Behandelter Abschnitt Apg 22,1-16
Paulus erzählt seine Bekehrung
Die gnädige Hand Gottes und die weltliche Obrigkeit schützten den angegriffenen und schwergefährdeten Apostel auf ganz sichtbare Weise vor dem wütenden Pöbel. Auch heute ist die Zahl der Feinde des Wortes Gottes so groß, dass, wenn es in ihrer 'lacht läge, sie die Kinder Gottes arg verfolgen und ihre Zusammenkünfte untersagen würden. Wir wollen daher Gott für eine schützende Obrigkeit danken und mehr für sie beten (1Tim 2).
Die Anrede. Sie ist ein Meisterstück und zerfällt in verschiedene Teile. Eben lasen wir in Kap. 21, 40 von einer großen Stille , die eingetreten war, als Paulus, getragen von der Kraft des Heiligen Geistes, zuversichtlich die zügel‑ und führerlose Volksmenge betrachtete. Und als er zu den Juden in ihrer eigenen, ihnen so vertrauten hebräischen Mundart redete, wurde es noch stiller um ihn her (Vers 2). So ist es immer! Ruhe und Sammlung müssen dem Wirken Gottes vorausgehen; das Herz muss stille werden. Auch von seiten Gottes gab es hier Steigerungsstufen. Drüben wuchs die Wut Satans bis zum Vernichtenwollen an ‑ hier steigerte sich die Wirkung des Heiligen Geistes zu einer immer größer werdenden Stille, so dass Gottes Reden gehört wurde. „Brüder und Väter“, begann Paulus. Hätte er nicht ein volles Recht gehabt, sie als „Rebellen und Mörder“ anzureden? ‑ Gewiss, aber Liebe ging ihm vor Recht! Er hielt seine Rede mutig und furchtlos (Ps 3,7). Kein leidenschaftliches, böses Wort kam über seine Lippen. Brüder, d. h. Kinder der gleichen Familie, höret, was Gottes Forderung an uns alle ist! Väter, Repräsentanten und Eiferer des Gesetzes, lasst euch durch die Gnade und Liebe Gottes überwinden! So klang es innig und versöhnend aus den Worten des misshandelten Apostels. Er beklagte sich weder über ihr ungeziemendes Betragen, noch machte er ihnen Vorwürfe, weil sie ihn töten wollten.
Ein Rückblick auf die Vergangenheit. Paulus zeigte ihnen, was er v o r seiner Bekehrung war (Vers 1‑‑5). Dieser Teil seiner Rede musste die Brüder und Väter befriedigen. Als Jude und „Hebräer aus Hebräern“ konnte er seine Abstammung bis auf Jakobs Liebling, den Benjamin, nachweisen. Seine Erziehung erfolgte sorgfältig nach den strengsten Grundsätzen des väterlichen Gesetzes zu den Füßen des Gamaliel. Als „Saulus“ trachtete er danach (ebenso wie sie) Andersdenkende zu töten. Ja, er übertraf sie in dieser Beziehung an Eifer, und berief sich auf die damaligen Ältesten und Hohenpriester als Zeugen seiner antichristlichen Einstellung; denn sie hatten ihm die Verfolgungsvollmachten ausgehändigt.
Vor Damaskus (Vers 6-17). Paulus erzählte nun weiter, was er damals auf seiner Verfolgungsreise vor Damaskus erlebte. Hier wiederholt sich, was wir schon in Kap. 9 sahen:
Eine Erscheinung. Plötzlich umstrahlte ihn ein Licht vom Himmel und beleuchtete seinen dunklen Weg. Paulus wusste, dass Gott Licht ist. Nur das Licht von oben erleuchtet Sünder.
Die Macht des Lichtes warf ihn und seine Begleiter zu Boden. Das Licht straft die Finsternis (Joh 1,5).
Die Stimme aus dem Himmel. Wenn der Herr vom Himmel her sprach, so musste Er dort sein (Heb 12,25). Und wie war es Paulus zu Mute, als er erfuhr, dass der Redende kein anderer als der Herr selbst war. Sein Gewissen bezeugte ihm nun: Jesus lebt also doch; die Seinen haben recht, und ich bin im Irrtum. Von Stund an erkannte Paulus sich als Feind und Verfolger Gottes. Trotzdem war aber der Herr niemals sein Feind. Saulus konnte durch seine Vergehen an den Nachfolgern des Herrn nur noch das Maß seiner Sünde voll machen, bis Gott ihm Einhalt gebot und ihn selbst errettete. Die Misshandlungen als solche taten ihm umso mehr leid, da sie nicht wieder gutzumachen waren.
Die Wirkung auf die Mitreisenden. Auch sie fielen zu Boden, sahen das Licht, hörten die Stimme ‑ verstanden sie aber nicht. Die Bekehrung ist keine Massensache, sondern das Sich offenbaren Gottes an einzelnen Menschen. Furcht überfiel sie. So ergeht es allen, wenn Gott ernstlich mit ihnen redet.
Himmlischer Rat. Der Herr ließ diesen ängstlichen Sünder nicht am Boden liegen, Er richtete ihn vielmehr auf und sagte ihm, was er zu tun habe. Diesmal sandte Gott keinen Engel mit einem Schwert wie bei Bileam, der auch auf verkehrtem Wege war.
Blind und hilf los. Als er andere gefangen nehmen wollte, wurde er selbst zum Gefangenen Jesu Christi. Sein Arrest war aber nicht mit drei Tagen abgetan; er blieb lebenslänglich ein Gefangener Christi.
Ananias. Hier tat Ananias einen wunderbaren Dienst an Saulus. Es ist zwar das Licht von oben, das einen Menschen erleuchtet, aber um einen Sünder zur völligen Umkehr zu bringen, braucht Gott oft den Dienst der Menschen. Ananias öffnete dem Saulus die Augen, heilte also seine Blindheit und sagte zu ihm, Gott habe ihn aus dem Volke herausgenommen (wie einst Abraham aus Ur) und habe vor, ihn zum Zeugen Dessen zu machen, der ihm erschienen war. Zuletzt forderte Ananias den Saulus auf, sich taufen zu lassen und wartete auf seinen sofortigen Entschluss mit den Worten: «Und nun, was zögerst du?» Bekenne deinen Glauben durch diesen Gehorsamsakt! ‑ Es klingt, als sage Paulus: was hätte ich da noch anderes tun können?