Behandelter Abschnitt Apg 18,12-23
Der Abschluss der zweiten Missionsreise
Kurz nachdem der Apostel durch die Vision ermuntert worden war, machten sich die Feinde auf. Eine neue Verfolgung wurde eingeleitet, doch durfte Paulus erfahren, was der Herr ihm zugesichert hatte: dass niemand ihn antasten werde, obwohl es die Gegner aufs Äußerste trieben. Es folgte nun:
Ein Gerichtsakt in Korinth. Sosthenes, der neue Synagogenvorsteher, sehr eifrig in seinem Amte, beabsichtigte die durch Paulus hervorgerufene Bewegung abzustoppen. Auch wiegelte er die Juden gegen den Apostel und gegen seine Anhänger auf, so dass in der Folge Kläger und Angeklagte vor dem Richter erschienen.
Die Anklage. „Dieser überredet die Menschen, Gott anzubeten, dem Gesetz zuwider“ (Vers 13). Gallion, der römische Statthalter, wird anderes vermutet haben ‑ etwa Auflehnung gegen den Kaiser oder sonstige revolutionäre Umtriebe. Aber mit politischen Dingen hatte Paulus nichts zu tun, vielmehr hatte er in der Synagoge die morschen Stützen bloßer Formen und Zeremonien der ungläubigen Juden für wertlos erklärt und Herzen und Gewissen aufgerüttelt. Der Mensch, der sich nicht beugt, nicht Buße tut und Jesus nicht aufnimmt, lehnt sich bekanntlich immer auf, wenn man sein Wesen antastet.
Der Richter. Gallion, offenbar ein kluger Mann, der mit einem Blick den wahren Hintergrund (Missgunst und feindliche Gesinnung) der Kläger durchschaute, wies die Verkläger ab. Er scheint sich nicht stark um religiöse Fragen gekümmert zu haben. Seine Absage war ganz berechtigt; denn göttliche Dinge gehören niemals vor weltliche Richter. Nur eins bedauern wir dabei, dass Paulus nicht zu Worte kam (Vers 14).
Der Ausgang der Gerichtsverhandlung . Für den verklagten Paulus war er ein glücklicher, ganz der göttlichen Zusicherung gemäß (Vs. 10). Anders stand es bei den Klägern. Die Proselyten aus der Synagoge lehnten sich gegen das Vorgehen der Juden auf. Sie hatten ihre boshaften Hintergründe längst erkannt. Plötzlich ergriffen sie Sosthenes, den Vorsteher der Synagoge, und verabreichten ihm eine wohlverdiente Tracht Prügel (Wenn dieser Sosthenes derselbe ist, den Paulus in 1Kor 1,1 nennt, so haben ihm die Prügel sehr gut getan.). Der Richter Gallion sah der Rauferei gleichgültig zu und kümmerte sich nicht darum. Er mag ähnlich unserm Sprichwort gedacht haben: „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.“
Der Abschied von Korinth. Nach diesem Tumult blieb Paulus noch längere Zeit in Korinth; er wirkte unbelästigt weiter und sammelte das ihm verheißene „große Volk“ sowohl innerhalb als auch außerhalb der Stadt, denn es ist auch die Rede von Kenchreä. Das Werk wuchs sehr und der Apostel überließ es den dortigen Brüdern, während er von ihnen Abschied nahm und Korinth verließ. Er kannte nur eins: Gottes Absicht und den ihm anvertrauten Dienst da zu erfüllen, wo der Herr ihn haben wollte. Paulus war sich klar, dass seine Tätigkeit in Korinth vollendet war und so zog er weiter. Daran konnte ihn keine Freundschaft und keine blühende Gemeinde hindern, obgleich sie ihm viel Freude bereitete. Paulus folgte der Leitung von oben und so sollte es bei uns allen sein.
Der Grund seiner plötzlichen Abreise. Paulus hatte ein Gelübde auf sich genommen. Das „Warum“ bleibt uns verhüllt. Er, der sonst so frei von allen jüdischen Formen und Zeremonien war und alle alttestamentlichen Gebräuche in Christo erfüllt sah; ja sogar als starker Gegner gegen diejenigen auftrat, die z. B. Gesetz und Beschneidung einführen wollten, stellt sich hier selbst unter das Gesetz. Und da das Gelübde einen Besuch im Tempel zu Jerusalem erforderte, reiste Paulus nach dort (4. Mose 11,1-21). Dieses Gelübde steht aber letzten Endes kaum im Gegensatz zu des Apostels eigener Lehre, denn er war den Juden ein Jude, um, wenn möglich, auch sie für Christus zu gewinnen (1Kor 9,19-21).
Unterwegs nach Jerusalem. Auf der Durchreise kam Paulus nach Ephesus. Aquila und Priscilla, die ihn bis dahin auf der Reise begleitet hatten, blieben daselbst; Paulus aber verabschiedete sich. Warum er die offene Tür in Ephesus ausschlug, wissen wir nicht. Die folgenden Verse zeigen noch größere Eile. Allen Einladungen entgegen, antwortete Paulus‑ „Ich muss durchaus auf das Fest“ (Vers 21). Die Juden in Ephesus scheinen ähnlicher Gesinnung gewesen zu sein wie die in Beröa, da auch sie den Apostel so gern festgehalten hätten; doch versprach er ersteren bei seinem Abschied: nach Gottes Willen sobald als möglich wiederzukommen. Nun fuhr Paulus nach Cäsarea, von wo er dann hinauf nach Jerusalem reiste und sein Gelübde erfüllte. Außer seiner dortigen Begrüßung mit den Brüdern wird gar nichts erwähnt (Vers 22). Von Jerusalem zog Paulus hinab nach Antiochien, von wo er ursprünglich zusammen mit Barnabas ausgesandt worden war.
Viel in wenig Worten. Über das, was Lukas in Vers 23 berichtet, hätten andere Berichterstatter ganze Bände geschrieben. Unterdessen waren die galatischen Gemeinden durch falsche Belehrung hart versucht und betört worden. Das ersehen wir deutlich aus dem Galaterbrief. Wie wohltuend klingt der Satz „und befestigte die Jünger“. Die vielen, die durch die judaistischen Umtriebe gefährdet waren, wurden nun wieder zur Einfalt des Glaubens an Christus allein zurückgebracht. Dies ist ein äußerst wichtiger Dienst auch in unsern Tagen, da die Irrlehren überhand nehmen und die Irrlehrer ihr Werk mit Vorliebe an Jungbekehrten oder an im Glauben noch Unbefestigten treiben. Hier tut biblische Belehrung not. Es gilt die Gläubigen von vornherein darüber zu unterrichten, welche Zwecke die Irrlehrer verfolgen, damit sie ihnen nicht zur Beute fallen.