Behandelter Abschnitt Apg 18,12-18
Während des Aufenthalts des Apostels in Korinth ereignete sich ein Umstand, der für den Heiligen Geist interessant genug war, um einen Platz in dem inspirierten Brief zu beanspruchen und so den Entwurf des Werkes fortzuführen, das Lukas zur Ausführung gegeben wurde.
Als aber Gallion Prokonsul von Achaja war, traten die Juden einmütig gegen Paulus auf und führten ihn vor den Richterstuhl und sagten: Dieser überredet die Menschen, Gott anzubeten, dem Gesetz zuwider. Als aber Paulus den Mund öffnen wollte, sagte Gallion zu den Juden: Wenn es irgendein Unrecht oder eine böse Handlung wäre, o Juden, so hätte ich euch billigerweise ertragen; wenn es aber Streitfragen sind über Worte und Namen und das Gesetz, das ihr habt, so seht ihr selbst zu; über diese Dinge will ich nicht Richter sein. Und er trieb sie von dem Richterstuhl weg. Alle aber ergriffen Sosthenes, den Synagogenvorsteher, und schlugen ihn vor dem Richterstuhl; und Gallion kümmerte sich nicht um dies alles.
Nachdem aber Paulus noch viele Tage dageblieben war, nahm er Abschied von den Brüdern und segelte nach Syrien ab, und mit ihm Priszilla und Aquila, nachdem er in Kenchreä das Haupt geschoren hatte, denn er hatte ein Gelübde (18,12–18).
Das Zeugnis ging furchtlos hinaus; die Vision erfüllte ihren Zweck. Paulus fürchtete sich nicht, sondern redete und schwieg nicht; und wenn auch viel Volk zum Namen des Herrn hervorkam, so durfte doch keiner seinem Knecht Schaden tun. Wenn nicht ein Sperling auf die Erde fällt ohne unseren Vater, wenn die Haare auf unserem Haupt alle gezählt sind, wenn der Herr selbst den vor seinem Vater bekennen wird, der den Sohn vor den Menschen bekennt, so gibt es Grund zu gutem Mut, nicht zu Menschenfurcht. Und die Ohnmacht der am meisten Verärgerten wurde auf unerwartete Weise und an unerwarteter Stelle bewiesen, aber nicht ohne den Herrn.
Gallion war bekanntlich einer der liebenswürdigsten Männer. Keiner der Sterblichen“, sagte der berühmte Seneca über ihn, „ist so lieb zu einem Menschen, wie er zu allen Menschen“. Dies drückte zweifellos die bewundernde Zuneigung eines Bruders aus; aber der allgemeine Charakter des römischen Statthalters ist unbestreitbar. Und die Juden hofften, durch sein nachgiebiges Temperament und seine Anerkennungsliebe gegen das kompromisslose Zeugnis des einen wahren Gottes, des Vaters, und des einen Herrn Jesus Christus für ihre erbitterte Feindschaft zu profitieren. Aber die Bosheit besiegt sich selbst gegen die Gnade und die Wahrheit, wann immer es Gott gefällt, sie so zu ordnen; und hier, da Er deutlich versprochen hatte, mit Paulus zu sein und dass niemand ihn verletzen sollte, geschah es auf eine Weise, die sich auffallend von den Erfahrungen des Apostels anderswo unterschied.
Es mag gut sein, noch einmal die genaue Stellung von Gallion zu bemerken. Er war Prokonsul von Achaja. Das ist umso bemerkenswerter, als die Provinz sowohl unter Tiberius als auch unter Caligula kaiserlich gewesen war und somit unter der Autorität eines Prokonsuls stand. Claudius, der regierende Kaiser, hatte Achaja wieder dem Senat unterstellt, was den Wechsel der früheren Regierung zu der eines Prokonsuls bedeutete. Daher spricht Lukas zu dieser Zeit genau genommen nicht von einem Proprätor, sondern von einem Prokonsul. Wir sahen einen ähnlichen Fall bei Sergius Paulus, dem Prokonsul von Zypern, das, wie Achaja, unter kaiserlicher Autorität gestanden hatte, aber danach in den Senat überführt wurde und somit prokonsularisch wurde. Der inspirierte Geschichtsschreiber hat sich in diesen Details nicht geirrt, wo dies sehr leicht möglich gewesen wäre, wenn er nicht unter göttlicher Führung gestanden hätte, und zwar umso mehr, als die frühen Christen sich offensichtlich von jeder Einmischung in die politische Verwaltung fernhielten. Aber wir sind berechtigt, in der Schrift nach der Wahrheit in kleinen und großen Dingen zu suchen; und diese sollte man erkennen, indem man ihre Bedeutung so genau wie möglich wiedergibt.
In der Tat hatte man angenommen, dass Lukas sich zumindest in einem dieser Fälle geirrt habe, indem er den Begriff irrtümlich nach dem Stand der Dinge anwandte, der vor der Übergabe an den Senat bestanden hatte, bis eine Stelle in einem nicht allgemein gelesenen Geschichtsschreiber gefunden wurde, die die Änderung bestätigte, und Münzen mit dem neuen Titel machten es noch deutlicher. Hätte es keine Münzen, keine Aussage in Dio Cassius gegeben, wären fremde Beweise ausgefallen, und doch wäre die Wahrheit in der Schrift ganz gleich geblieben: Nur hätten selbst Christen gezittert, weil die Geschichte nicht zur Unterstützung der Schrift sprach. Es ist ein solcher Unglaube, der so beklagenswert ist, und dies nicht nur unter Heiden und Juden, sondern unter den Getauften. Aber wie traurig, dass Menschen, die den Namen tragen, in einem Augenblick von menschlichen Zeugnissen beeinflusst werden, nachdem sie ihre Bereitschaft gezeigt haben, zu zweifeln, selbst wenn sie das inspirierte Wort dafür hatten! Kann etwas deutlicher zeigen, dass die Menschen von Natur aus Gott und seinem Wort misstrauen? Diese Dinge sollten nicht so sein.
Als aber Gallion Prokonsul von Achaja war, traten die Juden einmütig gegen Paulus auf und führten ihn vor den Richterstuhl und sagten: Dieser überredet die Menschen, Gott anzubeten, dem Gesetz zuwider“ (V. 12.13). Gallion durchschaute den Fall in einem Augenblick, und dass er keiner Verteidigung bedurfte. Das Gesetz bedeutete in ihrem Mund das Gesetz Moses. Das genügte dem Römer, dessen Stolz um seiner selbst willen erregt war. „Als aber Paulus den Mund öffnen wollte, sagte Gallion zu den Juden …“ (V. 14). Er hatte genug gehört, um sicher zu sein, dass weder das staatliche Gesetz, noch die öffentliche Moral, noch die privaten Rechte verletzt worden waren, und es war nicht seine Sache, weiter nachzufragen. Die Verachtung, die den Juden allgemein entgegengebracht wurde, bestärkte ihn zweifellos in seiner Entscheidung, von der der Angeklagte profitierte. Seine liebenswürdige Gleichgültigkeit wollte nicht mit dem, was der Apostel zu sagen hatte, behelligt werden. Religiöse Ansichten oder die Anbetung Gottes, als eine Frage zwischen den Juden und einem, den sie tadelten, betrafen weder ihn noch sein Amt; Gott war in keinem seiner Gedanken, und er zog es vor, nichts mehr zu hören.
Die Zeit würde kommen, wenn die Diener Christi um seinetwillen vor Statthalter und Könige gebracht werden würden, zum Zeugnis für sie und die Heiden, wenn ihnen in jener Stunde gegeben werden würde, was zu sagen war. Hier war es nicht die Zeit zum Reden, obwohl Paulus vor dem Richterstuhl angeklagt war. Der Herr schützte die Interessen des Evangeliums und seines gesegneten Zeugen, indem Er vorsorglich die nachlässige Liebenswürdigkeit des Richters einsetzte; der gewiss keiner wirklichen Parteilichkeit für den Apostel beschuldigt werden konnte, und noch weniger, wenn er Ansichten vertrat, die denen seines philosophischen Bruders ähnlich waren. Senecas Stoizismus war ebenso weit davon entfernt, den Glauben und die Demut des Christen zu würdigen, wie die Offenbarung des Vaters und des Sohnes oder das ewige Leben und die Erlösung, die der Heilige Geist nun dem Gläubigen bekanntmacht hatte, zu empfangen.
Der Römer überließ es den Juden, ihre religiösen Fragen auf ihre eigene Weise zu regeln. Gallion lehnte es ab, sich dazu zwingen zu lassen, er hatte keine Lust, über diese Dinge zu urteilen. „Wenn es irgendein Unrecht oder eine böse Handlung wäre, o Juden, so hätte ich euch billigerweise ertragen; wenn es aber Streitfragen sind über Worte und Namen und das Gesetz, das ihr habt, so seht ihr selbst zu; über diese Dinge will ich nicht Richter sein. Und er trieb sie von dem Richterstuhl weg“ (V. 14–16). Der Freundlichste und Höflichste kann verächtlich genug sein, wenn es um die Wahrheit geht, von der er nichts weiß. Auch wenn keine körperliche Gewalt angewandt wurde, so ist doch zumindest eine gewisse Unnachgiebigkeit angedeutet.
Ein solches Verhalten eines so hochgestellten Beamten würde unweigerlich auf ein beeinflussbares Volk wirken, das die vorherrschende Verachtung der Heiden gegenüber den von ihrer Beute enttäuschten Juden teilte. Es ist nicht nötig zu spezifizieren, dass „alle Griechen“ waren, die den prominenten Juden, der sich in dem Fall beschwerte, angriffen, obwohl es eine große und gute Autorität für diesen Zusatz gibt, der im Text übernommen wurde. Sicherlich widerlegt sich die Lesart einiger Kursiven, die den Angriff „allen Juden“ zuschreibt, selbst als an sich wertlos und absurd. Wäre nicht Sosthenes, sondern Krispus das Ziel der Feindseligkeit gewesen, könnte man eine solche Lesart verstehen. Aber Sosthenes scheint Krispus in diesem Amt nachgefolgt zu sein, ohne dass es einen Hinweis auf seine Bekehrung gegeben hätte, obwohl er der gewesen sein könnte, von dem später als Bruder gesprochen wird. Die beste, wenn auch nicht die am besten beglaubigte Variante ist die, die sich in den sinaitischen, alexandrinischen und vatikanischen Unzialen und einigen der ältesten Versionen findet. Diese Zeugen sagen einfach, dass sie „alle“ Sosthenes, den Vorsteher der Synagoge, festhielten und ihn vor dem Richterstuhl schlugen, und dass Gallion sich nicht um die Angelegenheit kümmerte. So hat Gott in seiner Vorsehung den böswilligen Angriff der Juden auf Paulus zunichtegemacht, während er die ungläubige Leichtigkeit des Gallion offenbarte.
Interessant ist auch, dass der Apostel Korinth nicht sofort verließ, denn das Scheitern der Juden vor dem Statthalter gab ihm tatsächlich Freiheit. Und Paulus, der noch viele Tage geblieben war, nahm Abschied von den Brüdern und segelte von dort nach Syrien „und mit ihm Priszilla und Aquila, nachdem er in Kenchreä das Haupt geschoren hatte, denn er hatte ein Gelübde“ (V. 18). Während seines Aufenthaltes in Korinth schrieb er die beiden Briefe an die Thessalonicher, mit einer kurzen, aber ausreichenden Pause dazwischen, um zu zeigen, welches Unheil den Gläubigen in kurzer Zeit widerfahren konnte, so dass die irren, die meinen, dass der Irrtum erst nach Jahrhunderten eintreten konnte. So war es auch, wie wir wissen, unter den Versammlungen in Galatien auf eine fatalere Art und Weise und bei einem Thema, das noch grundlegender war. Und beide Anlässe waren dort, wo die Gläubigen den unschätzbaren Vorteil einer apostolischen Pflanzung hatten, die Rom ebenso wenig hatte wie andere Orte, die sich ebenfalls stolz wie mit dürftigem Grund rühmten. In der Tat sollte Korinth sogar die gleiche Anfälligkeit zeigen, in die Irre zu gehen, wenn auch hauptsächlich in gemeindlicher Wahrheit und Ordnung, wenn auch keineswegs darauf beschränkt, und doch hielt sich Paulus dort viele Tage vor der Anklage an Gallion auf, und, wie uns gesagt wird, „noch viele Tage“ danach. Aber schließlich verabschiedete er sich von den Brüdern und segelte von dort nach Syrien, und mit ihm seine geliebten Mitarbeiter Priscilla und Aquila.
Es gibt eine Klausel am Ende von Vers 18, die Anlass zu Diskussionen gegeben hat. Die Alten scheinen nicht daran gezweifelt zu haben, dass es sich um Paulus selbst handelt, da die vorangehenden Worte in Klammern stehen. Andere, besonders in letzter Zeit, wie Wieseler und Meyer, waren eher bereit, das Gelübde und die Rasur des Kopfes Aquila zuzuschreiben. Aber der große Apostel ging weit in der Einhaltung und in der Herablassung zu jüdischen Formen in bestimmten Umständen, die die Gnade des Evangeliums unberührt ließen. Es war der Versuch, den gläubigen Heiden das Gesetz aufzuzwingen, der einen Sturm der Gefühle und unwiderstehliche Argumente hervorrief, da in der Tat seine ganze Seele mit brennendem Eifer gleichzeitig für das Kreuz seines Meisters und für die Freiheit derer, die durch diesen Versuch gefährdet waren, beschäftigt war. Einige Alte, nicht nur die äthiopische Version, gaben zwar den Sinn, dass mehr als einer das Haupt nach dem Gelübde schor; aber ich sehe keinen hinreichenden Grund, daran zu zweifeln, dass es Paulus war; denn er ist der, der vor dem Auge des inspirierenden Geistes steht, und nicht etwa Aquila.
Nicht nur, dass Paulus in Kenchreä das Haupt geschoren wurde, und das als ein Gelübde, sondern wir sollten aus dem nachfolgenden Bericht, wenn nicht aus dem unmittelbaren Zusammenhang, schließen, dass es vom Geist war, der diese Tatsache als wichtig für uns offenbart, um sie in dem Bericht zu beachten, den er von diesem gesegneten Mann und seiner Arbeit gibt. Nicht, dass wir daraus schließen sollen, dass Paulus mit seinem Handeln auf dem Höhepunkt der ihm gegebenen neuen Offenbarungen Christi war, sondern dass er zusammen mit diesen mit gutem Gewissen so handelte. Er war Apostel der Nationen und Diener der Versammlung, aber er war auch, wie er sagte, ein Pharisäer, ein Sohn von Pharisäern, der auch danach noch für sein Volk sich Almosen und Opfergaben auflud und im Tempel gereinigt gefunden wurde. Die Gnade brachte ihre neuen und bisher nicht offenbarten Wunder in Christus und in der Versammlung zur Ehre Gottes zum Vorschein; aber der am tiefsten gelehrte und völlige ausgestattete Zeuge der himmlischen Wahrheit liebte von Herzen das alte Volk Gottes und vergaß nie, dass auch er ein Israelit war, aus dem Samen Abrahams, aus dem Stamm Benjamin; und das nicht nur in den Grenzen Jerusalems und des Landes, sondern, wie wir hier sehen, unter den Griechen. Das ist oft eine große Schwierigkeit für die, die vom Geist und den Gewohnheiten des traditionellen Christentums durchdrungen sind, aber es ist so, weil sie logisch sind und wären, wo der Heilige Geist in den vom Herrn Geehrten die Dinge so gibt, wie sie waren. Vorurteile und Befangenheit lassen sich nicht so schnell abschütteln, auch dort nicht, wo wir einen wahren Israeliten sehen, in dem keine Arglist ist. Der Herr geht mitfühlend mit einem wahren Herzen um, wo ein kalter Verstand nur eine Ungereimtheit erspähen kann; aber der kritisierende Verstand könnte diesem Herzen nicht einen Augenblick lang folgen, weder in seinem eifrigen Dienst noch in der geistlichen Kraft und Stärke, die den Dienst zur Ehre des Herrn kennzeichnet. Wir werden sehen, dass noch mehr von ähnlichem Charakter folgt, was in der inspirierten Aufzeichnung unbestreitbar auf keinen Geringeren als den Apostel hinweist.