Behandelter Abschnitt 2. Mose 33,1-13
Mose als Mittler und das zweite Gesetz
Das Zelt der Zusammenkunft
Der Herr weigerte sich, das Volk in das Land der Verheißung zu geleiten. „Ich werde nicht in deiner Mitte hinaufziehen, denn du bist ein hartnäckiges Volk, dass ich dich nicht vernichte auf dem Weg“ (V. 3). Am Anfang dieses Buches, als das Volk sich in der Sklaverei Ägyptens befand, hatte Er sagen können: „Gesehen habe ich das Elend meines Volkes, das in Ägypten ist, und sein Geschrei wegen seiner Treiber habe ich gehört; denn ich kenne seine Schmerzen“ (Kap. 3,7). Aber jetzt muss Er sagen: „Ich habe dieses Volk gesehen, und siehe, es ist ein hartnäckiges Volk.“ Solange das Volk bedrängt ist, wendet Er ihm seine Gnade zu, aber wenn es hartnäckig geworden ist, muss es gedemütigt werden. „Ihr seid ein hartnäckiges Volk; zöge ich nur einen Augenblick in deiner Mitte hinauf, so würde ich dich vernichten. Und nun, lege deinen Schmuck von dir, und ich werde wissen, was ich dir tun will“ (V. 5).
Nur wenn wir wirklich alle Vorzüge, die wir von Natur aus haben, ablegen, kann Gott sich uns zuwenden. Ein nackter Sünder kann bekleidet werden, aber wer sich seiner natürlichen Qualitäten rühmt, muss entblößt werden. „Und die Kinder Israel rissen sich ihren Schmuck ab am Berg Horeb“ (V. 6). Da standen sie am Fuß dieses denkwürdigen Berges. Ihre Festgesänge hatten sich in Klagelieder verwandelt, ihr Schmuck war dahin, und die Tafeln des Zeugnisses lagen in Stücken am Boden. Das war ihr Zustand, und Mose beginnt augenblicklich, diesem Zustand gemäß zu handeln. Er konnte das Volk nicht mehr in seiner Gesamtheit anerkennen.
Die Gemeinde hatte sich ganz und gar verunreinigt, indem sie ein selbst gefertigtes Götzenbild an den Platz Gottes gestellt hatte. „Und Mose nahm das Zelt und schlug es sich außerhalb des Lagers auf, fern vom Lager, und nannte es: Zelt der Zusammenkunft“ (V. 7). Das Lager wurde also nicht länger als die Stätte der Gegenwart Gottes anerkannt. Gott war nicht dort und konnte nicht dort sein. Er war durch eine menschliche Erfindung verdrängt worden. Demzufolge wurde ein neuer Versammlungspunkt gebildet. „Und es geschah, ein jeder, der den Herrn suchte, ging hinaus zu dem Zelt der Zusammenkunft, das außerhalb des Lagers war“ (V. 7).
Hier wird ein Grundsatz deutlich, den der geistlich gesinnte Christ leicht verstehen wird. Der Platz, den Christus jetzt einnimmt, liegt „außerhalb des Lagers“ (Heb 13,13). Es erfordert eine große Unterwürfigkeit unter das Wort Gottes, um genau unterscheiden zu können, was eigentlich „das Lager“ ist, und es bedarf viel geistlicher Kraft, sich von diesem Lager zu trennen. Und noch größerer Kraft bedarf es für den, der sich schon getrennt hat, um sowohl in Heiligkeit als auch in Gnade denen zu begegnen, die noch im Lager sind. Denn es ist die Heiligkeit, die uns von dem verunreinigten Lager absondert, und die Gnade, die uns fähig macht, denen zu helfen, die noch darin sind. „Und der Herr redete mit Mose von Angesicht zu Angesicht, wie ein Mann mit seinem Freund redet; und er kehrte zum Lager zurück. Sein Diener aber, Josua, der Sohn Nuns, ein Jüngling, wich nicht aus dem Innern des Zeltes“ (V. 11).
Mose legt hier mehr geistliche Tatkraft an den Tag als sein Diener Josua. Es ist viel leichter, eine Stellung der Absonderung einzunehmen, als den richtigen Umgang mit denen zu finden, die noch im Lager sind. „Und Mose sprach zu dem Herrn: Siehe, du sprichst zu mir: Führe dieses Volk hinauf, aber du hast mich nicht wissen lassen, wen du mit mir senden willst. Und du hast doch gesagt: Ich kenne dich mit Namen, und du hast auch Gnade gefunden in meinen Augen“ (V. 12). Mose bittet, dass Gott ihn begleiten möge, zum Beweis dafür, dass er Gnade gefunden habe in seinen Augen. Wäre es nur nach der Gerechtigkeit Gottes gegangen, so hätte Er das Volk vernichten müssen, denn es war ein „hartnäckiges Volk“. Aber nun ist der Mittler da, der gerade wegen dieser Hartnäckigkeit an die Gnade des Herrn appelliert. „Wenn ich denn Gnade gefunden habe in deinen Augen, Herr, so ziehe doch der Herr mit in unserer Mitte – denn es ist ein hartnäckiges Volk – und vergib unsere Ungerechtigkeit und unsere Sünde, und nimm uns an als Eigentum“ (Kap. 34,9). Gerade ein hartnäckiges Volk brauchte die unerschöpfliche Gnade und Geduld Gottes. Nur Er konnte ein solches Volk ertragen.