Behandelter Abschnitt Jes 45,1-8
Jes 45,1-8 | Kores vom HERRN gerufen
1 So spricht der HERR zu seinem Gesalbten, zu Kores, den ich bei seiner rechten [Hand] ergriffen habe, um Nationen vor ihm niederzuwerfen, und damit ich die Lenden der Könige entgürte, um Pforten vor ihm zu öffnen, und damit Tore nicht verschlossen bleiben. 2 Ich werde vor dir herziehen und werde das Höckerige eben machen; eherne Pforten werde ich zerbrechen und eiserne Riegel zerschlagen; 3 und ich werde dir verborgene Schätze und versteckte Reichtümer geben, damit du weißt, dass ich der HERR bin, der dich bei deinem Namen gerufen hat, der Gott Israels. 4 Um Jakobs, meines Knechtes, und Israels, meines Auserwählten, willen rief ich dich bei deinem Namen. Ich gab dir einen Beinamen, und du kanntest mich nicht. 5 Ich bin der HERR, und sonst ist keiner, außer mir ist kein Gott; ich gürtete dich, und du kanntest mich nicht: – 6 damit man vom Aufgang der Sonne und von ihrem Niedergang her weiß, dass außer mir gar keiner ist. Ich bin der HERR, und sonst ist keiner! 7 Der ich das Licht bilde und die Finsternis schaffe, den Frieden mache und das Unglück schaffe – ich, der HERR, bin es, der dies alles wirkt. 8 Träufelt, ihr Himmel droben, und Gerechtigkeit mögen rieseln die Wolken! Die Erde öffne sich, und es sprosse Heil, und sie lasse zugleich Gerechtigkeit hervorwachsen! Ich, der HERR, habe es geschaffen.
Dieses Kapitel beginnt mit einer zweiten Botschaft des HERRN über Kores (Vers 1). Die erste Botschaft ist eine Prophezeiung, die sein Kommen voraussagt (Jes 44,28). Jetzt ist es ein Wort an ihn persönlich. Er ist ein heidnischer Herrscher, aber der HERR hat seine rechte Hand ergriffen, was anzeigt, dass er ein Werkzeug in der Hand des HERRN ist, obwohl er sich gar nicht bewusst ist, dass er einer höheren Macht unterworfen ist (Vers 5). Das ist ein himmelweiter Unterschied zu Asaph, der weiß, dass der HERR seine rechte Hand ergriffen hat (Ps 73,23).
Die ihm verliehenen Titel und die für ihn getroffenen Vorkehrungen sind einzigartig. Nichts dergleichen wurde jemals über einen heidnischen Herrscher gesagt. Er wird der „Gesalbte“ des HERRN genannt, was wörtlich „Messias“ bedeutet. Zuvor hat der HERR ihn „mein Hirte“ genannt
(Jes 44,28). Die Tatsache, dass Jesaja den Titel „Gesalbter“ für einen heidnischen Herrscher verwendet, wird für die Juden eine Überraschung gewesen sein. Schließlich ist dies ein Titel, der den Priestern, Propheten und Königen Israels vorbehalten ist. Aber warum nun jemand aus den heidnischen Völkern? Das gerade ist die Botschaft Gottes, dass Er nicht nur der Gott Israels ist, sondern der der ganzen Welt. Er kann benutzen, wen Er will, und retten, wen Er will.
Der HERR wird Kores benutzen und ihm den Weg ebnen, indem Er alle Hindernisse für ihn beseitigt. Er wird in der Lage sein, überall einzudringen (Vers 2; vgl. Jes 40,4). Durch seine Eroberungen wird er unermesslichen Reichtum erlangen (Vers 3). Die Erlösung, die Kores bewirkt, ist eine Vorahnung der Erlösung, die der Herr Jesus, der wahre Gesalbte Gottes, der Messias, bei seiner Wiederkunft bewirken wird.
Die Einzelheiten der Verse 1–3 sind in der Prophezeiung des Propheten Daniel enthalten. Dort ist es Darius, der Babel einnimmt, aber hinter ihm sehen wir die aufsteigende Macht von Kores. Wir sehen, wie Belsazar aller Macht beraubt wird, wie die Tore Babel aufgebrochen werden, mit dem Ergebnis, dass alle verborgenen Schätze in die Hände von Kores gelangen (Dan 5,25-30).
Das wird der HERR auch tun, damit Kores zu der Erkenntnis kommt, dass Er ihn geführt und ihm diesen Wohlstand gegeben hat. Zu dieser Erkenntnis scheint er nicht gekommen zu sein. Doch er wird all diesen Reichtum und Wohlstand erhalten, weil er, ohne es selbst zu wissen, der Befreier des Volkes Gottes ist, der es aus der Gefangenschaft in Babel befreit (Vers 4; Esra 1,1-4). Die Bestätigung, dass es der HERR ist und niemand sonst (vgl. 1Kor 8,4b-6), dem er seinen Wohlstand verdankt, findet sich in Vers
5. Das Ziel, das der HERR dabei vor Augen hat, ist, dass die Menschen auf der ganzen Erde erkennen, dass Er allein der wahre und einzige Gott ist (Vers 6). Die Wiederherstellung, die Kores dem Volk Gottes gewähren wird, muss dieses Ergebnis haben. „Das Licht“ und „die Finsternis“ sind in Gottes Hand (Vers 7). In der Erschaffung des Lichts (1Mo 1,3) ist die der Finsternis, wenn auch nicht ausdrücklich so genannt, enthalten. Von dem Licht wird gesagt, dass es gut war (1Mo 1,4). Das wird nicht von der Finsternis gesagt. Wir lesen, dass
Gott, als Er alles sah, was Er gemacht hat, einschließlich der Finsternis, erkannte, dass es sehr gut war (1Mo 1,2-5.31). Dies setzt voraus, dass die Finsternis nicht etwas Negatives ist, denn der Finsternis ist von Gott eine Funktion gegeben worden (vgl. Ps 104,19-24). Gott, der in seiner Schöpfung der Finsternis, die an sich nicht böse ist, einen Platz gegeben hat, kann sie nach dem Sündenfall als Symbol für etwas verwenden, das böse ist. So kann Er, der über alles erhaben ist, „Frieden“ schaffen, wo Unfrieden herrscht, aber auch „Unglück“ schaffen und als Strafe für die Sünde bringen (vgl. Jes 10,5-12).
Auch macht Gott den Menschen nicht gottlos, aber wenn er sich auf diese Weise offenbart, weiß Gott ihn für seinen Zweck zu gebrauchen (Spr 16,4; Amos 3,6b). Hier geht es um Kriege mit ihren schrecklichen Folgen, wie sie Kores führen wird, und um den Frieden, der daraus für Israel entstehen wird.
In Vers 8 wird die Aussage von Vers 7 auf die Errettung fokussiert und es folgt die Zusicherung, dass der HERR Gerechtigkeit auf der Erde als Segen vom Himmel aufrichten wird. Hierdurch wird auch Gerechtigkeit auf der Erde erzeugt werden. Auch hierin können wir in Kores ein Vorbild von Christus erkennen, dem König der Gerechtigkeit, dem wahren Melchisedek, der kommen soll.