Das gute Werk (Phil 1,6)
Das Werk Gottes in Philippi bzw. in der ganzen Schöpfung, die unter dem Himmel ist und in der das Evangelium verkündigt wird (Kol 1,23), ist gut. a) Wegen seines Anfanges. b) Wegen seines guten Wachstums und Fortschrittes. c) Wegen seiner sicheren Vollendung.
Paulus wusste, dass Gott in den Philippern jenes gute Werk angefangen hatte. Dieses Werk war indessen gewachsen und hatte bereits reiche Früchte getragen. Was war dieses gute Werk? Kein anderes als die eine große Neuschöpfung, die Wiedergeburt. Paulus wusste ganz gewiss, dass dieses schöne, angefangene Werk auch vollendet werden wird. Im Geiste sah er die Philipper schon wie eine geschmückte Braut vor ihrem Bräutigam, vor seinem Herrn stehen am Tage Jesu Christi. Paulus hatte nicht nur Glauben für sich selbst, nein, auch für andere; denn er schaute auf das sichere Wort. Wir müssen dieses gute Werk noch eingehender ansehen.
I. Der in euch angefangen hat das gute Werk. Wir sahen bereits in der
Einleitung, dass dieses gute Werk die Wiedergeburt des Menschen ist.
Gott hat viele wunderbare Werke vollbracht. Man denke nur an das
Schöpfungswerk (1. Mose 1 und 2) und an sein großes Werk unter Israel.
Doch das hier gemeinte Werk, die große Neuschöpfung (Eph 2,10; 2Kor 5,17), in Sünden Tote zu Söhnen und Töchtern Gottes zu machen,
übertrifft jedes andere Werk Gottes. Dieses Werk wird ein „gutes“ Werk
genannt; denn ein guter Gott vollbringt es. Es ist ein Werk zu einem
großen Zweck ( Kol 1,12) und hat ein herrliches Ziel im Auge (
II. Wie Gott dieses Werk anfängt? Sehr verschieden. Bei den
Philippern fing Gott durch Seine Knechte dort am Flüsschen Gangites an,
obwohl der eigentliche Anfang unendlich viel weiter zurückgeht (
III. Wann Gott anfängt. Zu sehr verschiedenen Zeiten, um die dritte, sechste und neunte Stunde. Bei Josia und Timotheus fing Gott sehr früh an. Einen Schächer aber rettete Er in elfter Stunde. Auch fängt das Werk sehr verschieden an. Bei der Lydia geschah es durch das sanfte Säuseln dort am stillen Wasser, und bei Zachäus durch einen leisen Wink. Ganz anders vollzog es sich beim Kerkermeister durch Sturm und Erdbeben, bei Paulus durch jenes mächtige Eingreifen vom Himmel her auf offener Straße. Der Herr kennt den Schlüssel zum Menschenherzen.
IV. Der große, wirkende Gott! Paulus kannte diesen großen, wunderwirkenden Gott (5. Mose 32,4). Vater, Sohn und Heiliger Geist vollbringen das große Werk der Neuschöpfung. Der Vater gab Seinen Sohn, der Sohn vergoss Sein kostbares Blut und der Heilige Geist versiegelte das Werk. Das ist ein köstliches Werk (Jak 1,18) und unerforschlich sind die Mittel des großen Schöpfers (Jes 46,9, 19). Paulus wusste, dass der Herr Sein Werk in den Philippern angefangen hatte. Und voll Glauben fügt er noch hinzu:
V. Der wird es auch vollbringen. Da ist nichts Unfertiges in Gottes Schöpfungswerk. Kein Grashalm, kein Tautropfen, kein Würmlein, aber auch keine Welt ist unvollendet, alles ist sehr gut. Sollte dann gar die große Neuschöpfung stecken bleiben, wie manche annehmen? Gott macht nichts Halbes wie die Menschen (Lk 14,28). Manche lehren, dass Gott wohl da und dort ein Werk im Menschen anfängt, aber dass der Mensch unter gewissen Umständen trotzdem wieder verloren gehen kann. Also bleibt etliches unvollendet! Niemals! Gott sieht das Ende schon am Anfang. Ob Gott nun einen Mann wie Pharao durch Wunder züchtigt und nicht aufhört, bis Sein Gericht an Ihm im Roten Meer vollendet ist, oder ob Er Israel aus Ägypten führt und nicht eher ruht, bis Er sie durch alle Hindernisse hindurch im Lande Kanaan sieht, Er vollendet jedes Werk. Er, der zuerst die Buße schenkt, heiligt die Seinen durch und durch bis zu höchster Vollendung. Der, der uns unter das Kreuz führte, wird uns dereinst die Krone aufsetzen. Ihm, dem großen Vollender sei die Ehre!
VI. Der Grund, auf dem des Apostels Gewissheit ruht. Wiederholt hat
der Apostel über die volle Gewissheit geschrieben (Kol 2,2;
V. Auf der vollen Gewissheit des Verständnisses ( Kol 2,2). Nicht die Gefühle sind es, die vorübergehend hoch anschwellen, sondern der Verstand, der mir sagt, dass es also und nicht anders ist.. Es ist kein Vermuten oder Hoffen, sondern ein Überzeugtsein. Unser Verständnis ruht ein für alle Male:
VI. Auf Christi gegenwärtigem Wirken. Ist Seinem vollbrachten Werk auf Golgatha doch noch etwas hinzuzufügen? Nein! Am Kreuz starb der Herr für die, die Ihn gefunden haben und verwendet sich für sie. Aus eigener Erfahrung kennt der Herr die Welt mit ihren Versuchungen und Gefahren und bittet den Vater die Seinen zu bewahren (Joh 17,11,15). Das tat der Herr damals für Petrus und heute für uns (Lk 22,32). Er ist Priester in Ewigkeit, von Gott bestellt, um die Seinen priesterlich zu vertreten (Heb 7,24,25).
Er ist auch der Seinen Fürsprecher, Advokat. In dieser Eigenschaft tritt der Herr für die Seinen ein, wenn Satan sie verklagt. Hat der Gläubige gefehlt, so ist der Herr sein Advokat (1Joh 2,1). Sache des Gläubigen ist es, dem Herrn seine Schuld zu bekennen und für die Vergebung zu danken (1Joh 1,7).
VII. Auf Seiner Verheißung. Zu all der gegebenen Sicherheit kommt
noch die Garantie Seines Wortes hinzu (Joh 10,27-29; 2Tim 2,12).
Jeder, der Jesus hat, kommt nicht in das Gericht (Joh 3,36), es gibt
keine Verdammnis mehr für sie (Röm 8,1). Er ist das Haupt und wir die
Glieder, unmöglich kann dieser Leib verstümmelt werden. Weil Er lebt, so
leben auch wir. Unser Innenleben ist also sichergestellt (
VIII. Auf der vollen Gewissheit der Hoffnung (Heb 6,11). Die Hoffnung hat es mit dem Ende, mit der Zukunft zu tun (Röm 8,25). Wir sind sicher, wenn der Herr erscheinen wird, werden wir in den vollen Besitz all dessen gelangen, was Er am Kreuz erworben hat, nämlich, dass wir Ihm gleich sein werden (1Joh 3,2) und das aufbewahrte Erbteil erlangen (1Pet 1,4). Wir haben also die volle Gewissheit bis ans Ende.
IX. Auf den Tag Christi. Wie schon ein Moses alles tat im Blick auf den Tag der Belohnung (Heb 11,26), so blickte Paulus auf denselben Tag, den Tag Jesu Christi. Der, der den verlorenen Sohn vom Trebertrog weglockte, brachte ihn auch zum köstlichen Mahl im Vaterhaus. Der Herr fängt an und vollendet. Aber das alles hinderte Paulus nicht, für die Gläubigen eifrig zu beten.
Der Tag Christi (Phil 1,6)
Die Worte "Tag Christi" oder "Tag Jesu Christi" finden wir nur bei Paulus. Was versteht er nun unter diesem Tag? Jedenfalls denkt er dabei weder an einen Tag von 24 Stunden, noch an große Zeitalter wie beim Tag des Heils und beim Tag des Herrn. Zieht man die hauptsächlichsten Stellen, die sich auf diesen Tag beziehen, wie Kap. 1, 6 und 10; 2, 16; 1Kor 3,13-15; 4,1-5 und 2Tim 4,8 in Betracht, dann erkennt man sofort, dass Paulus an eine richterliche Tagung (Gerichtsverhandlung) denkt und zwar an den Richterstuhl Christi (2Kor 5,10). Hier wird alles vor Ihm und in Seinem Lichte offenbar. "Denn der Tag wird alles klar machen" (1Kor 3,13). Und wiederum heißt es: "Denn das Licht ist es, das alles offenbar macht" (Eph 5,13). Wenn wir nun zunächst im Rahmen des Philipper-Briefes bleiben, dann wird am Tag Christi folgendes offenbar:
I. Gottes Werk in bezug auf die Gemeinde als vollendet (Vers 6). Wem aber wird es geoffenbart? Etwa Gott selbst? Das ist nicht anzunehmen, denn Er ist sich Seiner Sache durchaus gewiss. Anfang, Fortgang und Ende aller Dinge sieht Er mit einem Blick. Für den ewigen und allein weisen Gott gibt es keine Vergangenheit und keine Zukunft. Alles ist Ihm stets gegenwärtig. Wem wird dann offenbar, dass Gottes Werk vollendet ist? a) Den heiligen in Christo, bzw. den Gläubigen. Gottes Evangelium, die große Errettung (Heb 2,3), ist durch Seine heiligen Propheten zuvor verheißen worden (Röm 1,2). Sie sannen darüber nach und forschten nach und erkannten, dass sie diese Dinge für andere geweissagt hatten (1Pet 1,10). Was sie aber und auch wir je darüber in Erfahrung gebracht haben, ist doch nur ein stückweises Erkennen. Wir sehen bei aller Erkenntnis undeutlich wie durch einen Spiegel. Am Tage Christi aber werden wir Gottes Werk in höchster Vollendung schauen. Dann werden wir so erkennen, wie wir erkannt sind (1Kor 13,9-12). b) Den Engeln. Engel sind dienstbare Geister und werden ausgesandt zum Dienste um derer willen, die die Seligkeit ererben sollen. Sie haben von jeher gelüstet, in diese Dinge, bzw. in die große Errettung hineinzuschauen (1Pet 1,12). Sie haben auch stets ihrer Freude Ausdruck gegeben, wenn nur ein Sünder Buße tat. Kann man annehmen, dass ihr Gelüsten nie gestillt wird? Nein! Sie stehen vielmehr in Erwartung der Enthüllung dieser Dinge. Und wenn dereinst das Lamm inmitten des Thrones stehen wird und mit ihm die Erstlingsfrucht, und wenn es zum Thron schreiten und aus der Hand dessen, der auf dem Throne sitzt, das versiegelte Buch nehmen wird, dann wird eine Anbetung stattfinden, an der nicht nur die vier Lebewesen und die vierundzwanzig Ältesten teilnehmen werden, sondern auch alle Engel und alle Geschöpfe im Himmel, auf der Erde und unter der Erde (Off 5,9-14). c) Den Mächten der Bosheit in den himmlischen Örtern (Eph 6,12). Diese Mächte sind die erbittertsten Feinde des Evangeliums und der Gemeinde. Unser Kampf ist wider sie. Sie erblicken auch in den Heiligen in Christo ihre eigentlichen Gegner, die ihnen an den bösen Tagen widerstehen und sie zur Räumung des Feldes zwingen werden. Und wenn das Werk Gottes in bezug auf die Gemeinde am Tag Christi vollendet dasteht, dann ist das das Signal zum völligen Abbau der Macht der Finsternis.
II. Die Heiligen, bzw. die Gemeinde (Vers 10). "Wir müssen alle vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden", so schreibt Paulus in 2Kor 5,10. Hier werden die Ratschläge und all die verborgenen Beweggründe des Herzens offenbar (1Kor 4,3) und ein jeder wird sein Lob von Gott empfangen. Mögen wir darum unsern Wandel auf den Tag Christi einstellen und im Lichte dieses Tages vollführen. Dann werden wir dereinst als lauter und unanstößig dastehen und angetan sein mit der Frucht der Gerechtigkeit, die durch Jesum Christum ist (Vers 11). Wenngleich wir auch wissen, dass vor dem Richterstuhl Christi nicht über das ewige Wohl und Wehe der Heiligen entschieden wird, so wollen wir dennoch nicht den geringsten Versuch machen, den Ernst dieses Tages zu schmälern. Denn die Tatsache, dass Paulus überhaupt auf den Richterstuhl hinweist, zeigt seinen tiefen Ernst. Dieser Ernst wird aber noch durch eine weitere Tatsache unterstrichen, dadurch nämlich, dass dies gerade in den Briefen an die Korinther geschieht, deren Zustand außerordentlich zu wünschen übrig ließ. Halten wir es doch unentwegt fest im Gedächtnis, dass das Lob, das wir vor dem Richterstuhl Christi empfangen, sich nach unserm Wandel richtet und nicht nach unserer Stellung in Christo.
III. Der Apostel, bzw. der einzelne Gläubige (Vers 16). Paulus ist das Vorbild eines wahren Dieners Christi im speziellen, aber auch aller derer, die an den Herrn Jesum glauben (1Tim 1,16). Er hat sein Pfund nicht eingewickelt und beiseite gelegt, sondern er hat es vielmehr in den Dienst dessen eingesetzt, der es ihm gegeben hatte. In der Ausübung seines Dienstes hat er teilgenommen an den Trübsalen als ein guter Kriegsmann Jesu Christi. Im Ringkampf d.h. bei der Übung in der Gottseligkeit, hat er gesetzmäßig, d.h. dem Glauben gemäß gekämpft, und endlich hat er auf dem großen Ackerfeld dieser Welt bei Wind und Wetter unermüdlich gearbeitet und zwar mehr als alle andern, und dem den Glauben (die Treue) bewahrt, der ihn gerufen hatte (2Tim 2,3.6). Darum liegt ihm so viel daran, doch am Tage Christi ja nicht dazustehen wie einer, der vergeblich gelaufen und gearbeitet hat. Er rechnet damit, dass an jenem Tag auch die Philipper seine Krone sind. Ist doch der Tag Christi, bzw. der Richterstuhl Christi, ein Preisrichterstuhl (2Tim 4,8). An diesem Tag werden auch die Hirten, die die Herde Gottes freiwillig, bereitwillig und vorbildlich gehütet haben, die unverwelkliche Krone der Herrlichkeit empfangen (1Pet 5,2-4).
In der Gemeinde Gottes haben alle Glieder ihr Pfund, ihre Gabe (Eph 4,7). Das Wachstum des Leibes vollzieht sich gemäß des Mitwirkens jedes einzelnen Gliedes. Da ist kein Glied zu viel, alle haben ihren Platz und ihr Maß der Gabe empfangen. Mögen wir darum leiden, kämpfen und arbeiten und die Zeit nicht nutzlos zubringen. Wir würden sonst am Tag Christi dastehen als solche, die vergeblich empfangen oder gar mit Heu, Holz und Stroh auf den Grund gebaut haben (1Kor 3,12). Wenn das Werk jemandes verbrennen wird, so wird er Schaden leiden, er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer (1Kor 3,15). Das wäre ein schmerzlicher Verlust.