Behandelter Abschnitt Mt 3,5-9
Johannes befindet sich demnach außerhalb der Religion des Menschen, wie auch außerhalb des weltlichen Treibens. Er war nicht in Rom, doch er war fern von Jerusalem. Und das war bei dem vorhergesagten Boten des Herrn ein höchst eindrucksvolles Merkmal.
Da ging zu ihm hinaus Jerusalem und ganz Judäa und die ganze Umgebung des Jordan; und sie wurden von ihm im Jordan getauft, indem sie ihre Sünden bekannten. Als er aber viele der Pharisäer und Sadduzäer zu seiner Taufe kommen sah, sprach er zu ihnen: Ihr Otternbrut! Wer hat euch gewiesen, dem kommenden Zorn zu entfliehen? (3,5–7).
Hier ist ein Teil dieser Wahrheit, der äußerst lehrreich ist, wenn wir darüber nachdenken. Die Pharisäer waren in religiöser Hinsicht die einflussreichsten Leute in Israel. Die Sadduzäer waren die lockere, weltliche, selbstverliebte Klasse. Die Pharisäer standen sehr fest für das ein, was sie für die Wahrheit hielten. Doch als Johannes sie beide zu seiner Taufe kommen sieht, sagt er: „Ihr Otternbrut! Wer hat euch gewiesen, dem kommenden Zorn zu entfliehen? Bringt nun der Buße würdige Früchte“– Früchte mit einem ähnlichen Charakter. Er behauptet, dass die Zeit der Zeremonien oder der Geburtsrechte völlig vorbei sei. Der Pharisäer mag sich auf seine Religion berufen, der Sadduzäer auf die Tatsache, dass er ein Kind Abrahams war. Der Wunsch, dem kommenden Zorn zu entfliehen und am Reich teilzuhaben, mag nur natürlich zu sein.
Menschen, die sich demütigen, eignen sich das Reich an. Die Abstammung von den Vätern, das Gesetz, ja sogar die Verheißungen können zu einem Recht werden, das man gegen Gott gebraucht, doch das wird Er nicht zulassen. Er kann sich aus den Steinen Kinder für Abraham erwecken (V. 9). Stattdessen braucht man, wenn man zu Gott kommen will, eine Natur und Wege, die moralisch zu Gott passen. „Bringt nun“, sagt er, „der Buße würdige Früchte.“Er erklärt hier nicht, wie ein Sünder gerettet werden kann oder wie Gott Sünden vergibt, sondern dass es, wenn Menschen vor Gottstehen und mit Ihm zu tun haben wollen, es etwas geben muss, das seiner Gegenwart entspricht.
So sagt der Apostel zu den Hebräern: „Jagt dem Frieden nach mit allen und der Heiligkeit, ohne die niemand den Herrn schauen wird“ (Heb 12,14). Er spricht dort nicht davon, was zur Gerechtigkeit gerechnet wird, sondern von der Heiligkeit als eine gegenwärtige und praktische Sache. Dies ist an Christen geschrieben; und der Heilige Geist zögert nicht, darauf zu bestehen. Die Tendenz zur Reaktion in der menschlichen Natur ist so stark, dass gerade die getauften Juden, die sich auf das Gesetz beriefen, in das entgegengesetzte Extrem fallen und denken könnten, dass Sünde mit der Erlösung, die Gott durch Gnade gibt, vereinbar ist. Doch Gott lässt niemals zu, dass seine Natur mit geduldeter Ungerechtigkeit vereinbar ist.