Behandelter Abschnitt Off 1,5-6
Der erste Lobgesang der Offenbarung
(Kap. 1, 5‑6)
Im Buch der Offenbarung begegnen wir einer ganzen Reihe erhebender Lobgesänge. Sie alle bekunden und rühmen die Erlösung durch das Blut des Lammes Gottes.
Johannes befand sich bekanntlich im Exil auf Patmos, als er die Offenbarung schrieb, aber die Gegenwart Gottes machte ihm die Gefangenschaft zur Quelle lieblicher Gemeinschaft mit dem Herrn. Wir lernen also, dass Trübsale für den Gläubigen in Gottes Nähe nicht nur erträglich gemacht werden, sondern sogar göttliche Verbundenheit und tiefe Erkenntnis bewirken. Dies hatte Johannes in der Einsamkeit erfahren, als er über den Herrn und Seinen Tod nachsann. Darum gibt er Ihm auch unter Jubel und Preis die Ehre bis in die Zeitalter der Zeitalter. Es erging Johannes ähnlich wie früher Paulus und Silas in Philippi, als sie zur dunkelsten Stunde im Gefängnis verwahrt Loblieder sangen (Apg 16,25). Und wenn auch wir, wie diese Gottesmänner, die Liebe und Gnade Gottes sowie die Erlösung durch Jesu Blut, anstatt die drückende Not betrachten, so ist unser Mund ebenfalls voll Lachens und unser Herz voll Jubels. Dann halten wir es unwillkürlich mit Johannes und loben den Herrn für:
Seine unaussprechliche Liebe. Johannes schreibt: «Dem, der uns liebt.» Erneut dachte der Mann, der früher an Jesu Brust lag, über die alle Vernunft übersteigende Liebe seines Herrn nach, und es gibt für uns nichts Nachahmenswerteres zu tun als dieses. Lasst uns bedenken:
In Seiner Liebe hat Er uns erwählt (Eph 1,4).
In ihr hat Er uns lebendig gemacht (Eph 2,4-6).
Aus Liebe dürfen wir Kinder Gottes heißen (1Joh 3,1).
Er hat uns geliebt, obschon nichts an uns zu lieben war; Er starb für uns, da wir noch Sünder, ja, sogar Seine Feinde waren (Röm 5,8-10). Der Ausdruck «liebt» (im Präsens) bedeutet ein ununterbrochenes Lieben, ein Lieben ohne Ende. Er liebte uns nicht nur damals, als Er am Kreuze für uns starb, sondern schon vorher und seither ununterbrochen. Seine Liebe ist lückenlos. Ein Versagen oder gar Verlassen der Liebe, wie es bei Ephesus der Fall war, ist beim Ihm ausgeschlossen (Kap. 2, 4). Er liebt stets, weil Lieben Sein Wesen ist.
Sein großes Opfer. «Und uns gewaschen hat in Seinem Blut». Sein Blut redet von einem gewaltsamen Tode. Johannes lässt etwas aus der Vergangenheit an seinem inneren Auge vorüberziehen; er hört die Worte: «Vater, die Stunde ist gekommen» (Joh 12,27), oder: «Meine Seele ist betrübt» (Mt 26,38), oder: «Ich habe eine Taufe» (Lk 12,50). Im Geiste sah er seinen gekreuzigten Herrn, aus dessen Seite auch für ihn das sündenvergebende heilige Blut floss, und aus Seinem Munde hörte er die laute, innige Frage: «Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?»
Israels Priester sprengten fremdes Blut an den Altar und auf das Volk zur Vergebung der Sünden, der Herr Jesus aber wusch uns in Seinem eigenen Blute. Das ist ein großer Unterschied! Durch dieses kostbare Blut sind wir ein für allemal rein und helle gemacht und stehen gerechtfertigt vor Gott (Röm 5,8-9; 1Joh 1,7; Heb 9,14). Johannes geht weiter und hebt die besonderen Vorrechte der Gerechtfertigten hervor.
Seine uns geschenkte Sonderstellung. «Er hat uni zu einem Königtum gemacht.» Trotzdem die Königsherrschaft vornehmlich Israel gilt, werden doch auch wir mit Ihm herrschen. Als arme Sünder gingen wir zum Kreuz, aber gewaschen und gekrönt mit Gnade und Barmherzigkeit kamen wir zurück. Wer den einst mit Dornen Gekrönten als seinen Retter annimmt, wird von Ihm mit Ehre gekrönt (1Pet 5,4). Wir bilden also ein Reich, das unseres Gottes. In mancher Hinsicht dürfen wir jetzt schon herrschen. Wir besiegen durch den Glauben unser eigenes trotziges Herz, und wir haben durch den Glauben die Welt überwunden (1Joh 5,4). Dazu haben wir den mächtigen Gegner, Satan, überwunden durch den Glauben (1Joh 2,3 b; Eph 6,12-16). Derselbe Apostel Johannes schreibt in 1Joh 3,2, dass wir dem Herrn gleich sein werden. Er ist der Sohn, und wir sind Söhne. Er ist Hoherpriester, und wir sind Priester. Er ist Erbe, und wir sind Miterben Christi (Röm 8,17).
Sein uns verliehenes Ehrenamt. «Gemacht zu Priestern Seinem Gott und Vater». Wir sind gewaschen und gesalbt wie einst Israels Priester. Gewaschen in Seinem Blut und gesalbt mit Heiligem Geist haben wir Zutritt zum Allerheiligsten droben (Heb 10,19). Wir bringen als Priester auch Opfer dar, aber bessere als die des Alten Bundes.
Wir legen uns selbst auf den Altar (Röm 12,1).
Wir bringen Opfer lebendigen Glaubens dar (Phil 2,17).
Wir bringen Opfer des Lobes (Heb 13,15).
Wir erfreuen Gott mit wohlgefälligen Opfern (Heb 13,16).
Wir bringen Opfer für das Evangelium (Röm 15,16). Unser Priestertum steht fest (1Pet 2,5-9). Als Priester stehen wir abseits vom Bösen und belehren das Volk (Mal 2,7). Allezeit treten wir hinzu und segnen das Volk (1Pet 3,9). Als heilige Priester treten wir in Seinen Tempel und beten Ihn an, und als königliche Priester stehen wir in der Welt und verkündigen Seine Tugenden. In Anbetracht solcher Gnaden und Vorrechte bricht Johannes in Jubel aus.
Sein Lobgesang. Er bringt Gott Preis und Ehre und rühmt Seine Macht. Mit Johannes singen auch wir: «Laut rühmet Jesu Herrlichkeit, Ihn preist die Engelwelt.» Wunderbar ist Er; denn ehe Er sich anschickt, die schrecklichen Gerichte auszuführen, lässt Er den Johannes in Seine große Liebe hineinschauen, eine Liebe, die Er den Seinen durch alles hindurch zusichert, die aber von denen, die Er zu richten kommt, verschmäht wird.
Verschiedene Benennungen Des Herrn
(Kap. 1)
Die Heilige Schrift enthält sehr viele Namen und Titel des Herrn, die auf Seine Größe und Würde hinweisen und uns bei würdiger Betrachtung zur Anbetung stimmen. Aus vorliegendem Kapitel wollen wir nur einige bezeichnende Eigenschaften des Herrn herausnehmen und staunen, dass Er sich ob Seiner Größe und Vielseitigkeit nicht schämt, uns Brüder zu nennen. Das Buch beginnt mit den Worten «Offenbarung Jesu Christi». .Jesus ist der persönliche Name des Herrn, als Christus steht Er aber in der Eigenschaft des Gesalbten vor uns. Ferner ist Er:
Der treue Zeuge.
Der Erstling aus den Toten.
Der Fürst der Könige auf Erden.
Das Alpha und Omega, der Anfang und das Ende.
Der da ist, der da war, der da kommt.
Der Allmächtige.
Der Menschensohn.
Der Lebendige.
Christus, der Gesalbte. Mit dieser Eigenschaft ist ein sehr hohes, wenn nicht gar das höchste Amt des Herrn gekennzeichnet. Er ist der Gesalbte Gottes. Zwar ist Er nicht der einzige Gesalbte, aber Er ist gesalbt über Seine Genossen (Heb 1,9). Schon Luzifer, jener einst so mächtige Engelfürst, war ein Gesalbter: «Du warst ein schirmender gesalbter Cherub» (Hes 28,14, Elberfelder - Übersetzung). Demnach scheint es, dass die hohen Würdenträger unter den Engeln Gesalbte sind. In Israel gab es eine dreifache Salbung:
Salbung zum König (l. Sam. 16, 13).
Salbung zum Priester (3. Mose 8).
Salbung zum Propheten (l. Kön. 19, 15‑16).
Die betreffenden Männer wurden aus dem Volke herausgenommen und für ein spezielles Amt gesalbt. Diese dreifache Salbung finden wir auch bei unserem Herrn, denn Er war alles in einer Person: Prophet, Priester und König. In Off Kap. 2-3 tritt Er als Prophet den sieben Gemeinden gegenüber auf, ermuntert sie und weist sie zurecht. In den Kapiteln 11, 14. 15, in welchen der Tempel erwähnt wird, steht Er als der Priester vor uns. Und in Kap. 19 erscheint Er als der König der Könige. Und endlich ist der Herr in Kap. 22 alles in allem. Der Herr war gesalbt vom Heiligen Geiste (Lk 4,18; Apg 10,38). Gleich am Anfang Seines öffentlichen Wirkens wurde Er bei der Taufe im Jordan gesalbt, d. h. vom Heiligen Geiste als Sohn Gottes bestätigt (Mt 3,16.17). Hier wurde Er zunächst als Prophet gesalbt und anschließend begann Er Seinen Prophetendienst an Israel. Schon Mose hatte im Blick auf Jesus geweissagt: «Einen Propheten wie mich wird der Herr, dein Gott, dir erwecken» (5. Mose 18,15.18).
Ein schönes Vorbild der dreifachen Salbung haben wir in David. Zuerst wurde er i m engeren Familienkreis gesalbt (1Sam 13). Aber nur einige wenige hundert Männer folgten diesem von Gott Gesalbten in den Tagen seiner Verwerfung. Ähnlich war es bei unserm Herrn. Nur eine kleine Schar folgte Ihm in Seinen Erdentagen. Später wurde David vom Hause Juda gesalbt (2Sam 2,4). Hier waren der Nachfolger schon mehrere, ein ganzer Stamm. Desgleichen waren es nach Pfingsten mehr, die dem Herrn nachfolgten. Hernach wurde David von ganz Israel zum König gesalbt (2Sam 5,3). Interessant, diese Salbung geschah sieben Jahre nach der vorhergehenden. Noch steht die 70. danielische Woche aus, d. h. die letzten sieben Jahre. Hernach wird ganz Israel den Herrn als seinen Gesalbten erkennen, und Er wird den Thron Davids besteigen.
Fürst der Könige der Erde (Vers 5). Dieser herrliche Titel kommt nur hier vor. Als der Herr der Herren und König der Könige wird Jesus aber auch noch in Kap. 17, 14 und 19, 16 betitelt. Im Buch der Offenbarung ist zwar auch noch von andern Königen die Rede, die Er aber zu Seiner Zeit richten und beseitigen wird. Nach diesem wird Er, der verheißene Friedefürst, regieren und alles neu machen. Schon David hat geweissagt, dass Gott den Herrn zum allerhöchsten König bestimmt hat (Ps 89,28; ebenso Ps 2 und 110).
Alpha und Omega. Der Anfang und das Ende. In Vers 17
heißt der Herr der Erste und der Letzte. Und zusammengefasst in Kap. 22,
13 ist Er wieder alles in allem ‑ Alpha und Omega, der Erste und der
Letzte, der Anfang und das Ende. In dieser Eigenschaft stand der Herr in
der Vergangenheit zu wiederholten Malen vor Israel (
Der Allmächtige (Vers 8). Dieser Allmächtige, der Sein Volk seit dem Wunder am Roten Meer von Sieg zu Sieg führte, schickt sich nun an, Israel zum letzten und größten Sieg zu führen. Er behauptet sich als der Allmächtige, indem Er den Antichristen in den Feuersee werfen und seine gewaltigen Heere mit dem Schwerte aus Seinem Munde töten wird. Im Laufe der Betrachtungen werden wir sehen, wie die Reiche dieser Welt dem Christus unterworfen werden. Israel wird dann aufs neue die große Verheißung in Ps 46 realisieren: «Der Herr Zebaoth ist mit uns; der Gott Jakobs ist unser Schutz.» Seiner Allmacht wird es ein Kleines sein, nebst Israel auch die ganze Schöpfung wiederherzustellen.
Der da kommt. Was Er sich vorgenommen hat zu tun, das wird Er auch zur Ausführung bringen. Israels Ablehnung hindert Ihn nicht, die Verheißung Seines Kommens hier zu wiederholen. Wohlverstanden, das hier geweissagte Kommen ist nicht die Entrückung, die zu derselben Zeit längst stattgefunden haben wird. Hier handelt es sich um das Kommen Christi in Herrlichkeit, wenn wir mit Ihm offenbar werden (Kol 3,4).
Der Menschensohn (Vers 13). Im Neuen Testament wird der Herr 84mal der Menschensohn genannt. Zum ersten Male kommt dieser Ausdruck in Mt 8,20 vor: «Des Menschen Sohn hat nicht, wo Er das Haupt hinlege.» Zum letzten Male sieht Johannes Ihn mit einer goldenen Krone auf Seinem Haupte (Kap. 14, 14). Beachten wir, dass Er beide Male der Menschensohn genannt ist und beide Male die Rede ist von Seinem Haupte.
In den paulinischen Briefen suchen wir vergebens nach dem Ausdruck «Menschensohn», da er ausschließlich in Beziehung zur Erde steht. Im Alten Testament finden wir ihn erstmals in Ps 8,5 und zwar in Verbindung mit Seiner Hände Werk. Welch eine Herablassung, dass Jesus Christus, der göttlicher Natur war, sich selbst entäußerte, Knechtsgestalt annahm, Menschen ähnlich ward und von Ansehen wie ein Mensch erfunden (Phil 2,5-8).
Der Lebendige (Vers 18). «Ich war tot, und siehe,
ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit.» Er ist der Auferstandene,
der große Siegesheld. «Ich lebe, und ihr sollt auch leben» (