Behandelter Abschnitt Joh 7,14-18
Als es aber schon um die Mitte des Festes war, ging Jesus hinauf in den Tempel und lehrte. Da verwunderten sich die Juden und sagten: Wie besitzt dieser Gelehrsamkeit, da er doch nicht gelernt hat? Da antwortete ihnen Jesus und sprach: Meine Lehre ist nicht mein, sondern dessen, der mich gesandt hat. Wenn jemand seinen Willen tun will, so wird er von der Lehre wissen, ob sie aus Gott ist oder ob ich von mir selbst aus rede. Wer von sich selbst aus redet, sucht seine eigene Ehre; wer aber die Ehre dessen sucht, der ihn gesandt hat, dieser ist wahrhaftig, und Ungerechtigkeit ist nicht in ihm (7,14‒18).
Es gab keine Geheimhaltung mehr: Jesus lehrte im Tempel. Das war sein augenblickliches Werk. Bald würde Er zur Sühnung leiden. Jetzt war es an der Zeit, die Wahrheit zu verkünden, zum Erstaunen derer, die im Bereich von Gesetz und Verordnung lebten, die nur fragen konnten, wie Er etwas wissen konnte, da Er doch nicht gelernt hatte. Sie kannten Ihn nicht, sie erhoben sich nicht über die menschlichen Quellen. Jesus war schnell und vorsichtig, um seinen Vater zu rechtfertigen. Was vom Menschen gelernt wird, darauf ist der Mensch stolz. Seine Lehre würde Er nicht als seine eigene im Sinn von Unabhängigkeit gelten lassen, ebenso wenig wie die Ableitung aus menschlicher Lehre, die für sie nicht in Frage kam. Die Lehre war nicht von Menschen, sondern von dem, der Ihn gesandt hat. War dies ein hoher Anspruch und leichtfertig gemacht? Jeder, der nur ein Auge hat, würde seine Realität bald erkennen. Der Glaube allein gibt einen einfältigen Blick. Andere spekulieren und irren sich. Gott führt und lehrt den, der seinen Willen tun will, da Christus die deutliche Zusicherung gibt, dass er bezüglich der Lehre wissen wird, ob sie aus Gott ist oder ob Er aus sich selbst spricht. Wie tröstlich und zugleich sicher bestätigt! Der Sohn hat den Vater kundgemacht; und Gott ist in dieser wie in jeder anderen Weise treu. Er, der jedes Haar auf unserem Haupt zählt und ohne den kein Sperling auf die Erde fällt, sorgt für seine Kinder.
Jeder, der in der Wahrheit ist, hört auf die Stimme Christi. Alle anderen sind nicht in der Wahrheit, was sie auch vorgeben mögen, sonst wüssten sie, dass seine Lehre aus Gott ist. Wo wir nicht wissen, müssen wir uns selbst verdächtigen und nicht Gott die Schuld geben; wenn wir wirklich den Willen Gottes wollten, würden wir ihn bald erfahren. Gewiss sprach Er nicht aus sich selbst. Und doch wäre Er von allen Menschen am meisten berechtigt gewesen. Aber wenn Er der wahre Gott ist, ist Er auch der wahre Mensch, der kam, um seinen Vater zu verherrlichen, nicht sich selbst. Er diente keinen eigenen Zwecken. Als Herr von allen wurde Er zum Diener aller – vor allem war Er Gottes Diener. Das Ich ist das, was das Geschlecht blind macht, sogar die Gläubigen, soweit es ihm erlaubt wird, zu handeln. Wer von sich selbst redet, sucht seine eigene Ehre; aber Jesus tat das nie – Er diente immer zur Ehre dessen, der Ihn gesandt hat. Es gibt, es kann keine eindeutige Garantie für die Wahrheit geben, wo nicht Gottes Ehre gesucht und sichergestellt wird. Christus war darin vollkommen; und so erklärt Er hier, dass Er wahrhaftig ist und keine Ungerechtigkeit in Ihm ist. Wie das Ich das ist, was die Wahrheit behindert, so ist es weder Gott noch den Menschen gegenüber gerecht. Jesus ist sowohl wahr als auch gerecht.
Wenn Menschen sich darüber hinaus rühmen, sind sie sicher im Unrecht, nicht nur in anderen Dingen, sondern am meisten dort, wo sie am hochmütigsten sind. Rühmten sich die Juden mit dem Gesetz Moses? Wie eitel, sich des Gesetzes zu rühmen, das keiner von ihnen hielt! Und doch war es so, wie der Herr es hier auf ihr Gewissen legte. Sie argumentierten, doch wie war ihr Wandel?