„Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich eingeht, wird er errettet werden und wird ein und ausgehen und Weide finden.“ (Joh 10,9). Hier finden wir die dritte Tür. Hier ist es nicht so, dass der Herr herausführt, sondern er führt hier durch die Tür ein. Dieses Bild zeigt die Nationen, die nie in einem Schafhof gewesen sind. Wir waren Fremdlinge in bezug auf das Bürgerrecht und die Verheißung der Bündnisse, ohne Hoffnung und ohne Gott in der Welt. Hier ruft er nicht die Schafe mit Namen und nimmt auch nicht jeden einzeln heraus wie bei den zwölf Aposteln, sondern hier ist der Ruf universell und weltweit: „wenn jemand an mich glaubt, wird er errettet werden“. Wir finden diesen Gedanken zum Beispiel in Joh 3,16 und an vielen anderen Stellen. Diese Schafe werden nicht in den Schafhof des Gesetzes eingeführt, aus dem die Juden herausgeführt worden waren, sondern er führt hier ein in die Freiheiten und die Segnungen des christlichen Glaubens. Der Gläubige kann mit dem Hirten die Segnungen gemeinsam genießen, die er durch seinen Tod am Kreuz hervorgebracht hat. Und dann kann er wieder ausgehen, um solchen von der Gnade zu erzählen, die sie nötig haben. Auf beiden Wegen findet der Gläubige Nahrung, auf dem Weg der Ruhe und Anbetung in der Gegenwart des Herrn, und auf dem Weg des Dienstes.
Diesen „ein und ausgehen“ ist dasselbe wie in 1Pet 2. Zuerst sind wir ein heiliges Priestertum um geistliche Schlachtopfer darzubringen, dann sind wir aber auch ein königliches Priestertum um die Tugenden dessen zu verkündigen, der uns berufen hat aus der Finsternis in sein wunderbares Licht.
Der Vers wird auch im Abschnitt "Die 3 Türen" unter Joh 10,1 behandelt.
Die Vers wird auch im Abschnitt "Typische Themen: 'Freiheit' " unter Joh 8,36 behandelt.
„Ich bin die Tür“
„Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich eingeht, so wird er errettet werden und wird ein- und ausgehen und Weide finden“ (Joh 10,9).
Obwohl Johannes sehr hohe Wahrheiten vorstellt, benutzt er immer eine einfache Sprache und uns leicht verständliche Bilder. Was könnte leichter sein als der Gedanke an Jesus als eine Tür? Wir sind nur Schüler in der Schule Gottes, bis wir aufsteigen in die Herrlichkeit bei ihm. Selbst die fortgeschrittensten Gläubigen sind noch immer Schüler in der Schule Gottes. Wir warten auf den Tag, wenn Gott in einer Sprache zu uns spricht, die uns jetzt weit überlegen ist. „Jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, wie auch ich erkannt worden bin“ (1Kor 13,12).
Christus ist der Weg aus unserer Sünde oder unserem Formalismus – eben alles, was nicht aus Gott ist – und führt uns in jede Segnung jetzt und in Ewigkeit. Christus ist die Tür, nicht eine Tür. Wenn es nur eine Tür gibt, dann kann es auch keine Verwirrung geben. „Wenn jemand durch mich eingeht, so wird er errettet werden.“ Und jeder Mensch darf eintreten. Es ist eine Tür, die weit offen steht für alle Menschen. Es ist nicht ein Nadelöhr, es ist eine weit geöffnete Tür. Es gibt keine Ausnahme, jeder kann zu Christus kommen.
Die Tür, die den Gläubigen in Sicherheit bringt, ist dieselbe Tür, die den Ungläubigen aussperrt. In Christus sehen wir beides: Errettung und Verdammnis.
Wenn jemand einmal im Glauben zu Christus gekommen ist, so darf und sollte er täglich kommen. Er sollte ein und ausgehen und Weide finden. Im Himmel werden wir nicht mehr ein und ausgehen. Jetzt gehen wir ein, um die Reichtümer seiner Gnade zu genießen, und dann gehen wir aus, um der Welt von diesen Reichtümern zu erzählen. Wir gehen ein in der Anbetung und gehen aus zum Dienst. Wir gehen ein, um ihm unsere Bedürfnisse zu sagen (Heb 4,16), und wir gehen aus, um für andere Hilfe zu erbitten. Das „Eingehen“ steht immer vor dem „Ausgehen“. Die Seele empfängt immer einen Nutzen, wenn sie im Inneren mehr über Christus lernt, und es gibt Nahrung, wenn wir von ihm vor der Welt zeugen. Wir wachsen, wenn wir sein Wort studieren und anbeten, sinnen und beten in seiner Gegenwart; und es ist auch Wachstum und Nahrung für unsere Seelen, wenn wir ausgehen und den Sündern und den Heiligen dienen. Ja, es kann Weide gefunden werden, wenn wir uns von Christus nähren und auch, wenn wir andere nähren, denn auch die versprengten Schafe werden durch diesen Dienst wachsen.
Ein Zusammenfassung über die sieben Ich-bin-Aussagen des Herrn befindet sich im Abschnitt "Die 7 Mal 'Ich bin'" unter Joh 8,58.
Typische Begriffe: “aus“
In diesem Evangelium, in dem viele neue Wahrheiten des Christentums eingeführt werden, können wir wohl erwarten, dass die Menschen von den alten Dingen herausgeführt werden. Unser Herr sagt in Joh 10, dass jeder Mensch, der durch Christus, der die Tür ist, hineingeht, gerettet werden wird und ein- und ausgehen und Weide finden wird (Joh 10,9). Hier haben wir das „herein“ des christlichen Lebens und das „aber“ des christlichen Zeugnisses. So lesen wir auch in Joh 2 von dem Wasser, das in die Wasserkrüge gefüllt und dann ausfließt, zur Freude und Erfrischung der Menschen. In Joh 4 entspringt der Brunnen des lebendigen Wassers in dem Gläubigen zum ewigen Leben quillt; und in Joh 7 fließt es wieder als ein Strom heraus, um den Seelendurst aller zu stillen, die kommen, um zu trinken. In Joh 10 finden wir, dass der Gläubige in der Hand Christi und in der Hand des Vaters ist, und ihn niemand aus dieser Hand rauben kann (Joh 10,28.29). Unser Herr geht aus der Welt hinaus zum Vater (Joh 13,1), und die Gläubigen werden in der Welt zurückgelassen (Joh 17,15). Dann haben wir das traurige Schauspiel des Judas, der hinausgeht – in die ewige, undurchdringliche Finsternis.
In Joh 8 haben wir das Vorkommen dieses kleinen Wörtchens „hinaus“ viermal in Verbindung mit einer für die Schriften des Johannes charakteristischen Wahrheit. In Joh 8,9 gingen die stolzen Führer der Nation einer nach dem anderen aus dem Tempel, verurteilt durch ihr eigenes Gewissen. Am Ende desselben Kapitels ging Jesus aus dem Tempel. In Joh 9,34 stießen die Pharisäer den Blinden aus, der geheilt worden war. Und in Joh 10,3 führt der Herr selbst seine Schafe aus der Herde heraus.
In diesem vierfachen „Herausführen“ gibt es eine klare Gedankenfolge. Zuerst gingen die stolzen Führer Israels aus dem Tempel hinaus. Sie hatten das Urteil über eine arme, schuldige Frau verhängt, und als unser Herr sie mit einfachen Worten daran erinnerte, dass dasselbe Gesetz für alle Menschen gleichermaßen gilt, weigerten sie sich, sich ihm zu unterwerfen. Anstatt seine verdammenden Beweise anzuerkennen, anstatt sich an Ihn um Vergebung zu wenden, wie die Frau es tat, gingen sie, von ihrem eigenen Gewissen verurteilt, aus Seiner Gegenwart. In Überzeugung verließen sie den Tempel, das Symbol ihrer Religion und ihrer äußeren Stellung vor Gott. Das Gesetz hatte sie verurteilt, aber es veranlasste sie nicht, sich zu demütigen. Dabei war das Gesetz doch gerade zu dem Zweck gegeben worden, die Menschen zu Christus zu führen (Gal 3,24). Indem sie Christus und einem wahren Bekenntnis ihrer Schuld den Rücken kehrten, verwarfen sie Gottes Weg der Erlösung und verschlossen sich selbst jedem Angebot der Gnade.
Sie verließen den Tempel, und so ist es kein Wunder, dass am Ende von Joh 8 auch der Herr aus dem Tempel herausgeht. Er hat ihn nie wieder betreten. Seine Ablehnung durch die Nation wurde angedeutet, als die jüdischen Führer den Tempel verließen. Er ließ den Tempel leer von der Gegenwart des Gottes, den sie zu kennen und anzubeten vorgaben, denn Jesus war ihr Herr. In Mt 23,38 sagt Jesus: „Siehe, euer Haus wird euch öde gelassen.“ Er nennt es nicht mehr das Haus seines Vaters, sondern ihr Haus. Es war nun die leere Hülle einer Religion, die ihren Gott verworfen hatte und im Begriff war, Ihn zu kreuzigen.
In Joh 9,34 lehnten dieselben Menschen ihren Messias noch weiter ab, indem sie den Mann, der gut von ihm sprach, hinauswarfen. Ihre Augen waren blind für ihren Zustand, so wie die Augen Israels noch immer blind sind – bis zu dem Tag, an dem der Schleier abgenommen wird und sie auf Den schauen werden, den sie durchbohrt haben, und über ihre schreckliche Sünde, Ihn zu verwerfen, trauern werden.
Die Tat Israels in Joh 9, als es den einst blinden Mann, der von Christus zeugte, hinauswarf, ist ein Symbol für die Haltung der Juden von diesem Tag an bis heute. Sie lehnen Christus für sich selbst ab und verfolgen diejenigen, die sich zu Ihm bekennen, wie Paulus in 1Thes 2,15.16 feststellt: „. . . die sowohl den Herrn Jesus als auch die Propheten getötet und uns durch Verfolgung weggetrieben haben und Gott nicht gefallen und allen Menschen entgegen sind, indem sie uns wehren, zu den Nationen zu reden, damit sie errettet werden, um so ihre Sünden allezeit voll zu machen; aber der Zorn ist völlig über sie gekommen.“
Die religiöse Welt wirft auch heute noch den wahren Bekenner hinaus, aber sie werfen ihn nur in die Arme Jesu. Er hörte, dass sie den Mann hinausgeworfen hatten, und Er fand ihn. Die Verwerfung durch die Welt bringt einen immer in die Gemeinschaft mit Christus und öffnet die Augen für seine Liebe und Größe.
Als nächstes lesen wir, dass Jesus die Seinen aus dem Hof herausführt (Joh 10,3) – heraus aus dem religiösen Bereich, aus der Formalität, aus dem, was Christus hasst – hinein in die Freiheit, die Fülle, den überfließenden Segen des Christentums. Sie sind nicht mehr auf die Grenzen des Schafstalls beschränkt, sondern werden zum Genuss aller geistlichen Segnungen in Jesus Christus geführt. So führt Christus die Seinen aus der Knechtschaft des Judentums heraus in die herrliche Freiheit des christlichen Segens.