Behandelter Abschnitt Apg 24,24-27
Paulus vor Felix
Den genauen Inhalt der Rede des Apostels, die er vor Felix hielt, kennen wir eigentlich nicht. Wir lesen nur den Schluss, als er von der Gerechtigkeit, der Keuschheit und dem kommenden Gericht sprach. In jedem Fall führte Paulus so überzeugende Beweise ins Feld, dass Felix sich betroffen fühlte, tief erschüttert wurde und vor der Bekehrung stand. Unser Abschnitt ist in jeder Hinsicht sehr lehrreich, und wir wollen versuchen, ihn unter fünf Gesichtspunkten zu betrachten.
Der Prediger. Paulus war trotz seiner Bildung ein bescheidener, gottesfürchtiger Mann, treu und furchtlos, der kein Ansehen der Person kannte (Vers 24 bis 25). Voller Menschenfreundlichkeit und Liebe wollte er allezeit, wenn irgend möglich, etliche retten. In keiner Weise war er auf seine eigene Befreiung aus, sondern auf das Wohl seiner Zuhörer bedacht. Als unübertroffener Logiker machte er die Weisesten zu schanden, und obgleich in Banden, war er doch der freieste Mann jener ganzen Gesellschaft. Wir sehen also in ihm das Vorbild eines wahren Gottesknechtes, der sich des Evangeliums Jesu Christi nicht schämt. Und weil er es in seinem eigenen Leben mit der Sünde genau nahm (Vers 16), nahm er auch entschieden Stellung gegen sie bei andern (Vers 25).
Die Zuhörer. Unser Wort nennt nur Felix und Drusilla. Paulus war also in Privataudienz. Wer war denn Felix?
Ein Mann in hoher Staatsstellung, römischer Landpfleger über Judäa. (Der Apostel hatte zu wiederholten Malen Gelegenheit vor den Großen des Reiches zu zeugen.) Die Gesellschaft, in der Felix sich bewegte, war seinesgleichen. Sinnliche Genüsse und eine leichtfertige Lebensführung waren an der Tagesordnung. Doch finden sich diese Dinge nicht allein bei den Großen dieser Welt; die Kleinen sind hier nicht ausgeschlossen, denn die Sünde ist zu allen Menschen hindurchgedrungen. (Röm 3,23).
Ein Mann schlechten Rufes. Wie Pilatus, so war auch er ein ungerechter Richter niedrigen Charakters. Dazu glich sein Weib Drusilla in ihrem Verhalten der Herodias (Mk 6,17-29).
Die Predigt. Die Ansprachen des Apostels waren sehr verschieden. Hatte er einfache Heiden vor sich, wie in Lystra, so sprach er vom Schöpfer und Erhalter der Menschen (Apg 14,15-17). Vor den Athenern predigte Paulus vom unbekannten Gott (Apg 17). Hier, bei Felix, hatte er es mit einem untreuen Beamten zu tun, den er auf persönliche Art zu überführen und zu gewinnen suchte. Dabei hob Paulus vier Dinge hervor. Er sprach:
Vom Glauben an Christus (Vers 24). Dies ist das große Thema des rechten Predigers. Ohne Glauben ist es unmöglich Gott zu gefallen. Der Glaube an Jesus ist deshalb so wichtig, weil Sein sühnendes, auf Golgatha vergossenes Blut allein von Sünde reinigt. Da nun Felix von dem notwendigen Glauben an Christum gehört hatte, aber noch nicht wirksam genug vom Wort ergriffen wurde, redete Paulus
Von der Gerechtigkeit. In Vers 16 gibt der Apostel ein Selbstzeugnis
und sagt, er übe sich vor Gott und Menschen unantastbar dazustehen.
Solches konnte Felix von sich nicht behaupten. Ihm fehlten sowohl die
berufliche als auch die persönliche Gerechtigkeit und ein gutes
Gewissen. Durch sein zügelloses Leben kam er in Geldnöte und ließ sich
bestechen. Die Predigt des Apostels sollte aber gerade dazu angetan
sein, das belastete Gewissen des Felix zu erreichen. Er sollte sich
selbst mit Bedauern Rechenschaft geben von seinen Taten, Buße tun und
umkehren, seine Ungerechtigkeiten so weit als möglich gut machen und die
Menschen, die er etwa brotlos gemacht hatte und die in Gefängnissen
schmachteten, befreien. Felix sah sich nun entblößt, aber Ernst machte
er immer noch nicht. Immerhin hatte er von der Gerechtigkeit, die vor
Gott gilt, gehört (Röm 3,10,21-23) und war nun ohne Entschuldigung.
Die Welt der Ungerechtigkeit, in der wir sind, ist noch immer durch die
Verkündigung des zweischneidigen Wortes Gottes gestraft worden (
Von der Keuschheit. (Enthaltsamkeit). Hier mag es besonders für die unkeusche Drusilla ungemütlich geworden sein, da sie als Jüdin den Ernst des Gesetzes kannte. Allerdings wurden beide, Felix und Drusilla, durch dieses unbequeme Thema im Gewissen arg bestraft, aber tiefer ging es nicht. Der einfache Prediger redete dann weiter
Vom kommenden Gericht. Paulus, der vor dem Richterstuhl des Felix stand, führte nun plötzlich diesen Felix vor den Richterstuhl Gottes. Ob diesem Wort erschrak Felix und wurde mit Furcht erfüllt, Doch das war alles.
Der Ausgang. „Gehe hin für dieses Mal.“ Wer hätte eine so flüchtige Ausrede nach einer solchen Gewissensaufrüttelung erwartet? Warum ergab sich Felix nicht jetzt? Warum wartete er auf eine bessere Gelegenheit, die vielleicht nie wieder kam? Was hinderte ihn, seine Sünden vor Gott zu bekennen und zu bereuen, da er doch so sichtlich ergriffen war?
Felix war überführt. Er machte eine ernste Krise durch, die für sein ferneres Leben sehr bedeutsam, und für die Ewigkeit entscheidend war. Wie jener Kerkermeister in Apg 16 zitterte er, und obwohl er der Buße so nahe stand, war er doch weit von ihr entfernt. Es erging ihm wie Pharao (2. Mose 9,27,35), der auch Großes erlebte und viel von Gottes Macht und Gnade erfahren hatte, sie aber verschmähte und in der Folge ein verhärtetes Herz bekam.
Felix war unehrlich. Er hoffte aus der Gefangenschaft des Apostels ein Geschäft zu machen. Die reichen Freunde des Paulus sollten ihn loskaufen. Die Liebe zur Welt und vor allem zum Geld erstickten auch bei ihm das Wort (1Joh 2,16; Mt 13,22).
Felix wollte Menschen gefallen. Er suchte sich bei den Juden in Gunst zu setzen, indem er Paulus gefangen hinterließ. Wer Menschen gefallen will, missfällt Gott. Drusilla wird ihren Teil dazu beigetragen haben, dass Felix seine Bekehrung und die Befreiung des Apostels hinausgeschoben hat. Gottes gelegene Zeit ist „ Heute“ (2Kor 6,2; Heb 3,7-13; Ps 69,13). Wie furchtbar, erweckt zu sein, vor dem Worte Gottes zu zittern und dennoch ungerettet davonzugehen. Darum möchten wir jedem zurufen: „Eile, rette deine Seele!“