Behandelter Abschnitt Mt 3,5-6
Erweckungszeit. Mt 3,5 ff.
Der Dichter sagt: "Wenn Gottes Winde wehen, dann ist es selige Zeit". Eine solche Zeit war in den Tagen des Täufers angebrochen. Bloße Formen und Zeremonien zeichnete das Volk jener Tage aus. Die Führer des Volkes legten nur schwere Lasten auf, und damit begnügte sich Israel. Es vergaß aber ganz, daß der Lebendige nicht in ihrer Mitte war, denn die Wolken und Feuersäule fehlte längst über dem Heiligtum. Da kam Johannes und öffnete dem Volk die Augen, damit es sich bekehre und an den Kommenden glaube. Die Augen zu öffnen war stets die Aufgabe der Diener Gottes (Apg 26,17). Johannes riß die fromme Maske fort und zeigte Israel den wahren Zustand und forderte es zum Sündenbekenntnis und zur Rückkehr zu Gott auf. Betrachten wir diese Erweckungszeit etwas näher.
I. Das Werkzeug.
Es ist ein höchst einfacher und schlichter Mann. Wahre Gottesmänner
sind stets so, auch wenn sie zu den Füßen Gamaliels gesessen haben, wie
ein Paulus. Johannes war in der Einsamkeit der Wüste erzogen (
Denselben einfachen Charakterzug sehen wir auch bei andern Männern, denen Gott große Erweckungen schenkte. Mann denke an Petrus, an den Evangelisten Philippus oder an den Apostel Paulus. Der Schlichteste von allen aber war der Herr selbst. Sind auch wir so einfache, von wahrer Frömmigkeit durchdrungene Werkzeuge?
II. Die Zuhörer (Vers 5, 7).
Diese waren, wie meistens, sehr gemischt, vornehmlich aber aus den Geringen des Volkes und aus diesen die Tiefstgesunkensten. (Es war dieselbe Klasse, die zu Christus kam, weshalb ihn auch Pharisäer und Schriftgelehrte verachteten). Johannes redete sie auch nicht als liebe Gemeinde an, obwohl sie aus der Gemeinde Israels waren, sondern als Sünder, die unfähig waren, in das Reich Gottes einzugehen und forderte sie zur Buße auf. Nicht allein Zöllner, Hurer und ähnlich große Sünder, sondern auch die Geistlichkeit kamen zu seiner Taufe. Hier begegnen wir zum ersten Male den Pharisäern und Sadduzäern. Die Pharisäer waren jene strenge Sekte unter den Juden, voll äußerer Zeremonien, aber innerlich leer. Mit Stolz blickten sie auf die äußere Beobachtung des Buchstabens (2Kor 3,6). Die Sadduzäer waren die Reformjuden jener Tage. Otternbrut war der Charakter beider. Johannes stellte so ihre stolze Herkunft bloß, indem er sie mit den niedrigsten Reptilien verglich.
III. Die Kanzel.
Sie war nicht im Tempel oder in Synagogen, sondern in den Wüsten des Toten Meeres. Johannes predigte in jenen trostlosen Gegenden des einstigen Sodom und Gomorrah, also auf dem Schauplatz ernstester Gerichte. So trostlos wie die Umgebung war, war auch Israels innerer Zustand. Sicherlich wird Johannes Bezug darauf genommen haben, zumal er so ernst vom Gericht sprach. Johannes predigte in der Wüste, andere im Tempel (Jer 36,5-6), wieder andere, wie Jona, in den Straßen. Die Wüste war einst die Zeit Israels Jungfrauschaft, und dahin lockte sie Johannes, um zu ihren Herzen zu reden (Jer 2,2-3).
IV. Die Predigt.
Diese bestand nicht in theologischen Vorträgen, sondern in dem einzigen Fundamentalsatz: "Tuet Buße, und bekehret euch." Johannes deckte die Sünden der Menschen auf und nannte sie mit Namen, ähnlich wie es einst Nathan tat, der zu David sagte: "Du bist der Mann." Buße predigen heißt also unter anderm "Sünde aufdecken" (Mk 1,5). Nicht zudecken, wie Achan oder die Brüder des Josef es taten (Spr 28,13). Johannes predigte nicht allein den Geringen, sondern auch den sogenannten besseren Klassen. Er fürchtete weder Sadduzäer noch Pharisäer, ja nicht einmal Herodes. Ganz ähnlich redete der Herr (Mt 23,33; Joh 8,44), auch Paulus (Apg 26,20) und Petrus (Apg 13,10). Johannes wandte sich an die Gewissen der Menschen. Da stach er hinein wie in einen Ameisenhaufen. Er beabsichtigte nur eins, die Menschen zur Erkenntnis und zum Bekenntnis ihrer Schuld zu bringen. Weiter sagte er, daß das Reich der Himmel nahe sei, aber auch der Zorn Gottes für alle, die die Botschaft ablehnen; denn er redete auch von der Worfschaufel, vom Fegen der Tenne, vom Baume, dem die Axt an die Wurzel gelegt war, und von der Feuertaufe, die schreckliches Gericht bedeutet. Johannes erwartete nur zwei Dinge, entweder völlige Umkehr der Zuhörer zu Gott, oder aber Gericht als Folge der Ablehnung.
V. Der Ausgang.
Wie mächtig ist die Wahrheit, wenn der Herr darinnen ist. Da entsteht
neues Leben in Herz und Heim. Da ist Überführung, Bekenntnis,
Zermürbung, Umkehr, Wiedergutmachung des angerichteten Schadens. Das
sind Zeichen wahrer Buße. Hier war nicht die Absicht schön zu predigen
oder gar Lob zu erheischen, sondern Abgewichene zu Gott zurückzuführen.
Das ist gutes Predigen, wenn Menschen nach Gott fragen (
Die gläubig gewordenen bezeugten sogleich öffentlich durch die darauffolgende Taufe, daß sie der Welt, der Sünde und dem Fleisch gestorben waren. Sie zeigten, wie sie den Tod verdient hatten. Des Johannes Taufe war also eine Taufe in den Tod (Röm 6,3-4).