Einleitung
Zeit der Abfassung dieses Briefes
Paulus hat diesen Brief von Ephesus aus geschrieben, und zwar im Jahr 57 n. Chr., am Ende seines dreijährigen Aufenthaltes dort während seiner dritten Missionsreise (Apg 19).
Die Apostelgeschichte gibt uns Aufschluss darüber, dass Paulus auf seiner zweiten Missionsreise (51–54 n. Chr.) seine Mitarbeiter in Beröa zurückließ und ohne sie nach Athen (Apg 17) und anschließend nach Korinth weiterreiste, wo er sich eineinhalb Jahre aufhielt (Apg 18). Paulus war mit Furcht und Zittern nach Korinth gekommen (2,3).
Wie sollte er diesen Menschen das Evangelium verkündigen; auf welcher „Wellenlänge“ sollte er sie ansprechen? Gott ermunterte ihn dadurch, dass er einen Juden namens Aquila mit seiner Frau Priszilla traf, die an Gott glaubten und Christen wurden. Aquila war wie Paulus Zeltmacher. Später kam in diese Stadt ein bedeutender Mann: Apollos. In 1. Korinther 1,12 finden wir, dass auch Petrus einige Zeit in dieser Stadt gearbeitet haben muss.
Da es nur wenig und schwierige Kommunikation gab, hatte Paulus nach seiner Abreise offensichtlich lange Zeit nichts von den Gläubigen in Korinth gehört. Er hatte inzwischen seine dritte Missionsreise (54–58 n. Chr.) begonnen und war nach Ephesus gekommen, wo er sich drei Jahre aufhielt. Gegen Ende dieser Zeit erreichten ihn dort betrübliche Nachrichten über Korinth. Diese Nachrichten waren der Anlass für seinen ersten Brief an die Korinther.
Korinther – Hauptstadt von Achaja
Korinth, die Hauptstadt der griechischen Provinz Achaja, war eine Großstadt und Teil des Römischen Reiches mit einem römischen Statthalter (Prokonsul) (Apg 18). Sie bestand zu zwei Drittel aus freigelassenen römischen Sklaven. Das Verhältnis zwischen Freien und Sklaven wird in diesem Brief ausführlich behandelt. Außerdem wohnten viele Juden in der Stadt. Diese Problematik wird bereits in Kapitel 1 behandelt.
Korinth war ein bedeutendes Handelszentrum, eine Hafenstadt, so dass viele Fremde hier verkehrten, was zur Folge hatte, dass es viel Unzucht in dieser Stadt gab. Ebenfalls gab es Götzendienst; hier waren eine ganze Menge Tempel zu Ehren verschiedener Gottheiten, insbesondere der griechischen Aphrodite. So gab es auch Tempelprostitution. korinthiazesthai bedeutete: ein ausschweifendes Leben führen. Als „korinthisches Mädchen“ bezeichnete man eine Frau mit einer anstößigen Lebensweise. – Hier wohnten Menschen verschiedener Nationen zusammen, unter anderem auch Juden. Es gab Herren und Sklaven.
Die griechische Philosophie
Die griechische Weisheit und Philosophie wurde in höchsten Ehren gehalten. Die Menschen überschätzen sich völlig bezüglich ihrer Argumentation (Redeweisheit).
Anlass des Briefes
Möglicherweise hatte Paulus schon früher einen Brief an die Korinther geschrieben und kann ein Missverständnis der Anlass für diesen ersten Brief an die Korinther gewesen sein (siehe auch Punkt 8.1). Es gab zwei Anlässe dafür; Paulus bekam zweimal Besuch: in Kapitel 1,11 kamen die Hausgenossen der Chloe und berichten ihm von den Spaltungen (Kap. 1–4). Außerdem hatte er von der Hurerei gehört (Kap. 5) und schließlich von Rechtsstreitigkeiten (Kap. 6). Vielleicht hatte Paulus diese ersten sechs Kapitel geschrieben, als er erneut Besuch bekam (mindestens drei Brüder: Stephanas, Fortunatus und Achaikus; Kap. 16,17). Diese Brüder hatten einen Brief mit einer Anzahl Fragen aus Korinth mitgebracht. Darauf nimmt Paulus jeweils Bezug:
Ehescheidung (Kap. 7)
Essen von Götzenopfern (Kap. 8)
Gnadengaben (Kap. 12)
Kollekte (Kap. 16).
Beachte den Ausdruck „höre ich“ (7,1; 8,1.4; 11,18; 12,1; 15,12; 16,1.12). Andere Probleme der Versammlung in Korinth, über die Paulus in diesem Brief schreibt, sind ihm möglicherweise durch Gespräche mit diesen drei Brüdern bekanntgeworden.
Aktualität des Briefes für unsere Zeit
Dieser Brief ist sehr aktuell, weil wir auch heute mit noch genau denselben Problemen zu tun haben. Weder hat die Aktualität an Bedeutung verloren noch die Bedeutung dieses Briefes. Der Brief ist in keiner Hinsicht weder zeitgebunden noch kulturgebunden.
Sünden in Korinth
Der Brief ist sehr praktisch. Ein kennzeichnender Begriff in diesem Brief ist: aufgeblasen (Kap. 4,6.18.19; 5,2; 8,1). Durch die Wirksamkeit des Fleisches hielten diese Menschen sehr viel von sich: geistlicher Hochmut. Die Tore waren offen für die Weisheit der Welt. Geistliche Erschlaffung trat ein. Man fing an, die Gewohnheiten der Welt zu übernehmen: Hurerei, Unordnung in den Zusammenkünften, Trunkenheit, Unbeherrschtheit und schließlich Irrlehre zur Auferstehung. Dann gab es Spaltungen usw.
Zusammenfassung von Apostelgeschichte 18
Paulus war vorher allein in Athen und kam auch allein von dort nach Korinth (V. 1).
Dort traf er Aquila und Priszilla und arbeitete mit ihnen zusammen (V. 2.3).
An jedem Sabbat überzeugte er Juden und Griechen (V. 4).
Danach kamen Silas und Timotheus von Mazedonien zu Paulus. Er bezeugte den Juden, dass Jesus der Christus sei. Da sie widerstrebten, kündigte er an, zu den Nationen gehen zu wollen (V. 5.6).
Viele Korinther, die der Botschaft glaubten, wurden getauft, unter ihnen Krispus, der Synagogenvorsteher (V. 7.8).
Der Herr ermunterte Paulus zu reden und verhieß ihm, mit ihm zu sein. Gott hatte ein großes Volk in dieser Stadt. Daraufhin hielt Paulus sich anderthalb Jahre dort auf und lehrte das Wort Gottes (V. 9–11).
Dann entstand Widerstand. Gallion war Prokonsul und damit auch Richter. Die Juden klagten ihn an, Gallion wollte jedoch nichts davon wissen und verjagte sie (V. 12–16).
Inzwischen war Sosthenes Synagogenvorsteher (in V. 8 war es Krispus), den nahmen die Juden und schlugen ihn (V. 17).
Paulus verließ Korinth (V. 18).
Am Ende des Kapitels lernen wir Apollos kennen, der ebenfalls im ersten Korintherbrief erwähnt wird (V. 24–28).
Paulus hatte vor, nach seinem Aufenthalt in Ephesus wieder nach Mazedonien und Achaja zu reisen und sandte die beiden Brüder Timotheus und Erastus voraus nach Mazedonien. Er selbst blieb noch eine Zeit lang in Asien (19,21.22).
Während dieser Zeit hat er wohl diesen Brief geschrieben.
Anlässe für das Schreiben dieses Briefes
Möglicherweise hatte Paulus bereits früher einen Brief an die Korinther geschrieben. Wir lesen in Kapitel 5,9: „Ich habe euch in dem Brief geschrieben, nicht mit Hurern Umgang zu haben.“ Möglicherweise hatten die Korinther diesen Brief falsch verstanden. Natürlich kann man Kontakt mit Ungläubigen haben.
Paulus hatte von Geschwistern gehört, dass es in Korinth Probleme gab. Es ist nicht sicher, dass die Geschwister aus Korinth waren, möglicherweise waren sie auch aus Ephesus, und hatten Korinth besucht? Die Probleme waren:
Spaltungen (Kap. 1)
Hurerei (Kap. 5)
Rechtshändel vor den Ungerechten (Kap. 6)
Unordnung beim Brotbrechen (Kap. 11)
falscher Gebrauch der Gaben (Kap. 12–14)
Leugnung der Auferstehung (Kap. 15)
Die Korinther hatten Paulus ihrerseits einen Brief geschrieben: „Was aber das betrifft, wovon ihr [mir] geschrieben habt, so ist es gut für einen Menschen, keine Frau zu berühren“ (7,1). „Was das betrifft“ kommt auch vor in Kapitel 7,25; 8,1.4; 12,1; 16,1.12.
Kapitel 1
Einleitung
Nachdem Paulus in der Einleitung (1,1–9) zuerst auf die Parteiungen eingeht (1,10–17), behandelt er, bevor er in Kapitel 3 das Thema dieser Parteiungen wieder aufnimmt, zwei fundamentale Punkte:
das Kreuz Christi (Kap. 1) stellt das Fleisch beiseite
Der Heilige Geist (Kap. 2) führt zur Bekehrung und zum Glauben und gibt die Kraft zu einem neuen Leben.
Bei den Spaltungen wird deutlich, dass es eine Partei gab, die Paulus zu ihrem Führer gemacht hatte. Das kann bedeuten, dass die anderen Gruppen (Petrus, Apollos) die Apostelschaft des Paulus anzweifelten.
Einteilung
Absender und Empfänger (V. 1‒3)
Dank für die Korinther für ihren geistlichen Reichtum (V. 4‒9)
Warnung vor Spaltungen in der Versammlung (V. 10‒17)
Die Weisheit der Welt und die Verachtung des Kreuzes (V. 18‒25)
Die Berufung der Korinther und die Segnungen in Christus (V. 26‒31)
Vers 1
Paulus, berufener Apostel Christi Jesu durch Gottes Willen, und Sosthenes, der Bruder: Paulus tritt hier mit apostolischer Autorität auf, im Auftrag des verherrlichten Menschen Christus Jesus.1 Es gab Dinge in Korinth zu regeln, die nur Paulus als Apostel regeln konnte. Viele Missstände standen zur Behandlung an. Außerdem spricht er durch Inspiration in göttlicher Autorität. Seine Apostelschaft war der Wille Gottes. Wir haben in diesem Brief nicht die Meinung irgendeines Mannes aus dem ersten Jahrhundert, sondern apostolische Autorität. Paulus war vom Herrn gesandt, von Ihm berufen. Der Herr ist ihm auf dem Weg nach Damaskus erschienen und hat ihn zum Apostel berufen.
Außerdem ist dieser Brief göttlich inspiriert, Wort für Wort.
Durch Gottes Willen: Gott hat nicht nur ewige Ratschlüsse festgelegt, sondern auch diesen Apostel zu seinem Apostelamt berufen.
Sosthenes: Möglicherweise ist Sosthenes der Nachfolger des Krispus (Apg 18,17), der zum Glauben an den Herrn gekommen war. Offensichtlich hat Sosthenes sich ebenfalls bekehrt. Mehr wissen wir nicht von ihm. Er ist einfach der Bruder. Das ist auch ein sehr wichtiger Titel. Auf der einen Seite finden wir Paulus als Apostel, andererseits verbindet er sich in seinem Gruß mit einem einfachen Bruder. Bei der Abfassung des Briefes befanden sich beide in Ephesus.
1 Im Philipperbrief spricht Paulus überhaupt nicht darüber, dass er ein Apostel war. Dort war er Bruder unter Brüdern. Im Galaterbrief wurde die apostolische Autorität des Paulus in Frage gestellt.↩︎