Behandelter Abschnitt 4Mo 14
„Da erhob die ganze Gemeinde ihre Stimme und schrie, und das Volk weinte in jener Nacht“ (V. 1). Aber es waren Tränen des Unglaubens, nicht des Kummers. „Und alle Kinder Israel murrten gegen Mose und gegen Aaron, und die ganze Gemeinde sprach zu ihnen: Wären wir doch im Land Ägypten gestorben, oder wären wir doch in dieser Wüste gestorben!“ (V. 2). Sie waren genauso ungläubig im Blick auf die Herrlichkeit, die vor ihnen lag, das Land Kanaan als Vorbild dafür, wie sie es über Ägypten waren, das sie verlassen hatten, und über die Wüste, durch die sie zogen.
Die Folge war das Gericht; und kein Wunder. „Und sie sprachen einer zum anderen: Lasst uns ein Haupt über uns setzen und nach Ägypten zurückkehren!“ (V. 4). Das ist die sichere Folge. Das Herz, das sich weigert, mit Gott weiterzuziehen und kehrt in seinen Begierden nach Ägypten zurück. „Da fielen Mose und Aaron auf ihr Angesicht vor der ganzen Versammlung der Gemeinde der Kinder Israel. Und Josua, der Sohn Nuns, und Kaleb“ (V. 5.6a), die beiden, die den guten Bericht gebracht hatten, „zerrissen ihre Kleider, und sie sprachen zu der ganzen Gemeinde der Kinder Israel und sagten: Das Land, das wir durchzogen haben, um es auszukundschaften, das Land ist sehr, sehr gut“ (V. 6b.7). Lasst uns das nicht vergessen. Wir sind es unserem Gott schuldig, einen guten Bericht über das Land zu geben, das vor uns liegt. „Wenn der Herr Gefallen an uns hat, so wird er uns in dieses Land bringen und es uns geben, ein Land, das von Milch und Honig fließt. Nur empört euch nicht gegen den Herrn; und fürchtet ja nicht das Volk des Landes, denn unser Brot werden sie sein. Ihr Schirm ist von ihnen gewichen, und der Herr ist mit uns; fürchtet sie nicht! Und die ganze Gemeinde sagte, dass man sie steinigen solle. Da erschien die Herrlichkeit des Herrn am Zelt der Zusammenkunft allen Kindern Israel“ (V. 8‒10). Das war Israel – Israel in der Wüste – Israel vor dem guten Land und vor dem Ernst, der ihnen vor Augen gestellt worden war.
Die Herrlichkeit des Herrn erscheint dementsprechend, und dann spricht Er zu Mose: „Wie lange will mich dieses Volk verachten, und wie lange wollen sie mir nicht glauben bei all den Zeichen, die ich in ihrer Mitte getan habe? Ich will es mit der Pest schlagen und es vertilgen; und ich will dich zu einer Nation machen, größer und stärker als sie“ (V. 11.12). Was ist nun die Wirkung? Wie antwortet Mose auf dieses Angebot? Gott war bereit, neu zu beginnen, ja, einen Neuanfang zu machen. Wie bei Abraham, so würde Er auch Mose als einen frischen Stamm nehmen, aus dem Er Neues hervorbringen konnte. Er war bereit, ihm einen solchen Namen zu geben, auf den Mose sonst nicht hoffen konnte. Das Herz Moses entsprach dem Herzen Gottes. Er wollte nichts davon hören. Das Angebot sollte die Liebe zum Vorschein bringen, die dem entspricht, was Gott für sein Volk aufbrachte. An das, was Er für Mose tun könnte, wollte Er jetzt nicht denken. Und Mose sagte zu dem Herrn: „So werden die Ägypter es hören“ (V. 13). Wie gesegnet, einen Mann zu hören, der für den Namen des Herrn und seine Herrlichkeit empfindet! – „... denn durch deine Macht hast du dieses Volk aus ihrer Mitte heraufgeführt; und man wird es den Bewohnern dieses Landes sagen, die gehört haben, dass du, Herr, in der Mitte dieses Volkes bist, dass du, Herr, Auge in Auge dich sehen lässt und dass deine Wolke über ihnen steht und du in einer Wolkensäule vor ihnen hergehst bei Tag und in einer Feuersäule bei Nacht. Und tötest du dieses Volk wie einen Mann, so werden die Nationen, die deinen Ruf gehört haben, sprechen und sagen: Weil der Herr nicht vermochte, dieses Volk in das Land zu bringen, das er ihnen zugeschworen hatte, so hat er sie in der Wüste hingeschlachtet. Und nun möge doch die Macht des Herrn sich groß erweisen, so wie du geredet hast“ (V. 13–17).
Mose konnte es also nicht ertragen, dass der Charakter des Herrn in Frage gestellt wurde, und so erinnert er Ihn gleichsam an sein eigenes Wort, indem er sagt: „Der Herr ist langsam zum Zorn und groß an Güte, der Ungerechtigkeit und Übertretung vergibt – aber keineswegs hält er für schuldlos den Schuldigen –, der die Ungerechtigkeit der Väter heimsucht an den Kindern an der dritten und an der vierten Generation. Vergib doch die Ungerechtigkeit dieses Volkes nach der Größe deiner Güte und so, wie du diesem Volk verziehen hast von Ägypten an bis hierher!“ (V. 18.19). Er hält am Wort Gottes und an seinen Wegen fest – an der Liebe, die Er so oft bewiesen hatte, auch gegenüber dem ungläubigen Volk, das Er von Anfang an so gut kannte. Wenn Er sie schon früher ertragen hatte, würde Er sich sicher auch jetzt nicht von ihnen abwenden. „Und der Herr sprach: Ich habe vergeben nach deinem Wort. Jedoch, so wahr ich lebe, soll die ganze Erde von der Herrlichkeit des Herrn erfüllt werden“ (V. 20.21).
Beachte, wie der Herr zur gleichen Zeit, in der Er das Gericht ausspricht, nach demselben Wort handelt, an das Mose ihn in seinem Glauben erinnert hatte. Wenn sein Glaube nicht auf Abraham, Isaak und Jakob und ihre absoluten und unbedingten Verheißungen zurückging, so ging er auf das Regierungsversprechen des Herrn zurück, und an dieses hält sich der Herr. Folglich wurde diese Generation gemäß den Bedingungen seiner eigenen Ankündigung behandelt und gereinigt. Er würde sicherlich an seiner Barmherzigkeit festhalten, aber Er würde keineswegs die Schuldigen freisprechen. Begnadigung gab es, sonst wäre Israel nicht in das Land gekommen, aber Er würde keineswegs den Schuldigen für schuldlos halten; und so wurde diese Generation gerichtet. So hielt Gott seinen Charakter aufrecht, und seine Hand machte das gut, was sein Mund gesagt hatte. An einem anderen Tag würde ein größeres Böses es erfordern, nicht auf das zurückzugreifen, was Gott in der Wüste gesagt hatte, sondern auf das, was Er den Vätern verheißen hatte. Bei den Propheten finden wir immer wieder, dass es ein Zurückgehen im Glauben gibt, nicht auf das, was in der Wüste vorläufig verkündet wurde, sondern auf das, was am Anfang (d. h. den Vätern) verheißen war. So wird das Ende die Vollendung des Anfangs sein. Das Gesetz kommt ganz nebenbei; und die Regierungshandlungen, die es begleiteten, die damals und für alle Zeiten moralisch und vorbildhaft lehrreich waren, haben in sich selbst ihren vorläufigen Charakter.
Es gibt hier noch etwas anderes anzumerken. In diesem üblen Zustand der Dinge hatte Israel seine Kinder, oder vielmehr Gott über sie, verspottet, als ob sie dem unvermeidlichen Tod ausgesetzt waren. Der Unglaube hatte sich so an die Kleinen geheftet, als ob es vergeblich wäre zu erwarten, dass solche wie sie die Wüste sicher durchqueren und das Land angesichts des Feindes betreten könnten. Gerade das Volk, das solch einem ungläubigen Zweifel an der Fürsorge des Herrn nachgab, erntete selbst die Folgen; während die Kinder, die ‒ wie sie dachten – unmöglich durch die Schrecken der Wüste bewahrt werden konnten, die einzigen waren, die mit den beiden Männern, die Gott rechtfertigten und an seinem Wort festhielten, Kaleb und Josua, hineingebracht wurden. Leider starben, wie wir wissen, auch Mose und Aaron. Es entstand das, was in ihrem Fall als Erziehung des Herrn ihre Wegnahme erforderte. Kaleb und Josua, die Gott für ein gutes Land und für eine Hand, die mächtig genug ist, die Schwächsten hineinzubringen, Glauben schenkten, zogen zu gegebener Zeit in Kanaan ein; und so taten es auch die Kleinen, die, wenn man ihren Vätern Glauben schenkte, sicher auf dem Weg umkommen mussten. Aber Gott allein ist des Vertrauens würdig; und wir sehen, wie vollkommen Er in seinen Wegen ist, und wie sicher und gut das Ende ist. Aber wir sehen auch, wie gefährlich es ist, die Klagen und das Murren des Unglaubens zuzulassen, so dass der Herr nicht hört und mit uns nach unserer Torheit verfährt.
Wenn der letzte Teil des Kapitels uns ein Beispiel von Mut vor Augen stellt, so war er nur aus dem Fleisch heraus und erhielt eine Zurechtweisung vom Herrn. Das Volk, das bisher so unwillig war zu gehen, ist jetzt zu dazu bereit; aber sie gingen ohne den Herrn, und die Amalekiter und Kanaaniter wandten sich gegen sie und fügten ihnen eine schwere Niederlage zu. Sie wurden sogar bis nach Horma geschlagen (V. 40–45).