Behandelter Abschnitt Apg 19,23-31
Wie ungeheuer ist die Kraft, die in diesen wenigen Worten zum Ausdruck kommt! Wie viel mehr, wenn wir bedenken, wie vollständig er das Evangelium von Christus verkündigte, und zwar nicht dort, wo Er bereits genannt wurde, sondern dort, wo die gute Nachricht noch nie zuvor hingekommen war! Es war auch eine geistliche Fähigkeit und ein Eifer, der nicht nur die himmlische Wahrheit und den ganzen Umfang der göttlichen Ratschlüsse für die Ewigkeit sowie die alttestamentlichen Prophezeiungen des Königreichs umfasste, sondern auch die alltäglichsten Dinge, die für den Frieden und die Gemeinschaft der Gläubigen, ja sogar für ihr zeitliches Wohl Tag für Tag notwendig waren. Wir sehen auch, wie er mit apostolischer Autorität den Dienst anderer anordnete, und dies um jeden Preis für sich selbst, denn gerade zu dieser Zeit sandte er zwei von denen, die ihm dienten, nach Mazedonien, nicht nur Erastus, sondern den Mitarbeiter, der seinem Herzen am nächsten stand, sein geliebtes Kind, Timotheus, während er selbst eine Weile in Asien blieb.
Um jene Zeit aber entstand ein nicht geringer Aufruhr bezüglich des Weges. Denn ein gewisser Silberschmied, mit Namen Demetrius, der silberne Tempel der Artemis machte, verschaffte den Künstlern einen nicht geringen Erwerb; und nachdem er diese samt den damit beschäftigten Arbeitern versammelt hatte, sprach er: Männer, ihr wisst, dass aus diesem Erwerb unser Wohlstand ist; und ihr seht und hört, dass dieser Paulus nicht allein von Ephesus, sondern beinahe von ganz Asien eine große Volksmenge überredet und umgestimmt hat, indem er sagt, dass das keine Götter seien, die mit Händen gemacht werden. Nicht allein aber besteht für uns Gefahr, dass dieses Geschäft in Verruf kommt, sondern auch, dass der Tempel der großen Göttin Artemis für nichts geachtet und auch ihre herrliche Größe, die ganz Asien und der Erdkreis verehrt, vernichtet wird.
Als sie aber das hörten und von Wut erfüllt wurden, schrien sie und sagten: Groß ist die Artemis der Epheser! Und die Stadt geriet in Verwirrung; und sie stürmten einmütig zum Theater und rissen die Mazedonier Gajus und Aristarchus, die Reisegefährten des Paulus, mit fort. Als aber Paulus unter das Volk gehen wollte, ließen die Jünger es ihm nicht zu. Aber auch einige der Asiarchen, die seine Freunde waren, sandten zu ihm und baten ihn, sich nicht zum Theater zu begeben (19,23–31).
Das war die neue Anstrengung des Feindes, nicht so sehr durch Juden als durch Heiden, und dementsprechend eher durch einen Appell an weltliche Begierden als durch geistliche Macht in böser Form. Trotzdem warfen religiöse Motive, so wie sie waren, auch hier einen gewissen Heiligenschein um das, was wirklich selbstsüchtig und absolut schäbig war. Es gibt auch keinen häufigeren oder dauerhafteren Trick des Feindes. Satan schafft es in dieser Welt, entwürdigenden und zerstörerischen Aberglauben mit den gegenwärtigen Interessen und der Ehre der Menschheit zu verweben. Da dies so ist, kann man sich nicht wundern, dass die Masse der Menschen am leichtesten durch das Zeugnis der Wahrheit entflammt wird, das ihre Religion und ihren weltlichen Besitz zu untergraben droht. Es ist heute im Prinzip dasselbe wie damals in Ephesus. Es fand sich leicht ein aktiver Anführer, der die Sache aufgriff und zur Flamme werden ließ. Die Handwerker und Arbeiter, die mit den silbernen Tempeln der Artemis handelten, wurden von ihrem Arbeitgeber Demetrius aufgerüttelt, der an ihre Begehrlichkeit appellierte und gleichzeitig darauf hinwies, dass die Lehre des Paulus nicht nur ihr Gewerbe, sondern auch den Verruf der großen Göttin Artemis bedrohte. Und der Appell war nicht vergeblich; das ist er nie, außer dort, wo die Gnade die Wahrheit bekanntmacht.
Der Mensch, der Gott nicht kennt, wird für nichts heftiger kämpfen als für seinen Reichtum und seine Religion. Es konnte auch nicht geleugnet werden, dass Paulus nicht nur in Ephesus, sondern auch in Asien viele Menschen von ihren Göttern und Herren überzeugt und abgewandt hatte. Es bestand kein Zweifel, dass er wirklich meinte, dass es keine Götter gibt, die mit Händen gemacht sind, dass es für uns einen Gott gibt, den Vater, „von dem alle Dinge sind und wir für ihn, und ein Herrn, Jesus Christus, durch den alle Dinge sind und wir durch ihn“ (1Kor 8,6). Wir sollen also nicht meinen, dass die Gottheit dem Gold oder Silber oder Steingleich sei, durch Menschenkunst gemeißelt. Und dieser eine Gott gebietet „jetzt den Menschen, dass sie alle überall Buße tun sollen, weil er einen Tag festgesetzt hat, an dem er den Erdkreis richten wird in Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und er hat allen den Beweis davon gegeben, indem er ihn aus den Toten auferweckt hat“ (Apg 17,30.31). So hatte Paulus bei seinem kurzen Besuch in Athen offen gepredigt; sicher war sein langer Aufenthalt in Ephesus nicht weniger fruchtbar in der ernsten Verkündigung der Wahrheit. Wir hätten uns nicht zu wundern brauchen, wenn der Silberschmied zu Beginn seines Aufenthaltes Feuer gefangen hätte. Aber die Gnade weiß, wie sie den Zorn des Menschen dazu bringt, Gott zu loben, und wie sie auch den Rest des Zorns zurückhält.
Es war aber wohl geordnet, dass der Ausbruch kommen sollte, während der Apostel noch dort war. Zwei seiner Mitreisenden wurden tatsächlich ergriffen; und Paulus wollte zu dem tobenden Volk ins Theater gehen, aber die Jünger wollten das nicht dulden. Und es ist sehr interessant, die moralische Wirkung der Lehre und des Lebens des Paulus auf einige der obersten Beamten Asiens zu sehen, von denen, obwohl sie sich von den Jüngern unterschieden, ausdrücklich gesagt wird, dass sie seine Freunde waren. Diese schickten zu ihm und baten ihn, sich nicht zum Theater zu begeben. Darüber hinaus zeigt die Schrift, dass Paulus trotz seines eigenen Mutes und seiner Gefühle diese Freunde nicht verachtete, ungeachtet ihrer Stellung, sondern dem Zureden seiner Brüder nachgab. Er, der bei passender Gelegenheit wusste, wie er auf der Erde die Macht des Himmels zur Ehre des Herrn ausüben konnte, und der mit göttlicher Autorität für die Gläubigen hier auf der Erde schrieb, bis Christus kommt, konnte sich sowohl anderen gnädig beugen als auch alleinstehen, wo dies Gott entsprach. Nur der Heilige Geist kann in dem Augenblick die Unterscheidung geben, wo das Auge allein auf Christus gerichtet ist.