Dies ist es, glaube ich, was die Heilige Schrift über diese Angelegenheit festlegt. Es wird, bevor das Zeitalter zu Ende geht, die bemerkenswerteste Vereinigung von zwei scheinbar widersprüchlichen Zuständen geben – ein universelles Haupt des Reiches und daneben getrennte unabhängige Königreiche, von denen jedes seinen eigenen König haben wird; aber dieser eine Mann wird der Herrscher über all diese Könige sein. Bis diese Zeit kommt, wird jeder Versuch, die verschiedenen Königreiche unter einem Haupt zu vereinen, ein völliger Fehlschlag sein. Selbst dann werden sie nicht zu einem einzigen Königreich verschmelzen, sondern jedes unabhängige Königreich wird seinen eigenen König haben, obwohl sie alle einem Haupt unterstehen. Gott hat gesagt, dass sie geteilt werden sollen. Das ist es also, was uns gezeigt wird: „aber sie werden nicht aneinander haften: so wie sich Eisen nicht mit Ton vermischt“ (V. 43b). Und wenn es jemals einen Teil der Welt gab, der dieses unzusammenhängende System von Königreichen repräsentiert hat, dann ist es das moderne Europa. Solange das Eisen vorherrschte, gab es ein einziges Reich; aber dann kam der Ton, oder fremdes Material, hinzu. Aufgrund des Eisens wird es eine universelle Monarchie geben, während aufgrund des Tons getrennte Königreiche entstehen werden.
Und in den Tagen dieser Könige wird der Gott des Himmels ein Königreich aufrichten, das in Ewigkeit nicht zerstört und dessen Herrschaft keinem anderen Volk überlassen werden wird; es wird alle jene Königreiche zermalmen und vernichten, selbst aber in Ewigkeit bestehen (2,44).
Achten wir auf diese Worte: „in den Tagen dieser Könige“. Sie sind eine vollständige Antwort auf die, die versucht haben, dies zur Geburt Christi zu machen und zur Einführung dessen, was sie das Reich der Gnade nennen. Zu der Zeit, von der hier die Rede ist, ist das Reich zerbrochen und geteilt. War das der Fall, als der Herr geboren wurde? Könnte man dann sagen „in den Tagen dieser Könige“? Nichts dergleichen. Rom war damals in seiner vollsten Macht; es war nicht der kleinste Bruch im ganzen Reich zu erkennen. Es gab nur einen Herrscher, aber einen vorherrschenden Willen. Es war also nicht „in den Tagen dieser Könige“. Worauf bezieht sich der Vers dann? Ich glaube, auf die letzte Phase des Römischen Reiches: nicht auf die Zeit, in der Christus geboren wurde, sondern wenn Gott „den Erstgeborenen wieder in den Erdkreis einführt“ (Heb 1,6; Ps 97,7) – wenn der Herr Jesus hineingebracht wird, nicht als der Nazarener, um zu leiden und zu sterben, sondern wenn Er mit göttlicher Macht kommt, um zu richten. Der „Stein … ohne Hände“, obwohl in gewissem Sinne auf Ihn zu jeder Zeit anwendbar, gilt dann wirklich und vollständig. Wir haben hier die Auslegung. Sie bezieht sich nicht so sehr auf seine Person, sondern auf das Reich, das der Gott des Himmels in Ihm und durch Ihn errichten wird. Zweifellos ist Er der Stein; aber es ist ein zerstörender Stein, der die Reiche der Erde vernichtet. Kann das irgendjemand leugnen? Der Stein wurde ohne Hände aus dem Berg gelöst, und er zerbrach das Eisen, das Erz, den Ton, das Silber und das Gold in Stücke (V. 45). Da war der Zusammenbruch des ganzen Bildes. War das der Fall, als Christus geboren wurde? Hat Christus das Römische Reich angegriffen? Hat Er es zerstört? Im Gegenteil, Christus wurde getötet, und es war sein Minister, der das offizielle Mittel für seine Kreuzigung war. Das Bild, so können wir sagen, erschlug Ihn, statt dass Er das Bild erschlug. Eine solche Interpretation ist es nicht wert, ernst genommen zu werden.
Der Stein trifft die Füße des Bildes, deren Zehen zum Teil aus Eisen und zum Teil aus Ton waren, also auf den letzten Stand des Römischen Reiches. Nach all der Spaltung zerschlägt der Stein es. Seine Wirkung ist also nicht Gnade, sondern Gericht. Er ist kein Sämann, der Samen sät, um Leben hervorzubringen. Noch weniger ist Er der Sauerteig, der sich über bestimmte Grenzen ausbreitet. Sein Schlag fällt zerstörerisch auf das Bild und zertrümmert es vollständig. Es ist also offensichtlich, dass das erste Kommen Christi hier nicht zur Debatte steht. Seine Geburt wird gänzlich übergangen. Sie fand im Lauf des Römischen Reiches statt und zerstörte es in keiner Weise. Was hingegen mit dem Römischen Reich noch zu tun haben wird, ist das Kommen des Herrn Jesus Christus an einem zukünftigen Tag.
Aber einige werden sagen: Wie kann das sein? Es gibt doch jetzt kein Römisches Reich mehr. Aber lass mich fragen: Wie zeigt das, dass es kein Römisches Reich geben wird? Kannst du beweisen, dass das Römische Reich nicht wiederhergestellt werden soll? Was wir hier finden: Das Eisen, der Ton, das Kupfer, das Silber und das Gold in Stücke wurden zerbrochen und wie die Spreu auf der Sommertenne.
Außerdem wird uns in der Offenbarung gesagt, dass das Tier, das die kaiserliche Macht Roms repräsentiert, bemerkenswert charakterisiert wird als „das Tier, das du sahst, war und ist nicht und wird aus dem Abgrund heraufsteigen [oder: gegenwärtig sein5] und ins Verderben gehen“ (Off 17,8). Daran besteht überhaupt kein Zweifel: Kein Mensch, der das Buch der Offenbarung richtig kennt, würde das bestreiten. Wenn dem so ist, folgt daraus, dass das Tier oder das Reich, das existierte, als Johannes dort war, einmal nicht existieren würde, um dann wieder zu erscheinen und aus dem Abgrund aufzusteigen. Das heißt, es wird die Macht Satans sein, die die Wiedervereinigung der Fragmente, aus denen das Römische Reich besteht, herbeiführen wird. Und es ist bemerkenswert, dass, wenn das Tier wieder gesehen wird, dieses Kapitel zeigt, dass es zehn Könige geben wird, die zustimmen werden, ihre Macht „dem Tier“ zu geben, oder der Person, die dann von Satan erhoben wird, um das Reich zu organisieren und zu regieren. Es wird diese gewaltige Macht gegen Gott und das Lamm gebrauchen; jede Erscheinung des Christentums wird zerstört, der Götzendienst wird wiederhergestellt und der Antichrist aufgerichtet. Dann wird Gott gleichsam sagen: Ich will das nicht länger dulden, meine Stunde ist gekommen. Der Herr Jesus wird die Recht Gottes verlassen und das Gericht über diese abscheulichen Heuchler vollstrecken.
In den Tagen dieser Könige wird der Gott des Himmels ein Königreich aufrichten ...; es wird alle jene Königreiche zermalmen und vernichten, selbst aber in Ewigkeit bestehen (2,44).
Die erste Handlung dieses Steins ist es, zu zerstören. Es geht nicht darum, Menschen zu retten; es geht um Gericht und Zerstörung: um das Niederreißen von Königreichen und allem, was sich gegen den wahren Gott erhebt.
Aber es mag hier eine Schwierigkeit auftauchen, wie es sein kann, dass, wenn dieser zerstörerische Schlag fällt, wir das Gold, das Silber und das Kupfer alle zusammen mit dem Eisen und dem Ton durcheinander haben – als ob diese aufeinanderfolgenden Reiche am Ende zusammen existierten. Die Wahrheit ist, dass Babylon zum Beispiel zwar seine kaiserliche Stellung verlor, aber untergeordnet unter den nachfolgenden Mächten existierte; und so mit jedem folgenden Reich bis Rom (vgl. Dan 7,11.12). Wenn also das Endgericht des vierten Reiches stattfindet, wird es immer noch die Vertreter seiner drei Vorgänger geben, die von ihm selbst verschieden sind. Und das macht deutlich, dass mit dem letzten Reich das ausschließlich Westliche gemeint ist, und nicht das, was zu den vorherigen Reichen gehörte.
Es ist also der große Sitz der modernen Zivilisation (d. h. die zehn Reiche des Tieres), der der Schauplatz dieses gewaltigen Abfalls sein wird. Und dies wird in der gerichtlichen Weisheit Gottes erlaubt sein, weil die Menschen „die Liebe zur Wahrheit nicht annahmen, damit sie errettet würden“ (2Thes 2,10). Gott wird ihnen eine starke Verblendung senden, dass sie der Lüge glauben, „damit alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt, sondern Wohlgefallen gefunden haben an der Ungerechtigkeit“ (2Thes 2,12). Ich habe keinen Zweifel daran, dass dies die zukünftige Geschichte der Welt ist, aufgrund der Autorität des Wortes Gottes. Diese bemerkenswerte Prophezeiung führt uns von den ersten Anfängen der kaiserlichen Macht herab und zeigt uns schließlich in den letzten Tagen, bevor Gott sein Reich aufrichtet, das Gericht über die Welt, wie sie ist, wenn Gott mit den Lebenden und nicht nur mit den Toten handeln wird. „... weil er einen Tag festgesetzt hat, an dem er den Erdkreis richten wird in Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und er hat allen den Beweis davon gegeben, indem er ihn aus den Toten auferweckt hat“ (Apg 17,31).
5 Es kommt auf eine unbestreitbar gute verschiedene Lesart an.↩︎