Dann, in Vers 24, beginnt die Prophezeiung. Sie hat mit Daniels Volk zu tun – „über dein Volk“. Sie spricht von einer besonderen Zeit, die im Zusammenhang mit Israels vollständiger Befreiung festgelegt wurde.
70 Wochen sind über dein Volk und über deine heilige Stadt bestimmt, um die Übertretung zum Abschluss zu bringen und den Sünden ein Ende zu machen und die Ungerechtigkeit zu sühnen und eine ewige Gerechtigkeit einzuführen und Gesicht und Propheten zu versiegeln und ein Allerheiligstes zu salben (9,24).
Jeder muss sehen, dass die Juden und Jerusalem gemeint sind. Es geht darum, dass es von Anfang bis Ende diese Periode gab, die in den Gedanken Gottes vorgezeichnet war und Daniel offenbart wurde und die das zukünftige Schicksal der Stadt und des Volkes Gottes hier auf der Erde betraf.
Manche sind erschrocken und fragen: Haben wir denn nichts mit der Sühnung der Ungerechtigkeit zu tun und mit einer „ewigen Gerechtigkeit“? Ich frage: Von wem spricht der Vers? Man wird andere Schriftstellen finden, die unser Interesse an der Vergebung der Sünden und der Gerechtigkeit, die wir in Christus geworden sind, deutlich machen. Doch wir müssen uns beim Lesen des Wortes Gottes an diese goldene Regel halten – niemals die Schrift zu erzwingen, um sie auf uns oder andere anzuwenden. Wenn ein Mensch bekehrt ist, aber noch keinen Frieden hat, wenn er etwas darüber hört, „den Sünden ein Ende zu machen“, wendet er das sofort auf sich an. Er empfindet seine Not und greift wie ein Ertrinkender nach dem, was sein Gewicht nicht tragen kann, oder zumindest nicht über ihn gesagt wird. Wenn er sich auf die Erklärungen der Gnade Gottes für uns arme Sünder aus den Heiden konzentrieren würde, wäre das statt Verlust ein großer Gewinn für ihn; er hätte eine viel eindeutigere Schrift, um sein Bedürfnis zu befriedigen, und wenn er von Satan angegriffen würde, würde er weder Schwäche noch Angst noch Ungewissheit empfinden. Würde er dagegen Stellen nehmen, die sich auf die Juden beziehen, könnte der Satan ihn am Grund seiner Zuversicht antasten, und er wäre gezwungen zu sagen: Das ist überhaupt nicht buchstäblich und sicher für mich. Die „70 Wochen sind bestimmt über dein Volk und deine heilige Stadt.“ (V. 24). Aber ich gehöre nicht dazu. Es ist wichtig, die Heilige Schrift zu verstehen und zu erkennen, wovon Gott spricht.
Hätte man das beachtet, hätte der größte Teil der Kontroverse, die über diese Stelle entstanden ist, nie stattfinden können. Die Leute waren eilig und bestrebt, etwas über sich selbst als Heiden oder Christen einzuführen; während die Haltung des Propheten, die Umstände des Volkes und die Worte der Prophezeiung selbst jeden Gedanken ausschließen, außer dem, was die Juden und ihre Stadt betrifft. Wir müssen an anderer Stelle suchen, um das zu finden, was sich auf die Nichtjuden bezieht. Erlaube mir jedoch die Bemerkung, dass das Ende der Sünden für diese Stadt und dieses Volk auf genau demselben Fundament ruht wie das unsere. So sagt uns der Apostel Johannes, dass Jesus nicht für die Nation allein sterben sollte, sondern auch „damit er auch die zerstreuten Kinder Gottes in eins versammelte“ (Joh 11,52). Dort finde ich zwei verschiedene Ziele im Tod Christi. Diese Prophezeiung nimmt nur den ersten auf. Er starb für diese Nation – die jüdische Nation. Aber er sorgte in demselben Tod nicht nur für die Erlösung, die Gott für die Sünder gebracht hat, sondern auch für die Sammlung der zerstreuten Kinder Gottes.
Wenn wir also die Bibel so nehmen, wie sie ist, ohne zu ängstlich darauf bedacht zu sein, uns hier oder dort wiederzufinden, anstatt zu verlieren, werden wir immer Gewinner sein, in Umfang, Tiefe und vor allem in einem klaren, festen Griff nach dem Segen; und wir werden nicht das Gefühl haben, dass wir das Eigentum anderer Leute genommen haben und Güter auf einem anfechtbaren Grundbesitz beanspruchen, sondern dass das, was wir haben, das ist, was Gott uns frei und gewiss gegeben hat. Das wird niemals der Fall sein, wenn ich Prophezeiungen über Israel aufgreife und meinen Anspruch auf Segen auf sie gründe; denn sie sind weder das Evangelium für den Sünder noch die Offenbarung der Wahrheit über die Versammlung.
Das ist also die richtige Bedeutung der Schlussverse des Kapitels, das wir vor uns haben. Die Einzelheiten der Wochen folgen auf die erste allgemeine Aussage: „70 Wochen sind über dein Volk und über deine heilige Stadt bestimmt, um die Übertretung zum Abschluss zu bringen und den Sünden ein Ende zu machen und die Ungerechtigkeit zu sühnen und eine ewige Gerechtigkeit einzuführen und Gesicht und Propheten zu versiegeln und ein Allerheiligstes zu salben“ (9,24).