Behandelter Abschnitt Apg 19,23-46
Aufruhr in Ephesus
Das Wort wuchs mächtiglich in Ephesus. Ganze Volksmengen wurden zum Herrn bekehrt. Dass Satan sich in solchen Segenszeiten besonders aufmacht, verwundert die Gläubigen nicht. Wenn Gottes Winde wehen, sendet Satan Sturm. Diesmal waren nicht die Juden die Urheber der Störungen, sondern der Silberschmied Demetrius und sein Anhang (Vers 24). Er sah, dass durch die gewaltige Erweckung sein Handwerk als Götzenfabrikant starken Rückgang erlitt, und so wollte er mit der Christenbewegung aufräumen. Der Herr aber bewahrte Sein Werk und vereitelte Satans Pläne.
Die Ursachen des Aufruhrs. Ephesus war die Stadt der „großen“ Göttin Diana. Tausende von Wallfahrern pilgerten zu der Göttin und verneigten sich vor dieser fabrizierten Majestät in ihrem Tempel. Demetrius und andere Fabrikanten mit ihm verfertigten Miniaturtempel und Bilder der Göttin Diana und verkauften sie den Pilgern als Andenken oder als Gegenstände besonderer Verehrung; wie dies bei den Katholiken noch heute Sitte ist durch den Handel mit Heiligenbildern. Diese Götzenbilder brachten vielen Handwerkern großen Gewinn (Vers 25). Der Tempel der Diana und das damit verbundene Geschäft bildeten mit den Reichtum der Stadt. Eben waren Paulus und seine Mitarbeiter nach Ephesus gekommen und öffneten den Leuten durch das Evangelium die Augen über den einzig wahren Gott, an den nun sehr viele glaubten. Begreiflich interessierten sich die Gläubigen nicht mehr für die Götzenbilder. Sie hatten sich vielmehr weggewandt von den Göttern (wie die Thessalonicher), um dem lebendigen Gott zu dienen, was aber den Götzenhändlern schwere Einbuße brachte. Deswegen lehnten sie sich auf.
Der Anstifter des Aufruhrs. Es war Demetrius. Allem nach war er der Leiter der Zunft der Silberschmiede. Nun rief er die Tempelkünstler, denen er viel zu verdienen gegeben hatte, zusammen, unterbreitete ihnen die aussichtslose geschäftliche Lage und hetzte gehörig gegen die neue apostolische Lehre, so dass sie einen nicht geringen Aufstand gegen diese Bewegung planten. Im Hintergrund stand jedoch Satan, stets bedacht, die Gemeinde Gottes zu vernichten. So wie die Sache nun lag, wies Demetrius vornehmlich auf zwei Gefahren hin.
1. Auf die Geschäftseinbuße. Damit hatte er ihr Hauptinteresse berührt. Nichts beschäftigt die meisten Menschen mehr als ihr Gewinn. So ist auch die Geldliebe die Wurzel alles Bösen.
2. Auf den Rückgang ihrer Religion (Vers 27). Die Göttin Diana stand in Gefahr ihren Platz an der Sonne zu verlieren, und dies musste verhindert werden. Geschickt hatte Demetrius ihre religiösen Gefühle erfasst und so seinen Zweck erreicht. Der größte Fanatismus war noch immer der religiöse. Die Gemüter waren aufs höchste erregt; die Hetzrede hatte gezündet und nun sollte der Ansturm losbrechen.
Der Volksauflauf. Die Handwerker gingen in die Stadt und schrien bei zwei Stunden durch alle Straßen: „Groß ist die Diana der Epheser.“ Man stelle sich den Eifer dieser Männer vor, die während zwei Stunden denselben Satz ausriefen ‑ und schließlich erreichten, was sie wünschten. Das Volk lief in Scharen zusammen und beteiligte sich an dem lauten Gebrüll, ohne eigentlich zu wissen um was es sich handelte. Einmütig stürmten sie nach dem Theaterplatz, rissen die Reisegefährten des Apostels mit sich, die sie offenbar als Mitschuldige an ihrem schlechten Geschäftsgang ansahen. Und nun erfolgte die öffentliche Anklage vor allem gegen Paulus. Dabei mussten sie, ohne zu wollen, nochmals den großen Erfolg der Evangeliumsverkündigung des Apostels hervorheben. Demetrius sagte: „Ihr sehet und höret, dass dieser Paulus nicht allein von Ephesus, sondern beinahe von ganz Asien eine große Volksmenge überredet und abgewandt hat“ (Vers 26). In den zwei Personen Paulus und Demetrius sehen wir so recht was ein einzelner eifriger Mensch vermag. Paulus konnte eine ganze Volksmenge zum Herrn führen und Demetrius eine ganze Stadt in Aufregung bringen.
Gleichzeitig tritt auch so recht die Einheit der Macht der Welt und der Finsternis hervor. Ganz Ephesus trat öffentlich für ihre Göttin Diana ein. So geschlossen sollte auch die Gemeinde des Herrn für das Evangelium eintreten und es nicht gar bekämpfen, wie das leider auch geschieht. Einigkeit macht stark' Es gilt heute mehr denn je, alle parteilichen und persönlichen Interessen aufzugeben und allein das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit im Auge zu haben.
Ein mutiger Zeuge. Als Paulus vernahm, dass jene Volksmengen nach dem Theaterplatz strömten, wollte er die Gelegenheit benützen, in ihre Mitte treten und ihnen das Evangelium verkündigen. Zugleich wird er an seine gefangenen zwei Brüder gedacht haben, die eigentlich mehr seinetwegen fortgeschleppt waren. „Suchet ihr mich, so lasset diese gehen“, sagte der Herr bei seiner Gefangennahme; ähnlich wird Paulus gedacht haben. Die Freunde des Apostels baten ihn aber, sich nicht unter das Volk zu begeben. Sie wussten wohl, dass sie den Apostel, getrieben von ihrer Leidenschaft, umbringen würden. Die Freunde vertraten gewissermaßen den Standpunkt jener Helden Davids, die auch nicht zuließen, dass ihr König gegen Ahithophel auszog, denn David war ihnen wertvoller als Zehntausende (2Sam 18,3).
Alexander (Vers 33-34). Die verblendeten, ungläubigen Juden, die in ihrem Fanatismus sich am Kampf gegen die Gemeinde beteiligten, schoben den Juden Alexander, einen gewiegten Redner, vor, um Paulus anzugreifen. Als aber die Epheser seine Abstammung erkannten, schenkte man ihm kein Gehör, weil sie die Juden hassten. Vielleicht ist dieser Alexander derselbe, den Paulus in 2Tim 4,14 nennt, den er Satan übergeben musste (1Tim 1,20).
Ein weiser Stadtschreiber (Vers 35-41). Da der Stadtschreiber (Kanzler) bis dahin die Ursache des Zusammenlaufes der aufgeregten Volksmenge gar nicht kannte, erkundigte er sich nach derselben, und wir beachten:
Seine Ruhe. Er hörte die Klage der tobenden Menge an und besänftigte sie.
Sein großer Takt. Geschickt und mit etwas Witz verstand er es ihre religiösen Gefühle zu bändigen, indem er hervorhob, dass für die Göttin Diana keinerlei Gefahr bestehe, da jedermann sie verehre und wisse, dass ihr Bild vom Himmel gefallen sei; weshalb es auch unberechtigt sei, solchen Lärm zu machen.
Seine absolute Gerechtigkeit. Der Stadtschreiber hob die Unschuld des Gajus und Aristarchus, der Reisegefährten des Paulus, hervor, und verwies die Verkläger auf dem gesetzlichen Wege vorzugehen. So konnte er die nach vielen Tausenden zählende Volksmenge befriedigt heimsenden.