Behandelter Abschnitt Ps 94,1-23
Bitte um Befreiung in Unterdrückung Psalm 94
Viele Leser dieses Psalmes wollen den Schreiber nicht begreifen, weil er um Rache und um Vergeltung bittet, was die Schrift verbietet (Röm 12,19) und der Herr die Feindesliebe befiehlt und sie noch am Kreuz übte. Sie vergessen aber, dass der Herr nicht nur der Gott der Liebe ist (Joh 3,16; 1Joh 4. 8), sondern auch der, der Gerechtigkeit und Heiligkeit, der Sünde nicht anschauen kann und der Gott des Gerichtes. Wer in ein Haus blickt, da nur Liebe und Milde wohnt, aber wo die Strenge und die Rute fehlt (Spr 13,24; 22,15; 29,15) macht bald schmerzliche Erfahrungen. Dasselbe betrifft den Staat; bestraft er die Übeltäter nicht, so herrscht Anarchie und die Bewohner wären ihres Lebens nicht mehr sicher und der Staat selbst würde zerfallen. Der Psalm wird erst seine ganze Erfüllung in der Zeit des Antichristen finden, wenn dieser Gesetzlose regieren wird und der Fromme um seines Glaubens willen den entsetzlichsten Qualen ausgesetzt sein wird und kein Recht mehr findet. In den kommunistischen Ländern geschieht das schon lange in fast unbeschreiblicher Weise.
Die Anrede. Du Gott heiliger Vergeltung (Rache) greife ein, erhebe dich. Der Psalmist fleht nicht nur aus persönlicher Not, oder Verbitterung, sondern wegen denen, die um des Namens des Herrn willen gequält werden. Herr kannst Du länger zusehen, dass Deine Geliebten so leiden? Das Handeln der Übeltäter, der Verfolger und ihre Bosheiten. Die Grausamkeiten, die sie an den Gläubigen verüben, sind in den Versen 1-10 beschrieben. Ihre Rede ist gegen Gott trotzig, boshaft und herausfordernd wie die des Pharao war (2. Mose 5,2). Sie bedrücken dein Volk und berauben sie ihres Besitzes und nehmen es für sich in Besitz. Man misshandelte sie wie Antiochus, der sie zwang, gesetzlos zu leben und ihnen seinen Götzendienst aufzwang. Er verbot ihnen das Gesetz Moses zu befolgen. Besonders gedenkt der Psalmist der wehrlosen Witwen und Waisen. Du hast befohlen, ihnen beizustehen und gedenkst der schutzlosen Fremdlinge (2. Mose 22,21.22). Mehr oder weniger war das so zu allen Zeiten. Heute befinden sich viele Gottesknechte in den kommunistischen Ländern in ähnlichen Bedrängnissen wie jene in Hebräer 11,36-40. Uns aber ist befohlen, ihrer zu gedenken (Heb 13,3; Mt 25,36). Das Schlimmste aber, warum es sich in der Bitte um Rache handelt, ist noch zukünftig. Es wird besonders den frommen Überrest während der großen Trübsal treffen, dann werden sie auch bitten: „Herr wie lange?“
Die wahren Helfer. Sie möchten nicht nur ihren gequälten Brüdern helfen, wie in 2. Mose 3, sondern zugleich die Peiniger warnen mit den Worten: „Der Herr hört und sieht euer Treiben, habt Einsicht“ (Verse 8‑10). Gott wird die Seinen dennoch nicht verlassen (Vers 14). Lasst euch zurechtweisen und züchtigen (Ps 2,10).
Das wirksamste Hilfsmittel. Es ist die anhaltende Fürbitte. Erhebe dich Richter der Erde, richte sie nach ihrem Tun. Du vermagst sie zur Einsicht zu bringen wie einst Manasse. Du kannst sie mit Träumen schrecken wie einen Nebukadnezar (Dan 2,1), oder wie das Weib des Pilatus (Mt 27,19), die offenbar im Traum die Leiden Christi mitfühlte und ihren Mann warnte, Jesus zu verurteilen. Du vermagst sie wie Saul vor Mordtaten zu bewahren, David sah einst nur noch den Tod durch Saul vor sich, Gott aber verhinderte sein Vorhaben, ließ die Philister in das Land einbrechen, dass Saul eiligst abziehen musste, um gegen sie zu kämpfen. So blieb er verschont. An Mitteln zu retten fehlt es Gott nie (l. Sam. 23, 27. 28). Die Fürbitte ist unser sicherer Ausweg. Die übten jene Gläubigen in Apg 12 unablässig. Uns ist sie von Gott befohlen (1Tim 2,1). Der erste der Schrift, von dessen Fürbitte wir lesen, ist Abraham (1. Mose 18). Auch David und Hiob traten für ihre Gegner vor Gott ein und wurden reichlich belohnt (Ps 35,13; Hiob 42). Paulus bat die Gläubigen um ihre Fürbitte (Eph 6,19; 2Thes 3,1). Vergessen wir der vielen nicht, die uns darum bitten. Sie erwarten sie von uns, besonders die auf einsamen Posten stehen (1Tim 2,2).
Ein Glückselig. Wem gilt es? Glückselig der Mann, den der Herr züchtigt und den du belehrst nach Deinem Wort. Züchtigung ist Zurechtweisung, wie wir sie an unsern Kindern ausüben. Es ist als wollte der Psalmist damit sagen: Herr, Du hast Recht und Ursache, uns zu züchtigen, weil wir oft ungehorsam waren. Wer sich im Lichte Gottes betrachtet, wird zu jeder Züchtigung ja sagen müssen, besonders wenn er an die Früchte denkt, die sie bewirkt (Heb 12,11). Der Herr züchtigt nur die, die Er lieb hat. Achte was der Schreiber in den folgenden Versen sagt 17f. Der Herr habe ihm in der Zucht geholfen: „Wenn ich sagte, mein Fuß wankte, so unterstützte mich Deine Güte. Bei der Menge meiner Gedanken erfüllten Deine Tröstungen Meine Seele mit Wonne.“ Unser Gott trägt unter vielen andern Namen den Titel: „Der Gott alles Trostes und der Vater der Erbarmungen», der uns tröstet in aller unserer Traurigkeit, dass wir sogar Überfluss haben und andern Linderung bringen können (2Kor 1,3.4).
Und was mit den Widersachern? Der Richter selbst wird sie richten. Er lässt ihre Ungerechtigkeiten auf sie zurückkommen (Vers 23). Durch ihre Bosheit wird er sie vertilgen. Oft schon bei Leibesleben wie den protzenden Pharao, Belsazar, die Feinde Daniels und viele andere. In jedem Fall aber am Tage des Gerichtes (Off 20). Der Gläubige aber ist geborgen in dem Fels seines Heils. Er ist seine Zuversicht und sein großer Lohn (Vers 22-23).