Behandelter Abschnitt Apg 17,1-9
Die Apostel in Thessalonich
In diesem Kapitel führt Lukas seinen Freund Theophilus brieflich an drei weitere Orte, nämlich nach Thessalonich, Beröa und Athen, wo die Apostel das Evangelium mit großem Erfolg predigten. Was in den zwei weiter genannten Städten, Amphipolis und Apollonia geschah, wird nicht gesagt. Immerhin ließen sich die Apostel trotz vielen Misshandlungen in ihrem Auftrag: das Evangelium zu verkündigen, nicht hindern (1Thes 2,2). Nun waren sie etwa um das Jahr 49 in Thessalonich, dem heutigen Saloniki, angelangt. Die beiden Thessalonicherbriefe sind erquickend und zeugen von so herzlicher Gemeinschaft, dass es jeden Leser interessieren muss, näheres über die Entstehung jener Gemeinde zu erfahren. Thessalonich war eine bedeutende und reiche Handelsstadt und zählte damals an die 70 000 Einwohner.
Die Anfänge von Thessalonich. Die Apostel kamen von Philippi, wo sie misshandelt worden waren. Wie üblich, besuchten sie auch hier die Synagoge der Juden und verkündigten das Evangelium während drei Sabbaten. Nach Phil 4,15-16 scheinen sie allerdings länger als drei Wochen dort gewesen zu sein; denn die Philipper schickten Paulus zweimal Gaben nach Thessalonich. Um aber niemanden beschwerlich zu werden, arbeiteten die Apostel mit ihren Händen Tag und Nacht (1Thes 2,9; 2Thes 3,8). Paulus selbst hatte seine Wohnung bei einem Verwandten namens Jason (Röm 16,21).
Empfehlenswerte Gewohnheiten. Paulus machte es sich zur Regel: am Sabbat zur Synagoge zu gehen und den Gottesdiensten beizuwohnen. Das war auch Lebensregel bei unserm Herrn (Lk 4,16) und war ferner die Sehnsucht der Väter (Ps 84). Leider ist das bei vielen, die sich gläubig nennen, nicht der Fall. Dies ist bestimmt ein großes Unrecht und dem Herrn missfällig. Paulus aber ging unter allen Umständen zum Gottesdienst, obwohl er so manches Mal hinausgeworfen wurde. Hätten wir es auch so gemacht?
Er bediente sich überall der Schrift. Aus ihr schöpfte er seine Belege, um den Juden zu beweisen, dass Jesus der verheißene Messias sei. Auch hierin ahmte er den Herrn nach (Lk 24,27,32). Und diese heilige Kunst sollte Gemeingut aller Kinder Gottes sein.
Stets verkündigte er die Grundwahrheit, die zur Rettung des Menschen
nötig ist, nämlich den Glauben an den Tod und an die Auferstehung Jesu
Christi. Zugleich bezeugte er, dass der Tod Christi die Erfüllung der
Schrift und der Ratschlüsse Gottes bezüglich Seines Sohnes sei. Nicht
durch das Blut von Böcken und Stieren konnte Sühnung geschehen, sondern
allein durch das Blut Jesu Christi (2Kor 5,21; Kol 1,14;
Paulus hat in der Wortverkündigung auch viel von der Wiederkunft Christi geredet. Beide Thessalonicherbriefe sind voll von dieser Wahrheit. Die Behauptung, die Wiederkunft Christi sei eine Wahrheit nur für erfahrene Gläubige, stimmt also nicht, denn der erste Thessalonicherbrief ist knapp ein Jahr nach der Bekehrung der Thessalonicher geschrieben worden. Wir alle wollen Pauli Gewohnheiten zu den unsern machen. Wenigstens am Sonntag unfehlbar die Versammlungen besuchen; uns der Schrift in unserm Zeugnis bedienen und damit die Gegner zum Schweigen bringen. Tod, Auferstehung und Wiederkunft Christi müssen der Inhalt unseres Zeugnisses sein.
Die Wirkung der Evangeliumsverkündigung in Thessalonich (Vers 4). „Etliche der Zuhörer glaubten.“ Es waren wohl zunächst Zuhörer aus den Juden, die dem Zeugnis der Schrift Gehör schenkten. Wie fast überall, so waren auch in Thessalonich viele Proselyten, die des Götzendienstes und der damaligen Philosophie müde waren und sich zum Worte Gottes wandten. Viele dieser Zuhörer, und viele vornehme Frauen wurden bekehrt. sollten sie noch die große freudige Überraschung erleben, dass Thessalonich zu einem geistlichen Zentrum wurde. Von den Thessalonichern aus drang das Evangelium durch ganz Mazedonien und Achaja. Allen Gläubigen jener Gegend waren sie zu Vorbildern geworden (1Thes 1,8). Das muss für die Apostel eine große Ermunterung und Freude gewesen sein. Doch in Thessalonich sollten sie auch noch anderes zu spüren bekommen, nämlich:
Die Wut Satans. Wo der Geist Gottes wirkt, macht sich Satan auf. Das haben die Apostel nun auch wieder in Thessalonich erfahren. Wie anderorts, regte sich auch hier bei den Juden bitterer Neid. Als sie den großen Erfolg sahen, dass so viele der Predigt des Apostels glaubten und sich im Namen Jesu versammelten, wurden sie mit Wut erfüllt. Die ungläubigen Juden hier benahmen sich genau so feindselig, wie die in Antiochien (Apg 13,50), lkonium (Apg 14,2) und Lystra (Apg 14,19). Beachten wir ihr boshaftes Vorgehen.
Sie gesellten sich zum Gassenpöbel und zettelten mit ihm einen Aufstand gegen die Apostel und die Gläubigen an. Gemeinsam stürmten sie das Haus des Jason, in der Hoffnung, die Apostel ergreifen zu können. Da sie sie nicht fanden, schleppten sie Jason und einige andere verantwortliche Brüder vor die Obersten der Stadt, erhoben boshafte, falsche Anklagen gegen sie und behaupteten, sie seien:
U n r u h e s t i f t e r . „Diese, welche den Erdkreis aufwiegeln, sind auch hierher gekommen.“ Da Jason sie beherbergte, machten sie ihn verantwortlich. Im gewissen Sinn waren die Apostel Unruhestifter, doch nicht auf politischem Gebiet. Im Gegenteil! sie waren der Obrigkeit gehorsam. Der Herr sagt: „Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“ Die Hauptanklage der Gegner lautete auf:
V e r r a t . Dies klang sehr schwerwiegend. „Sie handeln gegen die Verordnungen des Kaisers.“ Da die Apostel die Sünde und den Götzendienst mit Namen nannten, verstießen sie gegen die landesüblichen Gebräuche. Wer vor allem die religiösen Unsitten angreift, schafft sich bittere Feindschaft bei denen, die nicht davon loslassen wollen. Ferner verdächtigte man sie:
Der Revolution. „Sie sagen, ein anderer sei König, nämlich Jesus.“ Die Apostel verkündigten allerdings in der Synagoge: Jesus sei der König I s r a e 1 s , und dies nahmen nun die Gegner zum Vorwand, als hätten die Apostel gegen den römischen Kaiser geredet. Kinder Gottes sind nie revolutionär; sie beten vielmehr für die Obrigkeit.
Die Flucht des Apostels Paulus. Für ihn gab es nur einen Weg; eiligst davon zu gehen. Dieses hatte übrigens der Herr befohlen (Mt 10,23). Paulus floh wohl aus einer Stadt in die andere, aber nie aus dem Werk. Nie gab er seine große Mission auf. Nun kam er nach Beröa und wohnte bei Sopater, der später sein Begleiter wurde (Apg 20,4).