Behandelter Abschnitt 2Mo 32
Dieses Kapitel offenbart eine traurige Unterbrechung nach den wunderbaren Mitteilungen Gottes an seinen Knecht. Hier zumindest ist das Volk dabei – ernsthaft dabei, Gott zu entehren –, an den Grundfesten seiner Wahrheit und Ehre zu ihrer eigenen Schande und ihrem Verderben zu rütteln. Armes Volk, das Gott mit zahllosen Gunstbezeugungen und einer so großen Ehre versehen hat. Mit Aarons Hilfe haben sie einen Schlag gegen den Thron Gottes geführt, indem sie ein goldenes Kalb machten. Es ist müßig, bei dem Schauplatz des Aufruhrs zu verweilen. Der Herr lenkt die Aufmerksamkeit Moses auf das Lager und sagt: „Ich habe dieses Volk gesehen, und siehe, es ist ein hartnäckiges Volk; und nun lass mich, dass mein Zorn gegen sie entbrenne und ich sie vernichte; dich aber will ich zu einer großen Nation machen“ (2Mo 32,9). Er wollte das Herz seines Knechtes prüfen und offenbaren. Er liebte das Volk selbst und freute sich über die Liebe Moses zu ihnen. Wenn das Volk unter der Prüfung des Gesetzes stand, war Mose unter der Prüfung der Gnade.
„Und Mose flehte zu dem Herrn, seinem Gott, und sprach: Warum, Herr, sollte dein Zorn entbrennen gegen dein Volk, das du aus dem Land Ägypten herausgeführt hast mit großer Kraft und mit starker Hand? Warum sollten die Ägypter so sprechen: Zum Unglück hat er sie herausgeführt, um sie im Gebirge zu töten und sie von der Fläche des Erdbodens zu vernichten? Kehre um von der Glut deines Zorns und lass dich des Übels gegen dein Volk gereuen. Gedenke Abrahams, Isaaks und [nicht bloß Jakobs, sondern] Israels, deiner Knechte, denen du bei dir selbst geschworen hast, und hast zu ihnen gesagt: Mehren will ich eure Nachkommen wie die Sterne des Himmels; und dieses ganze Land, von dem ich geredet habe, werde ich euren Nachkommen geben, dass sie es als Erbteil besitzen auf ewig“ (V. 11–13).
Siehst du den Weg, den Mose einschlug – die uneingeschränkten Verheißungen der Barmherzigkeit Gottes, die den Vätern zugesicherte Gnade. Es war unmöglich für den Herrn, eine solche Bitte zu übergehen. Dennoch kommt Mose mit den beiden Tafeln in der Hand, dem Werk Gottes, vom Berg herab. Er hört das Geschrei, das Josua nicht so gut verstehen konnte, das aber auch sein eigenes, schärferes und geübteres Ohr nicht richtig zu deuten vermag; und sobald er in die Nähe kam und die Bestätigung seiner Befürchtungen sah – das Kalb und den Tanz – „da entbrannte der Zorn Moses, und er warf die Tafeln aus seinen Händen und zerbrach sie unten am Berg. Und er nahm das Kalb, das sie gemacht hatten, und verbrannte es im Feuer und zermalmte es, bis es zu Staub wurde; und er streute es auf das Wasser und ließ es die Kinder Israel trinken“ (V. 19.20).
Sofort macht er Aaron, dem Mann, der dort die meiste Verantwortung trug, Vorwürfe, der sich entschuldigt, doch selbst nicht ohne Sünde ist. Mose aber stellte sich ins Tor und sagte: „Her zu mit, wer für den Herrn ist?“ (V. 26). So wappnet er, der jedes Angebot für sein eigenes Vorankommen auf Kosten des Volkes zurückwies, nun die Leviten gegen ihre Brüder. „Und die Söhne Levis taten nach dem Wort Moses; und vom Volk fielen an diesem Tag etwa dreitausend Mann“ (V. 28). Doch wir wissen aus bester Quelle, dass Mose das Volk liebte wie kein anderer im Lager. Es gibt kaum ein Thema, bei dem die Menschen so sehr dazu neigen, sich zu irren, wie bei der wahren Haltung und Anwendung der Liebe. Mose liebte Israel mit einer Liebe, die stärker war als der Tod. Doch obwohl er sie so liebte, zeigte er schonungslos sein Entsetzen über den Aussatz, der unter ihnen ausgebrochen war. Er spürte, dass dieses Böse um jeden Preis ausgerottet und aus ihrer Mitte verbannt werden musste. Aber derselbe Mose kehrt zu dem Herrn zurück mit dem Bekenntnis: „Ach, dieses Volk hat eine große Sünde begangen, und sie haben sich Götter aus Gold gemacht! 32 Und nun, wenn du ihre Sünde vergeben wolltest! Wenn aber nicht, so lösche mich doch aus deinem Buch, das du geschrieben hast“ (V. 31).
Der Herr aber bleibt bei seinen Wegen und sagt zu Mose: „Wer gegen mich gesündigt hat, den werde ich aus meinem Buch auslöschen. Und nun geh hin, führe das Volk, wohin ich dir gesagt habe. Siehe, mein Engel wird vor dir herziehen; und am Tag meiner Heimsuchung, da werde ich ihre Sünde an ihnen heimsuchen. Und der Herr schlug das Volk, weil sie das Kalb gemacht hatten, das Aaron gemacht hatte“ (V. 33–35). Dennoch beharrt Mose in seiner Bitte an den Herrn, der es nicht versäumt, ihn auf die Probe zu stellen, indem Er das Reden des Volkes zitiert.