Behandelter Abschnitt 2Mo 33
Sie hatten Gott verleugnet und ihre Befreiung nur Mose zugeschrieben; da greift der Herr genau diese Worte auf und sagt: „Geh, zieh hinauf von hier, du und das Volk, das du aus dem Land Ägypten heraufgeführt hast, in das Land, das ich Abraham, Isaak und Jakob zugeschworen habe, indem ich sprach: Deinen Nachkommen werde ich es geben“ (V. 1). Er wirft ihnen noch einmal vor, dass sie ein halsstarriges Volk sind; Er will nicht mitten unter ihnen hinaufziehen, damit er sie nicht auf dem Weg vernichtet. Daraufhin trauert das Volk; und Mose greift zu einer bemerkenswerten Tat. Er nimmt das Zelt der Zusammenkunft und baut es sich auf, wie es heißt, „außerhalb des Lagers auf, fern vom Lager, und nannte es: Zelt der Zusammenkunft“ (V. 7). Danach folgen zwei Dinge, die aller Aufmerksamkeit wert sind: (1) Es gibt eine Nähe der Kommunikation zwischen dem Herrn und seinem Diener, die es zuvor niemals gab, und (2) mehr als das: Gott sichert dem Volk einen Segen zu, den Er nie zuvor gewährt hatte.
Von diesem Augenblick an wird ein neues Argument vorgebracht: Die Fehlerhaftigkeit des Volkes wird als Grund dafür angeführt, warum Gott hinaufziehen sollte – derselbe Grund, den die Gerechtigkeit zum Anlass nahm, sich zu weigern, mit ihnen zu ziehen, damit sein Zorn nicht gegen ein derart halsstarriges Volk entbrennen würde. Aber, so argumentiert Mose, genau aus diesem Grund brauchen wir am meisten die Gegenwart des Herrn. Erstaunlich ist die Kühnheit des Glaubens; aber dann gründet sich sein Flehen auf die bekannte Gnade Gottes selbst. Mose war Gott im Zelt der Zusammenkunft, außerhalb des Lagers, nahe genug, um einen besseren Eindruck von seiner Gnade zu bekommen, als er ihn je zuvor genossen hatte. Und so ist es immer. Zweifellos gab es einen großen und reichen – völlig unerwarteten – Segen, als Gott den Heiligen Geist auf die Erde herabsandte und seine Versammlung zum ersten Mal gesehen wurde. Doch ist es eine Tatsache, dass die Versammlung in Jerusalem in der apostolischen Zeit die tiefste Freude an Gott hatte? Das darf man wohl bezweifeln. Ich gebe zu, dass wir, wenn wir die Gläubigen am Pfingsttag betrachten, in ihnen das mächtigste vereinte Zeugnis sehen, das jemals in der Welt gegeben wurde; aber es wurde in einer vergleichsweise nicht so schweren Prüfung gegeben – in irdischen Dingen hauptsächlich –, der Überlegenheit derer, die in Christus neu geschaffen worden waren, gegenüber der erbärmlichen Selbstsucht der menschlichen Natur. Aber ist das die höchste Form der Glückseligkeit? Ist das die Art und Weise, in der Christus am meisten verherrlicht wurde?
Als die erste Phase dieser Dinge vorüber war – als es nicht nur den Unglauben des jüdischen Volkes gab, sondern auch die unwürdigen Anblicke und Klänge, die Satan in diese schöne Gemeinschaft einführte –, handelte Gott, der immer der Gelegenheit gewachsen ist, in der Überlegenheit seiner eigenen Gnade und brachte ein tieferes Verständnis seiner Wahrheit hervor, das schwieriger wertzuschätzen war; es traf die Menschen der Welt vielleicht nicht auf dieselbe Art und Weise, aber es hat, wie ich denke, einen innigeren Charakter der Gemeinschaft mit Christus selbst als alles, was zuvor gefunden wurde. Es wird kaum behauptet werden, dass das, was wir in der Versammlung erkennen, obwohl es auf die Beschneidung (die Juden-Christen) beschränkt war, die gleiche Tiefe und den gleichen himmlischen Charakter hatte, wie das, was gefunden wurde, als die volle Gnade Gottes alle Schranken durchbrach und frei zu den die Heiden ausfloss. Es ist vergeblich, zu behaupten, dass die Frucht der Lehre des Petrus oder des Jakobus dieselbe Kraft mit sich brachte wie die Frucht des Paulus nicht lange danach oder die des Johannes am Schluss. Ich stimme zu: Als Ganzes betrachtet, setzte ein erschütterndes Versagen ein, genau wie hier. Doch ebenso wie hier isolierte gerade das Versagen die Wahrhaftigen, es isolierte sie aber nicht in mangelnder Liebe, sondern in der größtmöglichen Offenbarung göttlicher Nächstenliebe und dem Sinn für die Herrlichkeit Gottes. Sicherlich hatte Mose draußen im Zelt der Zusammenkunft nicht weniger Liebe für das Volk, stattdessen noch mehr Treue zu Gott als innerhalb der Grenzen des Sinai, als die zehn Gebote ausgesprochen wurden.
In der folgenden Begebenheit haben wir die großartige Fürsprache Moses noch ergreifender, und verursacht – davon bin ich überzeugt –durch das, was vorher geschah. Es ist jetzt nicht die Zeit, auf Einzelheiten einzugehen. Hören wir jedoch, was Mose jetzt zum Herrn sagt: „Siehe, du sprichst zu mir: Führe dieses Volk hinauf, aber du hast mich nicht wissen lassen, wen du mit mir senden willst. Und du hast doch gesagt: Ich kenne dich mit Namen, und du hast auch Gnade gefunden in meinen Augen“ (V. 12). Was kann schöner sein und mehr Christus entsprechen als dies? Er setzt das ganze persönliche Vertrauen, das Gott zu ihm hatte, für das Volk ein. Das ist der Sinn des Ganzen. „Und nun, wenn ich denn Gnade gefunden habe in deinen Augen, so lass mich doch deinen Weg wissen, dass ich dich erkenne, damit ich Gnade finde in deinen Augen; und sieh, dass diese Nation dein Volk ist!“ (V. 13). Er will seine Liebe und sein Verlangen nach Israel nicht aufgeben. Gott mag sie wie das Volk des Mose behandeln und sagen: Das ist das Volk, das du dir erzogen hast; es ist dein Volk. – Oh nein, sagt Mose, sie sind Dein; und Du bist ihre einzige Hoffnung. Er lässt sich nicht beirren. Der Herr neigt sich gern Mose zu, wie einst zu Jakob, der weit weniger Kraft hatte. Glaube, Hoffnung und Nächstenliebe waren in dem Mittler reichlich vorhanden; und wenn das Volk gesegnet werden sollte, so schöpfte er aus jeder Quelle des Segens zu seiner eigenen Ehre.
Beachte die Antwort des Herrn: „Mein Angesicht wird mitgehen, und ich werde dir Ruhe geben. Und er sprach zu ihm: Wenn dein Angesicht nicht mitgeht, so führe uns nicht von hier hinauf“ (V. 14.15). Mose wünschte nichts ohne das Volk; auch wenn er aus dem Lager ging, geschah es, um so viel mehr an Segen für das Volk zu sammeln, das er zurückgelassen hatte. „Und der Herr sprach: Ich werde alle meine Güte vor deinem Angesicht vorübergehen lassen und werde den Namen des Herrn vor dir ausrufen“ (V. 19). Er bat darum, seine Herrlichkeit sehen zu dürfen. Dies war noch nicht möglich. Dazu muss man auf das Kommen eines Größeren als Mose waten. Aber auf jeden Fall wird seine Güte vor ihm vorüberziehen, die er in 2. Mose 34 sieht.