Eph 1,4: … wie er uns auserwählt hat in ihm vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und tadellos seien vor ihm in Liebe;
Auserwählung vor Grundlegung der Welt
Aber wir müssen noch auf eine andere Sache hinweisen. Wir sind in Christus auserwählt worden vor Grundlegung der Welt (Eph 1,4). Dieser Ausdruck stellt uns jedoch nicht einfach die Souveränität Gottes vor. Denn wenn Gott heute einige Personen aus der gesamten Menschheit auswählen würde, wäre das eine genauso souveräne Handlung. Aber die Auserwählung vor Grundlegung der Welt zeigt uns, dass wir in den Ratschlüssen Gottes einem System angehören, dass Er in Christus gegründet hat, bevor diese Welt geschaffen wurde. Damit gehört der gläubige Christ zu einem System, das nicht nur vor Grundlegung der Welt begründet wurde, sondern das auch nicht zu dieser Welt gehören kann, während sie existiert. Und es wird folglich weiter bestehen, wenn die jetzige Form der Erde vergangen sein wird.
Das ist eine sehr wichtige Seite des christlichen Systems. Das Prinzip der Verantwortung wurde auf dieser Erde mit der Schöpfung Adams eingeführt (natürlich für den Menschen). Unser Platz in Christus wurde uns dagegen geschenkt, bevor diese Welt zu existieren begann. Die Entwicklung der verschiedenen Seiten dieser Verantwortung begann mit der Schöpfung des Menschen und setzte sich bis zum Kreuz Christi fort, wo sie zugleich ihr Ende fand.
Der Mensch befand sich zunächst in Unschuld, dann als Sünder ohne Gesetz, dann unter dem Gesetz. Und als er sich in jeder Hinsicht als schuldig erwiesen hatte, konnte die Gnade - Gott Selbst – in Güte in dieser Welt der Sünde erscheinen (Tit 2,11; 2Tim 1,10). Diese Gnade erntete für ihre Liebe nichts als Hass (Ps 109,4). Und das Kreuz Christi stellt das Gericht der Welt (Joh 16,8) und das Verlorensein jedes Menschen dar – etwas, das jeder ganz persönlich für sich lernen und annehmen muss.
Das Kreuz: Ort der Verantwortung und der Erlösung
So hat das Kreuz ebenfalls zwei Seiten: Einerseits wurde die Verantwortung des ersten Menschen auf die höchste Probe gestellt – und er versagte vollständig. Zugleich aber wurde die Erlösung vollbracht. Und in Verbindung damit offenbarte Gott Seinen ganzen Plan und Seine Ratschlüsse, und zwar in der neuen Schöpfung in dem auferstandenen Christus, dem letzten Adam: das Geheimnis, das von den Zeitaltern her verborgen war in Gott (Eph 3,9). Diese Belehrung wird in 2. Timotheus 1,9-11 und in Titus 1,2 sehr deutlich ans Licht gestellt.
Diese Verantwortung des Menschen auf der einen Seite und die Gnade Gottes auf der anderen Seite können wir nur in der Person Christi miteinander in Einklang bringen. Diese beiden Grundsätze finden wir zugleich in den beiden Bäumen im Garten Eden – dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen (Verantwortung) und dem Baum des Lebens (Gnade). Danach finden wir dann, dass Abraham ein bedingungsloser Segen verheißen wird, damit wir verstehen können, dass der Segen aus reiner Gnade geschenkt wurde. Später bringt das Gesetz aufs Neue die zwei Grundsätze, stellt das Leben jedoch als Folge der Verantwortung dar.
Dann kam Christus, und Er ist das Leben selbst. Er nimmt für alle, die an Ihn glauben, die Folgen der Verantwortung auf Sich und wird so als Sohn Gottes und zugleich als auferstandenes Haupt die Quelle des Lebens, wobei Er unsere Sünde weggenommen hat.
Wir sind in eine neue Stellung gebracht worden – in den Bereich des Lebens
Wir haben nun als solche, die mit Ihm auferstanden sind, nicht nur das neue Leben geschenkt bekommen, sondern sind mit dem Christus lebendig gemacht worden, um außerhalb des Bereiches des Todes eine neue Stellung einzunehmen. Wir haben nun ein Teil, das in Übereinstimmung mit den Ratschlüssen Gottes ist: Gemäß diesen Ratschlüssen sind alle Dinge in Ihm vor Grundlegung der Welt gegründet worden. Auch sind wir gemäß der Gerechtigkeit und aufgrund der Erlösung zu einer neuen Schöpfung geworden, deren Haupt der zweite Mensch ist. In Kapitel 2 werden wir darüber belehrt, wie wir in diese hohe Stellung gekommen sind.
Ich habe schon geschrieben, dass Sich Gott in zweierlei Hinsicht offenbart, was Seine Beziehungen mit Christus betrifft: Er ist Gott und Er ist Vater. Und unsere Segnungen sind mit diesen beiden Beziehungen verbunden, das heißt mit der vollkommenen Natur Gottes als Gott, und mit der Intimität einer wirklichen Beziehung mit Ihm als Vater. Der Apostel erwähnt an dieser Stelle weder das Erbe noch die Ratschlüsse Gottes in Bezug auf die Fülle der Herrlichkeit, deren Mittelpunkt Christus sein muss. Aber er spricht von unseren Beziehungen mit Gott und von dem, was wir in Bezug auf Gott und vor Ihm sind. Aber Paulus spricht hier noch nicht von unserem Erbe – dazu kommt er später.
Gott hat uns zu Söhnen gemacht
Der Apostel zeigt also hier, wozu Gott uns gemacht hat, nicht das, was Er uns geschenkt hat. Unser persönliches Teil in Christus vor Gott wird in den Versen Epheser 1,4-6 entwickelt. Das, was in Vers 4 genannt wird und unsere Stellung betrifft, hängt vom Namen Gottes ab; das, was in Vers 5 in Verbindung mit der Sohnschaft genannt wird, von dem Namen des Vaters.
Der Charakter Gottes Selbst wird in dem beschrieben, was den Heiligen zugeschrieben wird. Gott könnte kein Wohlgefallen finden außer in dem, was Er selbst ist und was Ihm selbst moralisch gleicht. Tatsächlich ist das ein allgemeiner Grundsatz: Ein anständiger Mensch kann keine Freude an dem Kontakt mit einem Menschen haben, der ihm hinsichtlich des Anstandes nicht ähnlich ist. Und mit viel umfassenderer Berechtigung kann Gott das nicht ertragen, was im Widerspruch zu Seiner Heiligkeit steht. Denn als Folge Seiner Natur kann Er Sich nur mit dem umgeben, was Er liebt und woran Er Freude hat.
Aber vor allem und vor allen anderen ist es Christus, der dieses Wohlgefallen besitzt. Er ist persönlich das Bild des unsichtbaren Gottes (Kol 1,15). Liebe, Heiligkeit, fleckenlose Vollkommenheit in allen Wegen sind in Ihm vereint. Und Gott hat uns in Ihm auserwählt. Im vierten Vers finden wir diese unsere Stellung.
Wir stehen vor Gott – gemäß Seiner göttlichen Natur
Zunächst einmal stehen wir vor Gott. Er führt uns selbst in Seine Gegenwart ein. Die Liebe Gottes muss dies tun, damit Er Sich Selbst zufrieden stellt. Die Liebe, die in unsere Herzen ausgegossen wurde (Röm 5,5) und die sich somit in uns befindet, muss sich auch in dieser Stellung wiederfinden, damit sie ihre vollkommene Erfüllung vor Ihm erhält. Und nur hier ist das vollkommene Glück zu finden. Aber damit dies möglich ist, müssen wir Gott gleichen. Er hätte uns nicht in Seine Gegenwart bringen und uns dort annehmen können, um aus uns Gegenstände Seiner Freude zu machen, wenn wir nicht solche gewesen wären, an denen Er Sein Wohlgefallen hätte finden können.
Er hat uns daher auserwählt in Christus, damit wir heilig und untadelig vor Ihm seien in Liebe. Er selbst ist heilig in Seinem Charakter, untadelig in allen Seinen Wegen und Liebe in Seiner Natur. Es handelt sich um eine Stellung vollkommenen Glücks in der Gegenwart Gottes. Wir gleichen Gott und das in Christus, dem Gegenstand und Maßstab göttlicher Zuneigung. Auf diese Weise findet Gott Seine Freude in uns. Und wir besitzen eine Natur, die der Seinen gleicht, was die moralischen Eigenschaften betrifft. Dadurch sind wir fähig, voll und ganz und ohne Hindernis diese Natur zu genießen – wir genießen sie in ihrer Vollkommenheit in Ihm.
Gott selbst hat uns ausgewählt
Darüber hinaus ist es Seine eigene Wahl, Seine eigene Zuneigung, die uns in diese Stellung gebracht und die uns in diese Stellung in Ihm geführt hat. Er ist ewig die Freude Gottes gewesen und ist daher dieses Platzes würdig. Unser Herz findet Seine Ruhe in dieser Stellung, denn unsere Natur und die Natur Gottes stimmen überein. Zudem ist unsere Auserwählung durch Gott, diesen Platz einzunehmen, ein Beweis der persönlichen Zuneigung, die Er zu uns hat. Auch besitzen wir dort einen vollkommenen, ja den höchsten Gegenstand vor unseren Herzen, mit dem wir beschäftigt sind: Christus.
Wir sollten berücksichtigen, dass der Segen in der Beziehung, über die wir hier sprechen, in Verbindung mit der Natur Gottes selbst steht. Das ist der Grund dafür, dass nicht gesagt wird, wir seien für diese Stellung nach dem Wohlgefallen Seines Willens zuvorbestimmt. Nein, es geht hier noch nicht um die Stellung, sondern um die Personen, die Gläubigen. Wir sind auserwählt worden in Christus, damit wir in der Gegenwart Gottes gesegnet werden. Diese Auswahl ist die Frucht Seiner unendlichen Gnade. Aber die Freude Seiner göttlichen Natur – wie die unsrige in Ihm – kann keine andere sein als die, welche sie ist: nämlich die Freude an göttlichen Charakterzügen. Denn dies entspricht Seiner göttlichen Natur – Heiligkeit und Liebe. Das tiefe Glück kann nirgendwo anders und mit nichts anderem gefunden werden.