Behandelter Abschnitt Off 1,1-4
Offenbarung
Ist das erste Buch Mose das Buch der Anfänge, dann ist das Buch der Offenbarung das der Abschlüsse der Gedanken Gottes mit den Menschen. Es hebt den Schleier ab und zeigt uns das letzte Werden, das völlige Ausreifen und die erreichten Ziele jener keimartigen Anfänge Gottes. Das Buch der Offenbarung ist von vielen gern gelesen, von andern aber geradezu gemieden und als unverständlich auf die Seite gelegt. Wir möchten gleich zu Anfang betonen, dass sich das Buch nicht Versiegelung, sondern Offenbarung (d. h. Enthüllung) nennt. In Kap. 22, 10 lesen wir ausdrücklich, dass es nicht versiegelt ist. Zum Verständnis dieses Buches müssen aber menschliches Wissen, Vorurteile und Überlieferungen ausgeschaltet sein. Erforderlich ist:
Kindliches Unterwerfen unter die Schrift.
Richtiges Teilen des Wortes Gottes.
Wir müssen hier wie in jedem andern Buch der Heiligen Schrift unterscheiden lernen zwischen dem, was Gott Israel gesagt hat, und dem, was die Gemeinde angeht; andernfalls entsteht eine Verwirrung. Die Bibel erklärt sich selbst, und das Verstehen ist ermöglicht, wenn ein Schriftwort dem andern gegenübergestellt wird. Durch Vergleiche erklären sich auch die vielen alttestamentlichen Zitate im Buch der Offenbarung. Vor allem gilt es aber, Christus in der Offenbarung zu suchen, denn das Buch heißt nicht umsonst Offenbarung Jesu Christi. Wir lernen hier den Herrn von einer ganz andern Seite kennen als in den vier Evangelien. In der Offenbarung tritt Er uns vor allem als der R i c h t e r entgegen. Gleich im ersten Kapitel sah Johannes den Herrn in richterlicher Gestalt, und er erschrak darob bis zur Bewusstlosigkeit (Vers 17). Wir legen also zur Einleitung fest:
Es ist die Offenbarung Jesu Christi. Mit den bedeutungsvollen Worten: „Welche Gott Ihm gab“, fängt das Buch an. Wir stehen also von vornherein glaubensvoll der Tatsache gegenüber, dass hier durch den Engel des Herrn (Kap. 22, 16) das enthüllt wird, was über die Dinge, die bald geschehen sollen, bis dahin verborgen war. Viele Weissagungen der Offenbarung gehören gewiss zu jenen Dingen, die die Jünger vor der Auferstehung Jesu Christi noch nicht ertragen konnten (Joh 16,12).
Sie ist Seinen Knechten gegeben. Manche Briefe der
Schrift sind an die Heiligen im allgemeinen gerichtet (
Sie bezeugen das Wort Gottes (Vers 2).
Sie lesen, hören und bewahren es (Vers 3).
Sie erfreuen sich der Reinigung, „von Sünden gewaschen“ (Vers 6).
Sie stehen an heiliger Stätte, „gemacht zu Priestern“ (Vers 6).
Sie bringen Gott Ehre und Anbetung dar (Vers 6).
Sie sind bereit, für Jesus zu leiden (Vers 9).
Es frage sich nun jeder: «Bin ich solch ein Gottesknecht?» Wenn ja, so wird es dir auch nicht an Licht bezüglich dieses Buches fehlen.
Nur Abgesonderte verstehen dieses Buch. Aus Vers 9 geht hervor, dass Johannes, ebenso wie viele andere Heilige, ein Verfolgter, Ausgestoßener um Jesu willen war. Von jeher waren alle, denen Gott sich besonders offenbarte, von der Welt verkannt. Fühlt sich ein Gläubiger aber noch heimisch in dieser Welt, ist sein Wohnsitz noch in Babylon, dann ist sein Auge getrübt und unfähig, den Herrn zu sehen. Warum waren denn in den Tagen des Eli Offenbarungen so selten? (1Sam 3,1.) War es nicht, weil er und sein Haus nicht vom Bösen abgesondert waren. Wollen wir also den Segen dieses Buches genießen und die in Vers 3 verheißene Glückseligkeit erfahren, so kann es nur unter der Bedingung sein, dass wir als abgesonderte Knechte Jesu Christi erfunden werden.
Sie setzt Geistlichkeit voraus. Johannes sagt in Vers 10: „Ich war im Geiste.“ (Dieser Ausdruck hat zwar auch eine andere Bedeutung, auf die wir später noch zu sprechen kommen.) Als ein auf die Seite Gestellter, von der Welt Verachteter, atmet er Himmelsluft auf Patmos. Wie Paulus war er versetzt bis in das Paradies Gottes. Welch ein Gegensatz zwischen Vers 9 und 10! Dem Leibe nach war Johannes auf der einsamen Insel, aber dem Geiste nach an des Herrn Tag. Der äußere Mensch ist in der Verbannung, der innere in voller Freiheit, über alle Verhältnisse erhaben im Geiste beim Herrn. Zweifellos wurde Johannes in der Stille zu Patmos für die weitere noch vor ihm liegende Arbeit zubereitet. Uns geht so sehr die Stille ab, das Alleinsein mit dem Herrn und damit auch das Hineinblicken in die Gedanken Gottes. Das Irdische und Sichtbare nimmt uns allzu sehr gefangen, obwohl wir wissen, dass die innige Verbundenheit mit dem Herrn die unerlässliche Voraussetzung ist, göttliche Dinge zu verstehen. Der im Geiste sich befindende Apostel Johannes erlebte Großes.
Er hörte hinter sich des Herrn Stimme (Vers 10).
Er sah den verherrlichten Herrn (Vers 12. 13).
Er erhielt Aufträge vom Herrn (Vers 19).
Er wurde reichlich ermuntert vom Herrn (Vers 19).
Der Gruß des Johannes. Der Apostel schreibt nun an die sieben Gemeinden und beginnt mit dem üblichen Gruß: „Gnade euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt!“ Dieses Begrüßungswort erinnert uns an die Begebenheit am Dornbusch, als Gott sich dem Mose offenbarte und ihn zum Führer und Befreier Israels machte. Im Buch der Offenbarung handelt es sich aber um eine noch weit größere Befreiung Israels, einer Rettung aus der furchtbaren Knechtschaft des Antichristen. Schon der Gruß in der Einleitung des Buches belehrt uns, dass wir es im Buch der Offenbarung hauptsächlich mit der Befreiung Israels zu tun haben. «Und von den sieben Geistern, die vor Seinem Throne sind.» Wer sind diese sieben Geister? Kaum der Heilige Geist, dieser ist Gott und ist a u f und nicht v o r dem Thron. Die sieben Geister sind sieben besonders geehrte Engel oder Boten Gottes von außergewöhnlichem Rang. Da Christus der Vollstrecker des Willens Gottes ist, und alles Gericht Ihm übergeben wird, stehen die sieben Geister oder Engel bereit, alle Aufträge entgegenzunehmen. Wir werden diesen sieben Geistern noch mehrere Male begegnen. „Und von Jesu Christo, welcher der treue Zeuge ist, der Erstgeborene der Toten und der Fürst der Könige der Erde.“ Wie überaus groß und mächtig ist der hier im Gruß Genannte! Allein der Ausdruck «der treue Zeuge“ sagt uns, dass Er selbst die Wahrheit ist und dies immer und überall in Wort und Wesen bis zum Kreuzestod bezeugte. Kein Wunder, folgt ein so herrlicher Lobgesang (Vers 5‑7)!
Die Seligpreisungen der Offenbarung
Wenn von Seligpreisungen die Rede ist, denken die meisten Leser an die der Bergpredigt (Mt 5), obgleich die Schrift noch viele andere kennt. Nach dem Urtext heißt es in Vers 3 nicht «selig», sondern «glückselig», welcher Ausdruck 94mal in der Bibel vorkommt. Wir erinnern an die vielen schönen Glückselig in den Psalmen. Wie ein heller Stern leuchtet jenes: „Glückselig der Mensch, dessen Sünde vergeben ist“ (Ps 32). Jedermann, der durch Buße zu Gott und Glauben an den Herrn Jesum Christum gerettet worden ist, kennt diese Glückseligkeit aus innerster Erfahrung heraus. Hier aber wollen wir uns mit den sieben Seligpreisungen im Buche der Offenbarung beschäftigen. Es werden glückselig gepriesen: .
Die Leser der Offenbarung. «Glückselig, der da liest» (Kap. 1, 3). Die erste Seligpreisung gilt also den Lesern dieses Buches. Die Erfüllung dieser Verheißung können wir uns alle zusichern, da wir alle des Lesens kundig sind und die Salbung von oben haben (1Joh 1,27). Dennoch gibt es kaum ein Buch der Heiligen Schrift, das von den Gläubigen so vernachlässigt wird, wie die Offenbarung. Sie ist doch kein verschlossenes Buch, wie wir bereits hörten. Daniel musste seine Weissagungen versiegeln (Dan 12,4), nicht so Johannes (Kap. 22, 10).
Die Toten, die in dem Herrn sterben (Kap. 14, 13). In den Tagen der großen Trübsal, auf welche dieses Wort Bezug nimmt, wird das Leben der Gläubigen fast unerträglich sein. Der falsche Prophet wird nämlich unter Todesstrafe befehlen, dass alle das Tier, d. h. den Antichristen, anbeten müssen (Off 13). Dort wird es nur ein Entweder‑Oder geben. Die Wahl wird zwischen Christus und dem Antichristus stehen. Es werden aber viele sein, die den Drohungen des falschen Propheten widerstehen und den Tod um Jesu willen vorziehen werden. Darum werden auch diesen zu Tode Verfolgten das verheißene «Glückselig» und die Segnungen von Kap. 14, 1-5 und 15, 1-4 zuteil. Gewiss werden alle Gotteskinder, die durch jene Schreckenszeit hindurch müssen, ihre Mitgläubigen, die den Tod schon gefunden haben, glückselig preisen, da sie nun nicht mehr länger wie ein gehetztes Wild umhergejagt werden, sondern ruhen dürfen. Wie leicht ist im Vergleich zu dieser kommenden Trübsalszeit die Nachfolge Christi von heute.
Schämen wir uns also unter keinen Umständen, den Herrn zu bekennen, so wird Er auch dich und mich am Tag der Belohnung vor dem Vater und Seinen heiligen Engeln bekennen. Und nun noch eine Frage. Leser, wenn du heute abgerufen werden solltest, würde dich ein Glückselig oder ein Wehe treffen?
Die Wachenden (Kap. 16, 15). Wie nötig ist die Wachsamkeit zu jeder Zeit! Nicht umsonst ermahnt die Schrift so oft dazu. Das Wachen gehört mit zur Waffenrüstung des Gläubigen (Eph 6,18; Kol 4,2; 1Pet 4,7). Petrus unterließ das Wachen, und die Folgen waren furchtbar (Lk 22,31 ff.). Für die törichten Jungfrauen war diese Unterlassungssünde geradezu katastrophal (Mt 25). In unserm Text gilt das Glückselig jenen Wachenden, die weder das Tier noch sein Bild anbeten, noch sein Malzeichen oder die Zahl seines Namens annehmen werden. Die Verheißung der Glückseligkeit hat sie zum Oberwinden ermuntert.
Die Geladenen zur Hochzeit des Lammes (Kap. 19, 9). Das verführerische Weib, die große Hure, ist im vorhergehenden Kapitel gerichtet worden. Nun tritt das edle, das treue Weib, die Braut des Lammes, hervor. Der Bräutigam hat sich zu diesem einzigartigen Hochzeitsmahl bereitet. Braut und Bräutigam sind der Mittelpunkt aller Bewunderung und Freude, und die Geladenen werden glückselig gepriesen. Wer anders sind sie als die Freunde des Bräutigams, als die Gefährtinnen der Braut (Ps 45,14; Joh 3,29).
Die Teilhaber an der ersten Auferstehung (Kap. 20, 6). Wenn hier die Rede von einer ersten Auferstehung ist, so muss es auch eine zweite geben. Diese wird in Kap. 20, 11-15 beschrieben und endet mit dem zweiten Tod, dem Feuersee, dem furchtbaren Endgericht vor dem weißen Thron, da alle Toten von Adam bis zu jener Zeit (mit Ausnahme derer, die schon an der ersten Auferstehung teilgenommen hatten) auferstehen werden. Zwischen der ersten und zweiten Auferstehung liegt das Tausendjährige Reich (Vers 7). Glückselig alle, die an der ersten Auferstehung teilgenommen haben. Leser, bist du bekehrt, bist du des Herrn Eigentum, weißt du, dass du bei der ersten Auferstehung dabei sein wirst?
Die Liebhaber des Wortes der Weissagung (Kap. 22,
7). In der ersten Seligpreisung hieß es: «Glückselig, der da liest»,
hier aber geht es um mehr, um das Bewahren des Wortes der Weissagung. Es
bewahren heißt darauf eingehen, es in sich aufnehmen, wie Maria tat, als
sie die Worte der Hirten hörte (Lk 2,19,51). Das Interesse am
prophetischen Wort ist heute sehr groß. Wo es schriftgemäß verkündigt
wird, strömt Gottes Volk zusammen. Immerhin besteht ein wesentlicher
Unterschied zwischen bloßem Interesse haben und dem Bewahren des Wortes
in seinem Herzen. Interesse ist nicht zu verwechseln mit Neugierde. Die
es bewahren sind jene in 1Joh 3,3, von welchen es heißt: «Jeder, der
diese Hoffnung zu Ihm hat, reinigt sich selbst.» Dazu stehen mit dem
Worte «bewahren» noch besondere Verheißungen in Verbindung (
Die Gewaschenen in Jesu Blut (Kap. 22, 14). Ein Beispiel solch wahrer Glückseligkeit beschreibt der Apostel in Kap. 7, 9 ff., wo er die im Blute des Lammes gewaschene Schar bekleidet mit weißen Gewändern und mit Palmen in ihren Händen vor dem Throne Gottes sieht. Hier, ganz am Schluss, werden den im Blute des Lammes Gewaschenen noch zwei ganz besondere Segnungen zugesichert:
Sie haben Zutritt zum Baum des Lebens. Sie dürfen sich also dessen erfreuen, was Adam im Paradies verwehrt wurde.
Sie werden durch die Perlentore von Kap. 21, 21 eingehen.