Behandelter Abschnitt Off 8,1-5
Das siebente Siegel
(Kap. 8, 1-5)
Nach dem zweiten Gesicht im Himmel, dem der unzählbaren Schar, das uns etwas von den Siegeln abgelenkt hat, kehren wir wieder zu diesen zurück und betrachten das Öffnen des letzten Siegels. In der weiteren Folge begegnen wir den Posaunen‑ und Zornschalengerichten. Und wiewohl wir Eine heftige Steigerung der Gerichtswege Gottes feststellen, sind doch alle drei Gerichtsarten eng miteinander verbunden. Die ersten sechs Siegel, die uns bis zu Kap. 19 führen, weisen mehr auf die großen äußeren Linien und Umrisse der ganzen Gerichtsperiode hin, während die Posaunen und Zornschalen sich eher in Einzelheiten ergehen.
Die Eröffnung des siebenten Siegels lässt sieben Posaunenengel hervortreten, und das, was Johannes dabei besonders auffällt, ist:
Die Stille, das Schweigen im Himmel. Es ist sonst etwas Wunderbares um die Stille (Ps 62,2), hier aber ist tiefbedeutsames Werden vor dem Sturm. Furchtbares muss folgen, wenn selbst der Allmächtige schweigt, wenn die Ältesten ihre Harfen beiseitelegen und die Engel verstummen. Es besteht zweifellos ein enger Zusammenhang zwischen der Windstille in Kap. 7, 1, die eintritt, während die hundertvierundvierzigtausend Knechte Gottes versiegelt werden, und der Stille im Himmel von etwa einer halben Stunde, während welcher den sieben Engeln die sieben Posaunen gegeben werden und der Rauch vom Rauchwerk in der Hand des Engels mit den Gebeten aller Heiligen zu Gott emporsteigt. Es dürfte sich hier sowohl um die Gebete der Märtyrer unter dem Altar handeln, die Tag und Nacht um Vergeltung flehen als auch um die Gebete jener Heiligen, die während der Wirksamkeit der hundertvierundvierzigtausend Knechte Gottes in unsagbarer Weise von seiten des Antichristen zu leiden haben.
Nun tritt ein entscheidender Wendepunkt ein. Das in Kap. 7, 3 erlassene Verbot wird aufgehoben. Die Stille wird unterbrochen, und es geschehen Stimmen und Donner und Blitze und ein Erdbeben (Vers 5).
In bezug auf «die halbe Stunde» möchten wir noch sagen, dass wir diesen Zeitausdruck ebenso wörtlich nehmen, wie wir andere Zahlen oder Zeitpunkte wörtlich nehmen (Kap. 9, 5; 11, 2; 13, 5 usw.).
Sturm auf Erden. V o r der Siegeleröffnung sahen wir Blitze, Donner und Stimmen als Anzeichen kommender Gerichte (Kap. 4, 5; 6, 1). Die Gerichte werden aber immer empfindlicher, und in Kap. 8, 5 gesellt sich zu Stimmen, Donner und Blitz noch das Wanken der Erde als Symbol hereinbrechender Gerichtsgewitter.
Die sieben Posaunenengel (Vers 2). Es sind dies
besonders große Engel, die vor Gott stehen, etwa wie Gabriel (
Die sieben Posaunen. In Israel spielte die Posaune eine wichtige Rolle. In jedem Fall waren ihre Signale eine Mahnung zur Bereitschaft. Ein interessanter Vergleich besteht zwischen dem siebenmaligen Erwähnen der Posaunen im Alten Testament und den sieben Posaunenengeln in unserm Text. Bei folgenden sieben Gelegenheiten wurden in Israel die Posaunen geblasen:
Bei der Gesetzgebung am Sinai, als Gott, der Gesetzgeber, selbst auf die Erde herabstieg. Dabei brannte der ganze Berg (2. Mose 19,13 ff.). Auch bei den Posaunen tritt Gott als Herr der Erde auf, und gleich bei der ersten Posaune fällt Feuer vom Himmel.
Bei Kriegsgefahr wurde in die Posaune gestoßen (
Um das Volk zu sammeln (4. Mose 10, 3i. Während der siebenten Posaune der Offenbarung wird Israel erneut zu seinem König versammelt werden. Das Geheimnis Gottes ist dann vollendet (Off 11,6)
Ferner wurde zum Aufbruch geblasen (4. Mose 10,6). Um die Zeit der Posaunenengel wird Israel aufbrechen und aus allen Völkern gesammelt werden (Jes 27,13; Off 18,4).
Durch Posaunenschall wurde das Halljahr, die große Befreiung in Israel, verkündigt (3. Mose 25,8-10), und unter der siebenten Posaune wird die Befreiung der Erde vom Joch Satans kund getan (Kap. 11, 6 ff.).
Im siebenten Monat erscholl die Posaune zum großen Sabbat und dem Versöhnungsfest (3. Mose 23,23-32). Desgleichen wird Israels großer Versöhnungstag anbrechen, sobald es den erkannt haben wird, den es durchstochen hat (Off 1,7).
Schließlich wurde zum Laubhüttenfest sowie zur Anbetung die Posaune geblasen (3. Mose 23,33-43). In gleicher Weise wird Israel dereinst nach den Posaunenschallen sein wahres Laubhüttenfest feiern im Tausendjährigen Reich und seinen König anbeten (1Chr 16,42).
Wunderbar göttliches Gedenken. In den Versen 3-4 wird uns so manches vor Augen geführt, das unser Herz zur Anbetung stimmt. Wir sehen den Altar, das goldene Rauchfass und das Räucherwerk, werden also mitten ins himmlische Heiligtum hineingeführt. Da ist zunächst die Rede von einem Sonderengel, und währenddem die andern sieben Engel sich anschicken, die Gerichte auszuführen, geht dieser mit den Gebeten der Heiligen an den Altar, um den Bitten der sehr hart bedrängten Gläubigen auf Erden Kraft zu verleihen. Der Engel tritt in ähnlicher Weise für die Heiligen ein wie damals der Herr für Petrus, auf dass sie in der Stunde der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommt, bewahrt bleiben (Kap. 3, 10). Wir glauben kindlich und einfältig, dass der ganze alttestamentliche Haushalt und Gottesdienst eine vom allweisen und gütigen Gott angeordnete Vorschattung des ewigen Heiligtums darstellt, in welches. Jesus, der große Hohepriester, eingegangen ist, als Er gen Himmel fuhr. Dort, im oberen Heiligtum, gibt es ein Allerheiligstes mit dem Thron, dem goldenen Altar. der Bundeslade und anderem mehr. Dort thronen die vierundzwanzig Ältesten der himmlischen Priesterordnung und bringen das Rauchwerk dar. Wir halte an den ewigen Realitäten der Himmelswelt fest, obgleich wir sie in ihrer ganzen Herrlichkeit erst dann zu schauen und fassen vermögen, wenn wir, mit Herrlichkeitsleibern angetan, entrückt sein werden.
Verweilen wir noch einen Augenblick beim Weihrauch. Er wurde in Israel aus wohlriechenden Gewürzen hergestellt, auf dem goldenen Altar geräuchert und versinnbildlicht das Verdienst Christi. An Ihm hat Gott all Sein Wohlgefallen. deshalb vermag Er Auch zu helfen und völlig zu erretten (Heb 7,25). Durch Ihn kommen alle Gebete vor den Thron (Eph 2,18; 3,12). und Irr verleiht ihnen Kraft. Wir schätzen uns überaus glücklich und sind dankbar, dass wir den Herrn. Jesus droben halten, der uns ständig vertritt, wie uns dies in Seinem hohenpriesterlichen Gebet (Joh 17) zugesichert ist.
Furchtbare Heimsuchung der Verächter. Der Sonderengel nimmt das goldene Rauchfass und füllt es mit dem Feuer vom Altar. Der Weihranch verlieh den Gebeten der leidendem Heiligen Kraft. Die Gebete der Seelen unter dem Altar und die Seufzer der heiligen der letzten Tage auf' Erden finden Erhörung ‑ nicht zuletzt dank der Tätigkeit des Engels am Altar. Und nun geht Feuer als Gericht über die Gottlosen. Die Welt hat den Opferaltar (Christus, das geschlachtete Lamm auf Golgatha) verachtet, und nun trifft sie das Gericht vom Altar her. Jeder wird entweder durch das Feuer vom Altar gereinigt, wie der Prophet in Jes 6, oder aber von ihm verzehrt (2Thes 1,6-10). Einen ähnlichen Gerichtsfall durch Feuer haben wir in Hes 10,2 ff. Dort wird Feuer zwischen den Cherubim weggenommen und über die Stadt Jerusalem gestreut zum Zeichen ihrer Zerstörung. Angesichts der von Gott beschlossenen Gerichte sind die Aussichten der allgemeinen Menschheit geradezu trostlos; deshalb möchten wir noch vielen zurufen: «Lasset euch versöhnen mit Gott», um den kommenden Schrecken zu entgehen.