Einleitung
Nach dem Widerstand im vorherigen Kapitel, ist dieses Kapitel ein Aufatmen. Wir sehen hier Menschen, die, statt zu verhindern, dass die Mauer gebaut wird, bereitwillig beim Vollenden des Baus an der Mauer helfen.
Die Mauer ist fertig, aber die Wachsamkeit darf nicht nachlassen. Es geht darum, dass ihr, „nachdem ihr alles ausgerichtet habt, zu stehen vermögt“ (Eph 6,13). Wenn die größten Anstrengungen getan sind, ist die Gefahr am größten, dass im Nachhinein etwas schief geht. Das hat auch Josua nach der Zerstörung von Jericho erlebt (Jos 7,2-5). Die Macht des Feindes wird dann unterschätzt.
Verse 1 | Türflügel, Torhüter, Sänger und Leviten
Und es geschah, als die Mauer gebaut war, da setzte ich die Türflügel ein; und die Torhüter und die Sänger und die Leviten wurden bestellt.
Türflügel
Die Mauer ist fertig, aber die Arbeit nicht. Sorglosigkeit ist eine Falle, in die Nehemia nicht hereinläuft. Er unterschätzt die Macht des Feindes nicht. Sein Wissen über den Feind bringt ihn aber auch nicht dazu, die Mauer hermetisch abzudichten. Er setzt Türflügel ein, Öffnungen, durch die man die Stadt rein und raus gehen kann. Die Stadt Gottes ist eine Stadt, die von Freiheit gekennzeichnet wird. Das heißt nicht, dass Freiheit keine Grenzen kennt. Echte Freiheit wird immer nur genossen, wenn man die dazugehörigen Grenzen kennt und beachtet.
Torhüter
Dass es Türen gibt, heißt nicht, dass einfach jeder reinund rausgehen kann. So zu tun, als könnte nichts Böses in die Stadt kommen, ist das Hinweggehen über die Existenz des Bösen. Sorglosigkeit ist kein Beweis für Frömmigkeit, sondern für Dummheit. Nehemia stellt daher zuerst Torhüter ein. Sie haben die Aufgabe, darauf zu achten, dass nur die Menschen in die Stadt kommen, die auch dorthin gehören.
In geistlicher Hinsicht stellen die Torhüter Gläubige dar, die in der Gemeinde die besondere Aufgabe haben, darauf zu achten, dass nur solche Personen als Glieder der Gemeinde aufgenommen werden, die es auch wirklich sind und sich auch wie solche verhalten. Sie sollen das Gespräch mit unbekannten Personen suchen, die die örtliche Gemeinde besuchen. Auf diese Weise werden sie „spüren“, was diese Personen bewegt, zu kommen.
In der neutestamentlichen Gemeinde werden „Torhüter“ nicht angestellt. Wir erkennen sie in Brüdern wieder, die diese Aufgabe für den Herrn tun möchten und die dazu auch die Befähigung von Ihm bekommen haben. Ein „Profil“ finden wir in 1. Timotheus 3 (1Tim 3,1-7). Da wird von „Aufsehern“ gesprochen, womit dieselbe Kategorie gemeint ist wie „Älteste“. Das sehen wir in Apostelgeschichte 20, wo die Rede von „Ältesten“ ist (Apg 20,17), während dieselbe Personengruppe im weiteren Verlauf mit „Aufseher“ angesprochen wird (Apg 20,28; vgl. Tit 1,5.7).
Sänger
Danach stellt Nehemia Sänger an. Sänger geben dem Herrn, was Ihm zusteht. Der Geist des Lobpreises ist ein Geist der Kraft. Eine Gemeinde, die sich freut, ist eine, in der Gott frei wirken kann und die ein Kanal des Segens für andere sein wird.
Was in Israel auf eine bestimmte Gruppe beschränkt bleibt, betrifft im Christentum im Prinzip jeden Christen (Eph 5,19.20; Kol 3,16). Die Schrift kennt so etwas wie einen Anbetungsleiter als separate Person oder wie ein Anbetungsteam als eine separate Gruppe in der Gesamtheit der örtlichen Gemeinde nicht. Der Herr Jesus leitet die Anbetung (Heb 2,12).
Die Sänger loben Ihn für seine Güte und ehren Ihn für das, was Er ist (1Chr 9,33). Das ist die wunderbare Aufgabe, die in der Gemeinde von allen Erlösten getan werden kann. Es ist das Werk des Himmels (Off 5,8-14), womit auf der Erde schon begonnen werden kann (Lk 24,52.53; 1Kor 14,26). In praktischer Hinsicht können sich Gläubige gegenseitig ermutigen, diese Aufgabe auch wirklich auszuführen. Die Sänger werden nach den Torhütern genannt, denn wenn diese nicht wachsam sind, kommt leicht die Sünde hinein und die Anbetung geht verloren.
Leviten
Dann sehen wir noch eine dritte Gruppe, die Leviten. Ihre Aufgabe ist es, den Priestern beim Opfern zu helfen und das Volk das Gesetz zu lehren. Sie erbringen Dienstleistungen. Auch hier gilt es, dass, was in Israel eine spezielle Gruppe betraf, in der Gemeinde jeden Gläubigen betrifft. Jeder hat die Verantwortung, mit seiner oder ihrer besonderen Gabe dem anderen zu dienen. Dafür muss in der Gemeinde Raum sein (Spr 18,16a). Wenn jemandes Dienst diesen Raum nicht bekommt, kann das am Zustand der Gemeinde liegen oder am Auftreten eines Diotrephes (3Joh 1,9.10). Es kann auch daran liegen, dass jemand sich eine Gabe anmaßt (Spr 25,14).
Jeder Dienst unter Gläubigen muss darauf ausgerichtet sein, dass wir unseren Priesterdienst immer mehr so verrichten, wie Gott es vorgesehen hat. Das Zunehmen an Kenntnis und Einsicht in seine Gedanken über den Herrn Jesus wird zur Folge haben, dass wir in unserer Anbetung zunehmen. Wir werden das öfter und mit mehr Einsicht tun.