicht hauptsächlich eine Gesellschaft von Armen, die einander liebten, die auf ehrbare Weise lebten und den Gewalten unterworfen waren, ohne sich mit ihrer Politik abzugeben? Gingen sie nicht aus, eine gute Botschaft zu verkünden und gute Werke zu tun? Warum sollten solche gehasst werden?
Der Herr gibt dafür zwei Gründe an. Erstens waren sei eine Gesellschaft von Menschen, die Christus aus der Welt erwählt hatte, und zweitens bekannten sie den Namen Christi vor der Welt (Joh 15,21). Der erste Grund würde in besonderer Weise den Hass der religiösen Welt hervorrufen und der zweite den Hass der Welt im Allgemeinen. Zu allen Zeiten hat nichts den Hass des religiösen Menschen so erregt als die über alles erhabene Gnade, die die religiösen Anstrengungen der Menschen übersteigt und die Ausgestoßenen und Verdorbenen aufnimmt und segnet. Der einfache Hinweis auf die Gnade, die in früheren Tagen eine heidnische Witwe segnete und einen heidnischen Aussätzigen heilte, erregte Zorn und Hass der religiösen Führer von Nazareth gegen Christus. Die über alles erhabene Gnade, die den jüngeren Sohn wieder aufnahm, erzürnte den älteren.