Behandelter Abschnitt Apg 25,1-12
Paulus vor Festus
Apostelgeschichte 25,1-12 „Der Gerechte muss viel leiden, aber aus allem rettet ihn der Herr.“ Das hat Paulus viel und oft erfahren. Jene Zusicherung des Herrn in Kap. 23, 11: „Du wirst auch in Rom zeugen“ stand stets vor dem Apostel wie der helle Morgenstern. Neue Gefahren drohten dem Gottesmann, aber der Herr lenkte alles nach Seinem Rat und machte die. Pläne der Feinde wieder zunichte.
Ein neuer Landpfleger. Der bisherige Landpfleger, Felix, musste Cäsarea verlassen. Er war hart verklagt worden und wurde abberufen. Wie ganz anders hätte es sein können! Gerade er, der den Weg kannte (Kap. 24, 22), ja, sogar vor dem Worte Gottes zitterte, also sehr erweckt war, musste seiner Sünde wegen seinen Posten verlassen. Anstatt mit den Sünden, auf die Paulus ihn aufmerksam gemacht hatte zu brechen, kam er nur tiefer hinein, bis er als Verbannter in Schuld, Schande und Verderben endete. Des Christen Weg dagegen ist ein herrlicher, auch wenn er, wie der des Apostels, sehr rau ist: Friede und Freude erfüllen das Herz, und das Ende ist Seligkeit beim Herrn (Phil 1,23). Felix, der genau wusste, dass Paulus unschuldig war, belastete sein Schuldkonto noch damit, dass er ihn im Gefängnis behielt. Das tat er in der Hoffnung, Geld zu bekommen und um der Günstling der Juden zu sein.
Festus wurde der Nachfolger des Felix und fand bei seinem Dienstantritt Paulus als Gefangenen vor. Festus scheint ein wesentlich geraderer Mann gewesen zu sein als sein Amtsvorgänger, obwohl auch er um die Gunst der Juden buhlte (Vers 9).
Ein Besuch in Jerusalem. Wie es üblich war, besuchte der neue Statthalter nach seiner Ankunft im Lande die Hauptstadt Jerusalem, um dem regierenden König seine Aufwartung zu machen, während Cäsarea der Sitz der Residenz des ersteren war. Seine Ankunft war bekannt, und man bereitete ihm einen fürstlichen Empfang. Festus wurde den zivilen und religiösen Behörden vorgestellt. Diese seltene Gelegenheit benützte der Hohe Rat gern, um neue Anklage gegen Paulus zu erheben. Festus wird den Apostel bis dahin kaum gekannt haben, denn so wichtig waren ihm die Gefangenen nicht. Unauslöschlich glühte der bittere Hass der Juden gegen Paulus weiter, obgleich sie seit zwei Jahren nichts mehr gegen ihn unternommen hatten. Festus kannte die Juden noch nicht, auch war er völlig unwissend in bezug auf ihre Religion und so wollten sie ihn übertölpeln. Was sie bei Lysias und Felix nicht erreichten, schien nun bei Festus möglich zu werden. Die Anklage gegen Paulus wurde sehr energisch erhoben. Dabei trat wieder die alte chronische Verlogenheit der Verkläger hervor (Vers 3). Festus sollte Paulus nach Jerusalem überführen, aber nicht um ihn dort zu verhören, sondern weil die Juden beabsichtigten, ihn schon unterwegs meuchlerisch umzubringen.
Eine neue Gerichtssitzung. Nach seinem achttägigen Staatsbesuch kehrten Festus, und mit ihm viele angesehene Juden, nach Cäsarea zurück. Festus veranlasste eine sofortige Gerichtssitzung und so wurde Paulus wiederum vor seine Richter gestellt. Zum letzten Male sollte er die gehässigen Gesichter der Verkläger sehen. Sie kamen mit vielen und harten Beschuldigungen, die sie aber nicht zu beweisen vermochten. Neues scheinen sie nicht gebracht zu haben, wie aus des Apostels Verteidigung hervorgeht. Paulus erklärte vor dem Gericht einmal mehr, dass er weder gegen die Juden noch gegen Mose oder den Kaiser gefehlt habe. Festus, der sicherlich die Gerichtsakten über Paulus vorher gelesen hatte, musste durch diese Sitzung erneut erfahren, dass Paulus weder Bande noch Tod verdiente.
Ein listiger Vorschlag. Festus, um sich bei seinen Untertanen beliebt zu machen, stellte Paulus die den Juden willkommene Frage: „Willst du in Jerusalem von mir gerichtet werden?“ Eine bestimmte Absage war die Antwort. Was im Hintergrund auf den Apostel lauerte, zeigen die Verse 3-4. Die Juden gaben Festus vor, es sei als eine besondere Gunst zu erachten, wenn Paulus in Jerusalem gerichtet würde; zumal die Untersuchung eigentlich mehr in das Bereich der Juden als in das der Römer gehöre, da die Verfehlungen des Apostels religiöser Art seien. Wäre dieser Vorschlag verwirklicht worden, so wäre Paulus auf dem Wege ermordet worden. „Ich berufe mich auf den Kaiser.“ So lautete die Antwort des Apostels. Der Richterstuhl des Kaisers war die höchste juristische Instanz des römischen Reiches und entsprach unserem Bundesgericht. Wie kam Paulus zu diesem Entschluss? Sicher nicht nur aus rein praktischen Erwägungen, sondern weil das Wort Gottes ihn leitete. Gottes Wort ist stets der beste Führer, dem wir uns in allen Lagen anvertrauen dürfen. Der Herr hatte zu Paulus gesagt: „Du sollst in Rom von mir zeugen.“ Das war klar und eindeutig. Sein Zeugnis in Jerusalem war vollendet. „Sie werden dein Zeugnis nicht annehmen“ (Kap. 22, 18). Jerusalem hätte auch ein wiederholtes Zeugnis der Apostel bestimmt abgelehnt. Zuerst wiesen die Großen in Jerusalem den Herrn Jesum selbst ab und schlugen Ihn ans Kreuz, und hernach lehnten sie den Heiligen Geist ab. Für Jerusalem gab es nur noch das Gericht. Jüdische Ungerechtigkeit und römische Unentschiedenheit mussten dazu beitragen, dass Paulus nach Rom kam und Gottes Gedanken verwirklicht wurden, obwohl sehr einflussreiche Männer mit all ihrer Gehässigkeit dem Apostel gegenüberstanden, der sich übte, vor Gott und Menschen allezeit ein gutes Gewissen zu haben. Als freundloser Gefangener war er sich seiner völligen Unschuld bewusst, an welcher auch Festus nicht zweifelte. Die Handlungsweise des Apostels war aber keineswegs im Gegensatz zu Mt 5,39 oder zu 1Kor 6,1; denn er wollte nicht mehr, als dass seine Sache geklärt werde.
Eine harte Enttäuschung. Pauli Forderung, nach Rom zu gehen, um dort gerichtet zu werden, war den Juden sicher eine bittere Enttäuschung. Damit entging Paulus völlig ihren Händen. Selbst Festus war diesem Wunsch des Apostels gegenüber machtlos, weil Paulus als römischer Bürger ein Anrecht auf den Richterstuhl des Kaisers hatte.
Festus besprach sich mit dem Rat, und nach kurzem Sichzurückziehen trat er in den Gerichtssaal mit dem Urteil: „Auf den Kaiser hast du dich berufen, zum Kaiser sollst du gehen.“ Daraufhin wird man Paulus in das Gefängnis zurückgebracht haben, und die Juden mussten nochmals unverrichteter Sache nach Jerusalem reisen. So bewahrte der starke Arm Gottes den Apostel vor den Mächtigen jener Tage, dass sie an dem Gottesknecht ihren teuflischen Vorsatz nicht verwirklichen konnten.