Behandelter Abschnitt Mt 13,1-2
Die Geheimnisse des Himmelreiches. Mt 13.
Selten ist in ein Kapitel der Heiligen Schrift so viel hineingelesen worden, wie in dieses, und meistens gerade das Gegenteil von dem, was der Herr lehren wollte. Natürlich unbewußt. Wir wollen versuchen, in die Geheimnisse des Reiches der Himmel, die hier in 7 Gleichnissen gelehrt werden, hineinzudringen.
I. Die Geheimnisse.
Die Schrift redet von zwölf verschiedenen Geheimnissen, diese sind folgende:
1. Die Geheimnisse des Reiches der Himmel (Mt 13).
2. Das Geheimnis des Glaubens (1Tim 3,9).
3. Das Geheimnis der Gottseligkeit (1Tim 3,16).
4. Das Geheimnis der Gottheit (Kol 2,2, 9).
5. Das Geheimnis des Evangeliums (Eph 6,19).
6. Das Geheimnis der sieben Sterne und Leuchter (Off 1,20).
7. Das Geheimnis der Verwandlung (1Kor 15,51).
8. Das Geheimnis der Verstockung Israels (Röm 11,25).
9. Das Geheimnis der großen Hure (Off 117,5).
10. Das Geheimnis der Gesetzlosigkeit (2Thes 2,7).
11. Das Geheimnis Gottes (Off 10,7).
12. Das Geheimnis Seines Willens (Eph 1,9).
Der Ausdruck "Geheimnis" will nicht sagen etwas Mysteriöses, Geheimnisvolles, sondern etwas, das außerhalb des allgemeinen Wissens liegt, und das nur durch göttliche Offenbarung zur bestimmten Zeit erkannt wird (Kol 1,26). Scofield sagt: "Ein Geheimnis ist eine früher verborgene Sache, nun aber geoffenbart, in der jedoch etwas Übernatürliches, trotz göttlicher Offenbarung, liegt."
II. Königreich der Himmel, oder Reich der Himmel.
Diesen Ausdruck finden wir nur bei Matthäus. Er kommt etwa 32 mal vor. Matthäus stellt dieses Reich in 3 Phasen dar.
1. Durch Johannes den Täufer und den Herrn selbst. Beide bezeugen, daß das Reich der Himmel nahe gekommen sei (Mt 3,2; 4,17). Der König, der Messias, war in ihre Mitte getreten, und bekräftigt durch viele Zeichen und Wunder, wurde Israel durch den Ruf zur Buße eingeladen, in dieses Reich einzugehen. Dieser Bußruf währte von den Tagen des Täufers bis zu Kap. 12, daraus hervorgeht, daß Israel nicht Buße tat, sondern seinen König verwarf, ja sogar Jesu Wunder als teuflisch hinstellte (Kap. 12, 24).
2. Das Reich der Himmel in seiner gegenwärtigen Form, während welcher Zeit der König vom Volke Israel und seinem Land abwesend ist. Diese Form wird in den sieben Gleichnissen gezeigt, die die gegenwärtige Haushaltung darstellen. Sie dauert von der Verwerfung Christi durch Israel, bis zu Seiner Wiederkunft auf den Ölberg mit den Seinen.
3. Das Reich der Himmel, in seiner von den Propheten geweissagten Form, während der Herrschaft Christi im Millennium. Dann wird Israel die Buße getan haben, die es schon in den Tagen des Täufers hätte tun sollen. dann wird es den Durchstochenen erkennen, und in das Reich eingehen.
III. An jenem Tage (Vers 1).
An welchem Tage? In den Tagen der Geschehnisse von Kap. 12. Darin und zuvor sehen wir, wie Israel seinen König ablehnt. Alle Wunder und Zeichen hatten, wie bei Pharao, nur dahin geführt, ihr Herz zu verstocken. Furchtbar muß Jesus die Städte schelten (Kap. 11, 20 ff.), in denen Er so große Zeichen getan hatte. Sie aber taten nicht Buße und nahmen Ihn nicht an. Jene Tage waren der größte Wendepunkt in der Geschichte Israels. Offen trat diese Wendung erst mit der Zerstörung Jerusalems hervor, innerlich hingegen schon durch die Tatsache, daß Er Israel mit diesem Kapitel verläßt.
IV. Wer sind meine Brüder?
So fragte der Herr in Kap. 12, 46-50, als Seine Verwandten Ihn suchten. Auch sie glaubten nicht an Ihn; denn sonst wären sie Ihm nachgefolgt, später durften sie Ihn erkennen. Der Herr war in Israel (Sein Eigentum) gekommen, aber Israel nahm Ihn nicht auf. So viele Ihn aber aufnahmen, und dabei weist Er auf Seine Jünger hin, die an Ihn als den Messias glaubten, diese sind Seine Brüder. Israel, das zu Ihm in so naher Beziehung wie Bruder und Schwester, stand, verscherzte das Vorrecht. Leser, bist du des Herrn Bruder geworden? Wie man das wird, sagt uns Joh 1,12. Israel verschmähte diese Gnade. Es verschmähte Jesus, das Licht der Welt, und so wurde Sein Auge (Bild der Erkenntnis) verfinstert.
V. Eine beachtenswerte Bewegung.
Vers 1 zeigt uns, wie der Herr das Haus (Israel) verläßt und hinaus an den See geht. Unter dem Bilde des Sees oder Meeres versteht die Schrift die Völkerwelt. Jesus mußte Sein Volk verlassen, weil es Ihn verwarf. Nun sollte das Evangelium der Völkerwelt angeboten werden. Was auch geschah; zuerst im Hause des Kornelius und dann durch den Dienst des Apostels Paulus. Jesus verläßt aber das Haus nur vorübergehend, wie dieses Kapitel zeigt, später aber kehrt Er in dasselbe zurück. So wird Jesus zu Seinem Volke, Israel, zurückkehren, das Ihn dann erkennen wird, wie Ihn die Jünger erkannt haben. Inzwischen düngt und gräbt Er noch um den Feigenbaum, bis Er das Haus Israel endgültig verläßt, ob es nicht doch noch Frucht bringe? Dieses Graben ist reichlich an Pfingsten geschehen. Als aber Israel bei der Steinigung des Stephanus den Heiligen Geist verwarf, hörten alle Bemühungen um Israel, als Volk, auf. Die Apostel wandten sich zu den Nationen (Apg 10). Da Israel den Herrn nicht aufnahm, mußten Ihn die Himmel aufnehmen, wo Er jetzt weilt, bis daß die Vollzahl aus den Nationen eingegangen sein wird, und dann wird Er wiederum zum Hause Israel zurückkehren und ihr König sein.
Die Bedeutung der Gleichnisse. Mt 13.
Wir sahen bereits, daß die sieben Gleichnisse dieses Kapitels in den religiösen Zustand der gegenwärtigen Weltzeit hineinführen. Sie bilden die Zeitspanne von jenem Tage, da der Herr sie aussprach, bis zu Seinem Kommen auf den Ölberg, mit Seinen Heiligen. Dann wird Er das Reich unter Seinem alten Volke aufrichten und, wie es der Herr in den Versen 40-43 zeigt, ihm Seinen völligen Abschluß durch die Ernte geben. Ehe wir die Gleichnisse im einzelnen betrachten, wollen wir noch zuvor einen Überblick über dieselben geben.
I. Die vollkommene Zahl der sieben Gleichnisse.
Sieben ist die Zahl der Vollkommenheit, des abgeschlossenen Ganzen. Wir begegnen dieser Zahl sehr oft, besonders in Verbindung mit der Prophetie. Man denke nur an das Buch der Offenbarung. Auch in den sieben Gleichnissen haben wir eine große Weissagung über die Vorgänge in der Welt, während noch Satan ihr Fürst und Gott ist.
II. Die Teilung der Gleichnisse.
Der Herr teilt sie in vier und drei. Die ersten vier spricht Er zu der Volksmenge und die restlichen drei zu Seinen Jüngern, nachdem Er die Volksmenge entlassen hatte. Die letzten drei haben tiefere Bedeutung. Sie sind Gleichnisse für die Seinen allein; denn sie sind die Geheimnisse des Volkes Gottes.
Eine weitere Einteilung ist folgende:
1. Der Säemann, der ausgeht, um den Samen auszustreuen.
2. Das Unkraut im Weizen. Hier sehen wir die sofortige Nachahmung des Echten durch das Unechte. Kaum hat der Herr gesät, da naht schon der Feind mit dem Unkraut. Das Säen des Unkrauts geschah besonders nach dem Heimgang der Apostel. Diese zwei Gleichnisse beziehen sich auf den Anfang des Reiches der Himmel.
3. Das Senfkorn bezieht sich auf die äußere Entwicklung dieses Reiches, es wird zu einem mächtigen Baum.
4. Der Sauerteig zeigt dieselbe Entwicklung nach Innen, nämlich die Fortschritte des Bösen innerhalb dieses Reiches.
5. Der Schatz im Acker stellt Israel in der gegenwärtigen Zeit dar. Israel (besonders die zehn Stämme) ist verborgen, wird aber vom Herrn zu Seiner Zeit gehoben.
6. Die köstliche Perle. Schatz und Perle zeigen uns Gottes irdisches und himmlisches Volk inmitten der bekennenden Christenheit. Beide sind Ihm so wertvoll, daß Er Sein Leben, Sein Alles, dafür hergibt, sie zu erwerben.
7. Das Gleichnis von den guten und faulen Fischen in einem Netz stellt die Zeit zwischen der Entrückung und der Wiederkunft auf dem Ölberg dar.
III. Eine große Weissagung.
Wir sahen bereits, daß die sieben Gleichnisse eine Weissagung des Herrn über unsere Zeit bilden, wie z. B. Mt 24 eine solche der großen Trübsal ist, Wie wir in Off 2-3 Kirchengeschichte im voraus haben, so wird uns auch dasselbe in den sieben Gleichnissen gezeigt. Auffallend ist dabei die große Verwandtschaft zwischen Mt 13 und Off 2-3. Sowohl in den sieben Sendschreiben, als auch in Mt 13 sehen wir Anfang, Fortschritt und Ende des gegenwärtigen Zeitalters. Es ist die Geschichte des Christentums.
1. Der Säemann gleicht Ephesus, dem apostolischen Zeitalter. Bei beiden sind Mängel von Anfang an. Ephesus fehlt die erste Liebe, und der Säemann sieht nur teilweise Frucht.
2. Das Unkraut unter dem Weizen ist gleich Smyrna, d. h. Bitterkeit. Das zeigt das furchtbare Werk des Feindes.
3. Das Senfkorn ist gleich Pergamos, d. h. Hochburg oder Verheiratung. Die bekennende Kirche geht eine Ehe ein mit der Welt, dem Staat, der in Gottes Begriff ein Heide ist. Die Nationen nehmen unter dem Baume Zuflucht, so wie die Vögel des Himmels, die nach Vers 19 den Bösen darstellen. diese Entwicklung begann unter Konstantin.
4. Der Sauerteig ist gleich Thyatira. Im Gleichnis, wie im Sendschreiben, wird ein Weib genannt, und in beiden ist die Handlung des Weibes etwas Böses. Thyatira, wie das Gleichnis vom Sauerteig, zeigen in der weiteren Entwicklung Rom mit all seinen bösen Lehren. Diese beiden genannten Weiber sind Schwestern im Bösen.
5. Der Schatz im Acker gleicht Sardes, das den Namen hat zu leben, aber tot ist. Aber wie in Sardes ein treuer Überrest war, so wird der verborgene Schatz offenbar werden.
6. Die Perle ist gleich Philadelphia und stellt den einen Leib, die Gemeinde, samt Entrückung dar. Der Herr erwirbt die Perle zu Seiner Zierde. Sein gegenwärtiges Bemühen gilt ihr. Sie heiligt und reinigt Er, um sie an jenem Tage Gott verherrlicht darzustellen (Eph 5,25-27).
7. Das Gleichnis vom Netz ist Laodizäa, das Ende, das Gericht, das Ausspeien aus Seinem Munde, wir haben aber auch die guten Fische, die Überwinder, darin.
IV. Warum redet der Herr in Gleichnissen?
Wenn schon die Jünger Mühe hatten, die Gleichnisse zu verstehen, wievielmehr die fremde Volksmenge. Der Herr zeigt uns, daß diese Rede eine Erfüllung von Jes 6,9-10 ist. Zunächst beantwortet Er die Frage "Warum redest Du in Gleichnissen?" mit einem Segensspruch über die Jünger selbst (Vers 10-12). Israel aber, das Ihn verworfen hat, verliert das Licht; es wird ihm genommen, was es hat. Die Worte Jesajas sind wiederum in Joh 12,40 und in Apg 28,27 zitiert und zeigen in jedem Falle die furchtbare Frucht der Ablehnung des Herrn. Also die Gleichnisse sind beides, ein Verbergen und ein Offenbaren. Verbergen vor den Augen der Verwerfer und Offenbaren den Treuen!