Behandelter Abschnitt Off 3,1-6
Sardes (Kap. 3, 1‑6)
Die Gemeinde zu Sardes hat eine gewisse Ähnlichkeit mit den aus der babylonischen Gefangenschaft zurückgekehrten Juden; denn wie diese Juden von viel Bösem befreit waren, aber nach den Aussagen der drei letzten Propheten (Hagg. 1, 2-11; 2, 5-9; Sach 3,8-9; Mal 1,1) nicht völlig erfunden wurden, so war es hier mit Sardes. Kirchengeschichtlich weist Sardes hin auf die Reformationskirche, die der schrecklichen Hurerei Roms zwar entgangen war, aber bald wieder in bloße tote Formen zurücksank. Jeder Ungläubige, der kam, wurde mit offenen Armen in die Kirche aufgenommen, ja, sogar ungläubige Könige wurden zu Oberhäuptern der Kirche gemacht. Auf diese Weise hat Satan, der Vater der Lüge, in den Trägern der Kirche die gefügigsten Werkzeuge gefunden, die Kirche nur dem Namen nach zur Repräsentantin der Gemeinde Jesu Christi auf Erden zu machen, aber sie ist tot. Sardes hatte so gut wie nichts mehr vom Ursprünglichen. Von der Zentralwahrheit des allein vollgültigen und allein zur Seligkeit ausreichenden Opfertodes Jesu Christi, von der Vergebung der Sünden durch Sein Blut wurde weitgehend Abstand genommen, Rechtfertigung durch den Glauben verschwiegen und tote Zeremonien wie Kindertaufe, Konfirmation und anderes mehr an Stelle des persönlichen Glaubens und der Buße zu Gott gesetzt, ganz zu schweigen von der brutalen Kritik am Worte Gottes.
Christus steht vor Sardes. Der Herr stellt sich dieser Gemeinde vor als derjenige, «der die sieben Geister Gottes hat und die sieben Sterne. Die sieben Geister Gottes sind hervorragende Engelsfürsten (Kap. 1, 4; 4, 5). Die sieben Sterne sind die Engel der Gemeinden, das heißt ihre Vorsteher oder Diener (Kap. 1, 20), und obwohl sie eine so hohe Auszeichnung vom Herrn haben, muss Er sagen: «Du hast den Namen, dass du lebst, und bist tot.» Der Name allein macht es nicht. Hier war wohl die verführerische Lehre der Isebel ausgeschaltet, dafür regierte aber die Welt, und dies bedeutet: Christus aufgeben. Ein geteiltes Herz, Schläfrigkeit und Schwäche waren die Folge der Weltliebe. Die Gefahr der Weltförmigkeit besteht auch für uns, und wenn wir nicht wachen, übereilt sie uns. Das kräftige Zeugnis fehlte Sardes; wohl glich die Gemeinde einem schön gewachsenen Baum, aber ohne Früchte, zweimal erstorben (Jud 2).
Ein wichtiger Rat (Vers 2). Diesen Formalisten, die sich brüsteten, wie einst die Juden, indem sie behaupteten: «Wir sind Abrahams Kinder», muss der Herr klaren Wein einschenken. Er ruft Sardes zu: «Werde wach und stärke das übrige, das sterben will». Denke daran, wie du angefangen hast (Jer 2,2) ; überprüfe deine Wege, kehre in dich und tue Buße über all deine Verirrungen. Die Reformatoren stellten die Wahrheit deutlich auf den Leuchter, nun hast du zu deiner eigenen Beschämung nur noch den Namen, dass du lebst, trotzdem du so klar im Worte unterwiesen wurdest. Werkgerechtigkeit hast du an Stelle des Glaubens gestellt, und von der Heilsgewissheit, die in Christo Jesu ist, weißt du nichts mehr. Sardes, höre den Weckruf. Wache auf!
Ein Dieb in der Nacht. « Wenn du nicht wachst, werde ich über dich kommen wie ein Dieb in der Nacht», spricht der Herr. Wie ganz anders verhielt es sich bei den Thessalonichern (1Thes 5,4). Sie warteten auf das Kommen des Herrn zu jeder Zeit; ihr Glaube war lebendig und ihre Liebe zum Herrn nicht erkaltet. Sardes‑Christen hingegen werden erkennen müssen, dass sie außer der Fassade nichts haben und deshalb auch keinen Anteil bei der Ankunft des Herrn (Kap. 16, 15).
Eine besondere Freude (Vers 4). Da waren noch etliche Personen zu Sardes, die den Herrn erfreuten und ihre Kleider nicht besudelt hatten. So war es immer, und so wird es auch immer bleiben. Der Herr kennt ihre persönlichen Namen ganz genau; denn Seine Augen sind auf die Treuen im Lande gerichtet (2Chr 16,9). Lieber Leser, gehörst du zu den vielen, die mit der Form zufrieden sind, oder zu den wenigen, die den Herrn von Herzen lieben und auf Sein Wort achten.
Reicher Lohn. Alle, die der Herr anerkennen kann, belohnt Er. Was bietet Er den Treuen zu Sardes?
Weiße Kleider. In der Offenbarung begegnen wir den weißen Gewändern zu wiederholten Malen. Die Erlösten und auch die Ältesten erscheinen in weißen Kleidern (Kap. 4, 4-5; 6, 11). Jene Schar, die durch die große Trübsal gegangen ist, erscheint ebenfalls in weißen Gewändern und mit Palmen in den Händen (Kap. 7, 9). Zusammenfassend zeigt uns die Offenbarung sieben weiße Dinge:
In. Kap. 1, 14 sehen wir den Herrn mit weißem Haar.
In Kap. 2, 17 erhält Pergamus einen weißen Stein.
In Kap. 6, 2; 19, 11 begegnen wir weißen Pferden.
In Kap. 7, 9 tragen die Erlösten weiße Gewänder.
In Kap. 14 sehen wir eine weiße Wolke.
In Kap. 15, 6 sind Engel angetan mit weißer Leinwand.
In Kap. 20 erblicken wir den weißen Thron.
Die Sardesüberwinder tragen also weiße Kleider, Festtagsgewänder, in welchen sie mit dem Herrn wandeln.
Eintragung ins Buch des Lebens. Sie haben die Freude, im Verzeichnis der Lebendigen zu stehen (Lk 10,20). Das Lebensbuch ist das älteste aller Bücher (Kap. 13, 8), und die Schrift redet oft von ihm (2. Mose 32,32-33; Ps 69,28; 87; 6; Jes 4,3; Dan 12,1). Nur Himmelsbürger sind in diesem Buch eingetragen; wer aber nicht darin gefunden wird, wird ein schreckliches Ende nehmen. Gottes Wort bleibt unumstößlich auf der ganzen Linie.
Besondere Ehre (Vers 5). Der Herr wird die Treuen vor Seinem Vater und vor den Engeln bekennen. Einst waren sie verkannt, verachtet, ausgelacht, als Auskehricht betrachtet ‑ nun aber sind sie die Lachenden, die Geehrten, die Reichbeglückten.