Behandelter Abschnitt Apg 19,23-32
Verse 23-32 Demetrius entfesselt einen Aufruhr
23 Um jene Zeit aber entstand ein nicht geringer Aufruhr bezüglich des Weges. 24 Denn ein gewisser Silberschmied, mit Namen Demetrius, der silberne Tempel der Artemis machte, verschaffte den Künstlern einen nicht geringen Erwerb; 25 und nachdem er diese samt den damit beschäftigten Arbeitern versammelt hatte, sprach er: Männer, ihr wisst, dass aus diesem Erwerb unser Wohlstand ist; 26 und ihr seht und hört, dass dieser Paulus nicht allein von Ephesus, sondern beinahe von ganz Asien eine große Volksmenge überredet und umgestimmt hat, indem er sagt, dass das keine Götter seien, die mit Händen gemacht werden. 27 Nicht allein aber besteht für uns Gefahr, dass dieses Geschäft in Verruf kommt, sondern auch, dass der Tempel der großen Göttin Artemis für nichts geachtet und auch ihre herrliche Größe, die ganz Asien und der Erdkreis verehrt, vernichtet wird.
28 Als sie aber das hörten und von Wut erfüllt wurden, schrien sie und sagten: Groß ist die Artemis der Epheser! 29 Und die Stadt geriet in Verwirrung; und sie stürmten einmütig zum Theater und rissen die Mazedonier Gajus und Aristarchus, die Reisegefährten des Paulus, mit fort. 30 Als aber Paulus unter das Volk gehen wollte, ließen die Jünger es ihm nicht zu. 31 Aber auch einige der Asiarchen, die seine Freunde waren, sandten zu ihm und baten ihn, sich nicht zum Theater zu begeben. 32 Die einen nun schrien dieses, die anderen jenes; denn die Versammlung war in Verwirrung, und die meisten wussten nicht, weshalb sie zusammengekommen waren.
Während Paulus Vorbereitungen für seine Reise nach Mazedonien trifft, entsteht ein großer Aufruhr in Ephesus. So wie in Philippi kommt dieser Aufruhr nicht aus jüdischer, sondern aus heidnischer Quelle. Lukas beschreibt ausführlich und lebendig seinen Verlauf. Vielleicht tut er das, um zu zeigen, dass es neben einem inneren Drang, nach Jerusalem zu gehen, auch einen äußeren Anlass gab, Ephesus zu verlassen. Der Aufruhr entsteht über „den Weg“. Mit dem Weg wird hier der christliche Glaube bezeichnet, der von denen verbreitet wird, die zum Glauben an den Herrn Jesus gekommen sind. Diese Verbreitung des Glaubens geschieht nicht so sehr durch Worte, sondern vielmehr durch Taten, durch einen Wandel auf dem Weg des Glaubens.
Das Leben vieler in Ephesus hat sich dadurch, dass sie dem Herrn Jesus konsequent nachfolgen, völlig verändert. Das spürte Demetrius an seinem Portemonnaie. Durch die vielen Bekehrungen lief sein Geschäft nicht mehr so gut. Die Nachfrage nach seinen silbernen Tempelchen nahm rapide ab. Das machte seinen tief verwurzelten Hass gegen das Evangelium offenbar. Das ganze System, das ihm Wohlstand brachte, kam ins Wanken und damit auch das Ansehen, den sein Handel ihm verschaffte.
Die Tempel, die er machte, waren der Artemis, der Göttin der Jagd, geweiht. Diese Muttergöttin ist der große Gegensatz zu dem Gott der Bibel, der der Vater ist. Wir sehen hier den großen Kontrast zwischen dem Weg, d. h. dem christlichen Glauben, und dem Heidentum. Hinter den Götzen verbergen sich dämonische Mächte. Hinter dem Götzendienst verbirgt sich auch der Gott des Mammons. Bei Demetrius gehören Geld und Götzendienst zusammen.
Als er seinen Gewinn einbrechen sieht, spricht er vom wirtschaftlichen Rückgang als einer Sache, die jeden im eigenen Betrieb und bei den Zulieferbetrieben betrifft. Menschen der Welt kann man nicht härter treffen, als wenn man ihnen den Wohlstand und den damit verbundenen Luxus wegnimmt. Wenn das geschieht, gibt es ein Aufbegehren. Demetrius macht Paulus als den Schuldigen aus, weil dieser sich erkühnt hatte, zu behaupten, dass ihre Götter keine Götter seien.
Die Tempelchen sind also nicht lediglich Souvenirs, sondern Gegenstände mit religiöser Bedeutung. Damit rechnete die Botschaft von Paulus ab. Ohne sich dessen bewusst zu sein, erkennt Demetrius in seiner Anklage die Kraft des Evangeliums an. Viele müssen wohl das Evangelium angenommen haben, denn Demetrius kann sagen, dass dieses Geschäft bedroht wird (obwohl er das sicher übertrieben hat), weil seine Tempel nicht mehr solch reißenden Absatz finden.
Dann bringt er geschickt die abnehmende Verehrung der „großen Göttin Artemis“ ins Spiel. Damit verlagert er den Angriff vom wirtschaftlichen auf den religiösen Bereich. Es gibt nichts, worin ein Mensch fanatischer ist, als in seiner Religion. Wenn man ihn hier angreift, ist er empört und für Argumente nicht mehr zugänglich. Das zeigt sich unmittelbar nach seinen Ausführungen. Alle werden wütend und schreien unbändig. Sie erklären ihre Solidarität mit der Artemis der Epheser. Die ganze Stadt gerät in Verwirrung.
Doch die Verwirrung ist nicht so groß, dass ihre Wut nicht einen Ausweg suchen würde: Sie wollen die aufspüren, die ihre große Artemis beleidigt haben. Es scheint, als können sie Paulus nicht finden. Deshalb schleppen sie zwei der Reisegefährten des Paulus mit zum Theater, das gewohnheitsgemäß auch für Volksversammlungen genutzt wurde.
Paulus will sich wegen seiner Freunde, die seinetwegen mitgeschleppt worden sind, unter das Volk begeben. Doch die Jünger hindern ihn daran und halten ihn zurück. Es wäre nicht weise gewesen, das zu tun. Einige Oberste von Asien, Freunde des Paulus, unterstreichen die Richtigkeit des Vorgehens der Jünger. Sie senden eine Nachricht, in der sie Paulus dringend anraten, nicht zum Theater zu gehen. Es ist sehr mühsam, Paulus davon abzuhalten. Doch schließlich geht er nicht.
Dass auch einige Oberste Paulus wohl gesonnen waren, zeigt, was für eine gewaltige Auswirkung die Predigt des Paulus unter dem Segen des Herrn erfahren hat. Ob diese Obersten Gläubige waren, ist nicht deutlich. In jedem Fall standen sie auf seiner Seite.
In dem allgemeinen Aufruhr wissen die Menschen nicht einmal, worum es geht, sie werden einfach durch die allgemeine Stimmung mitgerissen. Wenn sich ein Mensch in der Menge befindet, ist die Gefahr groß, dass er seine Persönlichkeit verliert und damit auch die Fähigkeit, eine Situation persönlich zu beurteilen.