Behandelter Abschnitt Joh 2,13-17
Und das Passah der Juden war nahe, und Jesus ging hinauf nach Jerusalem. Und er fand im Tempel die Rinder- und Schafe- und Taubenverkäufer und die Wechsler dasitzen. Und er machte eine Geißel aus Stricken und trieb sie alle zum Tempel hinaus, sowohl die Schafe als auch die Rinder; und das Geld der Wechsler schüttete er aus, und die Tische warf er um; und zu den Taubenverkäufern sprach er: Nehmt dies weg von hier, macht nicht das Haus meines Vaters zu einem Kaufhaus! Seine Jünger aber erinnerten sich daran, dass geschrieben steht: „Der Eifer um dein Haus wird mich verzehren“ (2,13‒17).
Diese Tempelreinigung unterscheidet sich nicht nur von derjenigen, die die synoptischen Evangelien von seinem letzten Besuch in Jerusalem berichten, sondern es ist aufschlussreich zu bemerken, dass, während sie nur die letzte berichten, Johannes nur die erste berichtet. Es ist ein auffallendes Zeugnis einer bedeutenden Tatsache, wie wir schon in seiner Einleitung lehrhaft gesehen haben, dass er dort beginnt, wo sie enden, und zwar nicht auf eine kaum wörtliche Weise, sondern in der ganzen Tiefe dessen, was Jesus ist, sagt und tut. Der Zustand des Tempels, die Selbstsucht, die dort herrschte, die Gleichgültigkeit gegenüber der wahren Ehrfurcht und Ehre und Heiligkeit Gottes, während man mit äußerster Pünktlichkeit eine rituelle Show ihrer eigenen Erfindung veranstaltete, waren bezeichnend für den verdorbenen Zustand eines Volkes, das durch Gottes Gunst zu den höchsten irdischen Vorrechten berufen war.
Salomo hatte am Anfang mit einem Eifer gehandelt, der den unwürdigen Hohepriester seiner Zeit vertrieb. Als das Königreich geteilt wurde, hatten Hiskia und Josia, beide Söhne Davids, jeweils versucht, die Herrlichkeit des Herrn zu rechtfertigen. Nehemia – leider unter dem Schutz der Heiden – hatte nicht gefehlt, als der zurückgekehrte Überrest so schnell offenbarte, dass die Gefangenschaft auf der einen Seite und Gottes Barmherzigkeit auf der anderen Seite versagt hatten, sie zur Umkehr zu führen. Jetzt gibt der Sohn ein Zeichen, das für das stolze, religiöse Jerusalem ebenso ernst ist, wie das Wunder des in Wein verwandelten Wassers für das verachtete Galiläa voll leuchtender Hoffnung war.
Er handelt zwar als der Herr mit göttlichen Rechten und doch zugleich als der demütige Gesandte und Knecht. Dennoch hält Er das Zeugnis der Herrlichkeit seiner Person nicht zurück, gerade in der Aufforderung, das Haus seines Vaters nicht zu einem Kaufhaus zu machen. Er war der Sohn Gottes, als solcher verkündet, so wie Nathanael Ihn bereits erkannt hatte, und zwar nicht nur aus moralischen Gründen, wie es jedem gottesfürchtigen Israeliten einleuchten mag, sondern offen als der, der sich mit den Interessen seines Vaters einsmachte; und dies war sein Haus. So sprach auch der Geist der Prophetie von dem verworfenen Messias, wie sich die Jünger später erinnerten.