Behandelter Abschnitt Mt 5,33-48
Der Jünger. Mt 5,33-48.
Der König fährt fort in Seiner Rede und nennt wichtige Dinge wie das Schwören, Rache üben, Unrecht leiden, Feinde lieben etc. Reichskinder müssen in allen Stücken vollkommen sein, wie ihr Vater, und Ihn ehren.
Die Rede des Jüngers.
Sie soll absolut zuverlässig sein. „Ja“ und „Nein“ sollen bindend sein, so daß ein weiteres Beteuern überflüssig ist. Beim Jünger soll man keinen Wortbruch kennen. Hat er zum Schaden geschworen, so soll er dabei bleiben (Ps 15,4). Das Gesetz fordert unbedingte Treue zur Wahrheit. Kinder des Reiches haben die Lüge abgelegt und reden die Wahrheit. Ein Schwören unter ihnen kann darum gar nicht in Frage kommen. Das Ja ist für sie nicht weniger bindend als vor Gericht der Schwur. Die Lügner sind draußen, sagt die Schrift (Off 21,8). Achan, Ananias und Saphira hatten gelogen, und wir wissen, wie ihnen die Strafe auf dem Fuß folgte. Die Größe der Strafe zeigt uns die Größe der Schuld.
Was nun meint der Herr überhaupt unter Schwören? Meint Er etwa so
etwas wie einen Fahneneid verweigern? Gewiß nicht! Der Herr meint auch
nicht den Eid vor Gericht oder den Beamteneid, denn Er redet ja vom
Verhalten der Menschen unter sich. Schwur oder sonstige Beteuerungen
verbergen oft die gröbsten Lügen. Viele meinen, daß Gläubige überhaupt
nicht schwören sollen und ziehen dazu Jak 5,12 heran. Wäre die
Verweigerung jedes Schwures gemeint, dann stünde das im Widerspruch zu
des Herrn Handlung in Mt 26,63-64 oder zu Worten des Apostels, den
Herrn als Zeugen anzurufen (2Kor 1,23; 11,31; Gal 1,20;
II. Die Rechtfertigung des Jüngers.
Auge um Auge, Zahn um Zahn erlaubte das Gesetz. Was aber soll der Jünger tun?
Schlägt man ihn auf einen Backen, so soll er den andern auch hinhalten – also nicht etwa auch schlagen. Er soll sich benehmen wie Sein Herr (Jes 50,6). Sich schlagen lassen führte schon oft zur Bekehrung der Schläger. Das durfte der Schreiber dieses schon selbst erfahren. Wir dürfen aber auch gelegentlich das Gewissen des Beleidigers strafen (Joh 18,22-23). Ja, es mag Fälle geben, da auch Gläubige ihr Recht fordern dürfen (Apg 16,35-39).
Nimmt man dem Jünger den Rock, so gibt er noch den Mantel. Es wird in solchen Lagen stets auf den Glauben ankommen. Sollen wir den Einbrecher laufen lassen? Gewiß nicht, aber wir dulden weder Groll noch Rachsucht, sondern haben Erbarmen.
Gehe auch die 2. Meile mit. Gehe über das Geforderte, über das Schuldige hinaus, leiste mehr. Laß dich schlagen, laß dich übervorteilen, gehe die 2. Meile, und der Herr wird daran denken und dich dafür reichlich segnen. Du und ich durften erfahren, daß, wenn wir uns benachteiligen ließen, Gott reichlich segnete, ja, mehr gab als den Verlust an Gut oder Ehre. Sich selbst rechtfertigen kommt meistens aus dem Fleisch.
Gib dem Bittenden. Aber tut das Gott? Nein, nicht immer. Oft hat Gott unsere Gebete nicht erhört, und wie dankbar waren wir später dafür. Wie dankbar muß Elias gewesen sein, daß Gott ihn nicht erhörte, als er um den Tod bat, denn später wurde er ja entrückt (1Kön 19,4; vgl. 2Kön 1). Soll ein Arbeiter einem Bittenden seinen Lohn geben, nein, der gehört der Familie. Und haben wir dem faulen Bettler eine gute Lektion gegeben, so schicken wir ihn auch nicht leer fort. Sei nicht geizig, sondern gib freiwillig und gern. So verpflichtet z. B. das Gesetz nicht, veraltete Schulden zu zahlen, aber der Jünger zahlt sie, weil er weiß, daß sie in Gottes Augen nicht veralten.
III. Die Liebe des Jüngers.
Der Jünger macht`s nicht wie die Welt, die nur die Ihrigen liebt. Wir lieben nicht allein diejenigen, die unsere Hilfe benötigen (Lk 10,29 ff), sondern wie der Herr selbst, auch unsere Feinde (Lk 23,34). Das beste Mittel, einen Unsympathischen oder gar Feind zu lieben, ist die Bitte, daß Gott ihn segnen wolle. Dabei wird uns wiederum das Beispiel Gottes vor Augen gestellt. Die Verse 45-47 zeigen uns, wie Gott mit den Unwürdigen, ja selbst mit den Bösen umgeht. Das ist Gottes Vorbild, das Er in Christus so reichlich geoffenbart hat. Gottes Gaben sind nicht bedingt, sondern aus Barmherzigkeit. Handeln wir so in der Praxis, dann werden wir sicherlich viele Menschen zu Christus führen. Wie herrlich ließ der Herr auf all den Haß der Juden die Sonne der Liebe an Pfingsten über Jerusalem aufgehen. Wir wollen in Liebe wandeln gleich wie Christus (Eph 5,1-2).
IV. Die Vollkommenheit des Jüngers (Vers 48).
Kinder sollen den Vater nachahmen. Wir haben den Geist der Kindschaft
empfangen. Der, dessen Leben die in diesem Kapitel genannten Züge trägt,
zeigt sich als echtes Kind des Vaters. Er hat den neuen, nach Gott
geschaffenen Menschen angezogen, darum ist Gerechtigkeit und Heiligkeit
seine Lebenspraxis geworden (Eph 4,24). Wir streben unter allen
Umständen dem vor uns stehenden hohen Beispiel nach (Lk 6,35). Sein
Ziel ist auch unser Ziel. Wir wandeln im Lichte wie Er (