Behandelter Abschnitt Joh 11,20-24
Martha geht zum Herrn
Verse 20-24. Die Neuigkeit von der Ankunft von Jesus erreichte Bethanien. Martha hörte davon und stand sofort auf, um dem Herrn entgegenzugehen. Marthas Herz wurde von den Umständen gelenkt, und die späte Ankunft des Herrn Hess sie sofort aufspringen. Was würde Er sagen? Was würde Er tun? Bei Martha finden wir Vertrauen in Ihn, doch ihr Handeln war unüberlegt.
Maria war ernsthafter. Sie war gewohnt, zu den Füssen des Herrn zu sitzen und dem göttlichen Zeugnis aus seinem Mund zuzuhören. Vielleicht war die Fassungslosigkeit, dass der Herr nicht früher gekommen war, in ihrem Herzen grösser. Doch da sie mehr Ehrfurcht vor seiner Person besass, war sie vom Empfinden für seine göttliche Wesensart mehr beeinflusst. So blieb sie ruhig im Haus und wartete darauf, dass Gott ihr den richtigen Moment zeigen würde, um sich beim Herrn Jesus einzufinden. Ihr zum Bersten volles Herz rechnete immer noch mit Ihm und verliess sich auf Ihn. Sie war zweifellos entmutigt, doch sie wusste, dass sich im Herzen des Herrn eine Liebe fand, die tiefer und vollkommener war als ihre eigene.
Martha kommt zu Jesus, und die Worte liegen ihr schon auf der Zunge. Sie anerkennt Ihn wirklich als Herrn. Sie glaubt wahrhaft an Ihn, doch mit einem Glauben, der wenig davon weiss, was Er ist. «Herr, wenn du hier gewesen wärest», sagt sie, «so wäre mein Bruder nicht gestorben». Sie wusste, dass Gott dem Herrn als Messias alles, worum Er Ihn bat, geben würde. Hier geht es nicht um den Vater und um den Sohn, der das Leben in sich selbst hat. Aber Martha wusste zu gut, was Jesus alles getan hatte, um anzunehmen, dass Gott Ihn nicht erhören würde.
Dieser ganze Abschnitt ist interessant, denn er zeigt uns eine Seele, die an Jesus glaubte, eine Seele, die Ihn liebte. Doch es ist ein Glaube — und viele besitzen einen solchen -, der verschwommen und unbestimmt war. Es ist ein Glaube, der zwar in Jesus einen Mittler erkannte, den Gott erhören würde. Der aber von seiner Person, die in diese Welt gekommen war, nichts wusste, und auch keine Ahnung von der lebendig machenden Kraft im Sohn Gottes hatte, der mitten auf diesen vom Tod beherrschten Schauplatz gekommen war. Die Antwort des Herrn wirft diese Frage auf und gibt die Gelegenheit für das öffentliche Zeugnis Gottes in Bezug auf dieses Thema.
«Dein Bruder wird auferstehen», sagt Jesus. Martha antwortet wie eine orthodoxe Pharisäerin: «Ich weiss, dass er auferstehen wird in der Auferstehung am letzten Tag.» Sie hätte das Gleiche auch von den grössten Feinden von Christus sagen können. Diese werden sicherlich auferstehen. Die Macht Gottes wird das bewirken. Marthas Antwort besagt nichts weiter, erwähnt mit keinem Wort, was der Erlöser war. Der Herr Jesus sagt: «Ich hin die Auferstehung und das Leben.» Wieder sehen wir hier wie im ganzen Evangelium, was Jesus in seiner Person als Licht und Leben, als der in diese Welt Gekommene ist, im Gegensatz zu den Verheissungen, die den Juden gemacht worden waren, auch wenn sie zu Recht von ihnen geschätzt wurden. Davon findet sich hier freilich wenig, oder nur in einer sehr verschwommenen Weise.