Heb 13,10 - „Wir haben einen Altar"
So schreibt der Apostel im Hebräerbrief. Israel hatte, wie wir wissen, zwei Altäre. Einer stand im Vorhof; von ihm floß ständig das Blut zur Erde. Der andere stand im Heiligtum, von ihm stieg der duftende Weihrauch auf gen Himmel. Diese Altäre waren Gegenstand der Sehnsucht der Väter. „Deine Altäre, Herr Zebaoth, mein König und mein Gott“, ruft der Psalmist überströmenden Herzens aus (Ps 84,4). Zum Priesterdienst selbst war nur das Haus Aarons auserkoren. Ganz anders dagegen ist es im Neuen Bunde. Da ist jedes wahre Gotteskind zum Priesterdienst bestimmt und sehnt sich nach diesem Dienst an den Altären seines Gottes, als einem heiligen Vorrecht. Am ersteren sind wir mit um so größerer Ehrfurcht erfüllt, als wir nicht, wie Israel, Bocksblut fließen sehen, sondern das teure, kostbare Blut unseres hochgelobten Herrn und Heilandes. Mit dem Dichter stehen wir sinnend unter dem Kreuz. Es ist, wie bei Paulus, unser einziger Ruhm geworden (Gal 6,14).
Von Seinem Haupt, von Fuß und Hand strömt Schmerz und Liebe im Verein. Ob jemand solche Liebe fand, solch' Herrscherglanz in Dornenpein?
Für solche große Liebe sind die Schätze aller Welt zu klein als Gabe; nein, Er sucht Sein Kind: ich selbst muß ganz Sein Eigen sein.
Innerlich tief beeindruckt von unserm Altar, dem Kreuz auf Golgatha, schreiten wir voll Anbetung hinzu und bringen Dem, der sich für uns, opferte, unsere Opfer dar. Welche sind es? Wir nennen einige:
Das Opfer unseres Leibes. Der Herr legte Seinen Leib uns zugut zum Opfer aufs Kreuz (Heb 10,5), und wir, Seine Nachfolger, folgen der Ermahnung: „Begebet eure Leiber als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer“ (Röm 12,1). Unser Leib gehört Gott (1Kor 6,19-20). Paulus hat dieses Opfer gebracht und sich als „Sklave Jesu Christi“ betrachtet. Wir singen mit dem Dichter:
Ich habe nur ein Leben, und das gehört dem Herrn. Ihm, der es mir gegeben, geb ich es willig gern.
Das Opfer für das Evangelium (Röm 15,16). Dazu hat der Apostel nicht nur andere ermahnt, sondern er selbst hat es rückhaltlos gebracht (Apg 20,24). Die ganze Welt, wie sie zu seinen Zeiten von Menschen bewohnt war, hat er mit dem Evangelium Christi erfüllt (Röm 15,19). Ja, er durfte sagen, daß er mehr als alle andern gearbeitet habe (1Kor 15,10; 2Kor 11,23). Darum durfte er auch andere in diesem Sinne ermahnen (2Thes 3,1; 1Kor 15,58). Wir haben nie das Recht, andere zu einem Opfer zu ermahnen, welches wir nicht schon selbst gebracht haben. So handeln die Pharisäer (Lk 11,46).
Ich denke gern an jenen jungen Bruder zurück, der ins Innere Afrikas kam und gleich nach seiner Ankunft die Neger mit den Worten begrüßte: „Brüder, ich bin gekommen, meine Schulden zu bezahlen.“ Ja, wir sind Schuldner des Evangeliums (Röm 1,14). Wir sind zur Mission wiedergeboren worden, ob daheim oder in der Ferne. Aber nur wenige bringen wirklich Opfer für das Evangelium, sie leben sich selbst und nicht dem Herrn. Unterlassungssünden sind nicht weniger schlimm als Tatsünden, wie Lüge, Diebstahl oder Unreinheit (Mt 25,45.46).
Die geistlichen Schlachtopfer (1Pet 2,5.9). Wenn die Opfer für das Evangelium größtenteils mit unserm Leibesleben verbunden sind, so gehen die geistlichen Schlachtopfer aus unserem Herzen hervor. Da ist des Herrn Wunsch erfüllt: „Der Vater sucht wahrhaftige Anbeter, die Ihn im Geiste und in der Wahrheit anbeten“ (Joh 4,23.24). In der Gemeinde bringen wir diese geistlichen Schlachtopfer dar, besonders beim Brechen des Brotes und in den Gebetsstunden.
Das Opfer des Lobes. „Lasset uns Gott stets das Opfer des Lobes darbringen“ (Heb 13,15). Wie einst auf dem goldenen Rauchaltar beständig der liebliche Geruch zu Gott emporstieg, so soll auch unser Lob stets zu Gott aufsteigen. Der Psalmist ermahnt sich selbst zum Lobe Gottes, und zwar mit den beiden mittleren der 31102 Verse, die die Heilige Schrift enthält; sie lauten: „Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, Seinen Heiligen Namen. Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiß nicht, was Er dir Gutes getan hat“ (Ps 103,1.2). Loben und Danken, der Mittelpunkt der Bibel, soll auch den Mittelpunkt unseres Lebens bilden (Ps 22,23.26; 116,12-14). Das tat Hiob selbst im tiefsten Elend. Er dankte nicht nur, als Gott ihm gab, sondern auch, als Er ihm nahm (Hiob 1,21; vergl. auch Ps 50,23; 69,31). Loben nennt der Apostel ,Frucht der Lippen“. Denken wir an den Lobgesang der Hanna; Dankesströme flossen aus ihrem Herzen (1Sam 2,1-10). Ebenso hat die Schrift uns die Lobgesänge von Elisabeth, Maria und Simeon aufbewahrt. Ja, nicht nur in jenem Kapitel (Lk 1) sind solche Lobgesänge zu finden, da die Frucht der Lippen reichlich fließt. Zu dieser Frucht der Lippen gehört auch das Loblied der ganzen Gemeinde; so wird u.a. Apg 2,47 ein Beispiel für das Loben und Danken in der Gemeinde angeführt. Loblieder werden durch alle Ewigkeiten vor Gott und dem Lamme erschallen (Off 5). Gotteskinder wohnen im Lobetal (2Chr 20,26).
Die materiellen Opfer (Heb 13,16). „Wohlzutun und
mitzuteilen vergesset nicht, denn an solchen Opfern hat Gott
Wohlgefallen." Wir sahen schon früher, wie überströmend reichlich die
Spenden des Volkes Israel in der Wüste flossen (
Jedes Kind Gottes ist zum Priesterdienst bestimmt. „Er hat uns gemacht zu Königen und Priestern unserm Gott“ (Off 1,6). Petrus schreibt in 1Pet 2,5.9, daß wir das königliche Priestertum sind, berufen, die Tugenden Christi zu verkündigen. Je mehr wir als heilige Priester hinter dem Vorhang weilen, um so reichlicher werden alle Opfer von uns dargebracht werden, und um so herrlicher wird der Segen sein, der in unsere Herzen zurückfließt.