Einleitende Punkte zu Haggai
Eine Überschrift könnte sein: Wiederaufbau des Hauses Gottes
Auch für uns ist die Botschaft dieses Propheten sehr wichtig (1Kor 10,6.11; vgl. Röm 15,4).
„Eine der Lektionen, die wir lernen, ist diese: Wenn wir von dem Herrn abweichen, zieht das Züchtigung Gottes nach sich. Aber damit will Gott eine Wiederherstellung bewirken und Segen schenken, damit wir uns von unserem Irrweg abwenden“ (J. G. Fijnvandraat, S. 35)
Nach der Rückkehr des Überrestes aus Babylon wurde zuerst der Altar errichtet (Esra 3): Er bildet die Grundlage der Beziehung des Volkes zu Gott. Doch nachdem der Altar errichtet wurde, ging das Interesse am Tempelbau bald zurück. Man dachte, dass Darbringen der Opfer sei das Wichtigste, der Bau des Hauses war keine Herzenssache mehr. Kann es sein, dass auch wir zufrieden sind, wenn die Anbetung funktioniert, doch an der Bildung des Hauses Gottes besteht kein Interesse (vgl. WK, Der Prophet Haggai).1
Der Grund zum Haus wurde im Jahr 536, dem 2. Jahr nach der Rückkehr des Überrestes aus Babylon gelegt. Dann folgte eine 16-jährige Unterbrechung. Die Samariter versuchten, mitzubauen – das lehnten die Juden zwar ab –, doch es gelang ihnen, das Weiterbauen zu vereiteln (Esra 4,1-5).
Aus Kapitel 2 geht hervor, dass der eigentliche Grund zur Unterbrechung des Bauens nicht der äußere Anlass war, sondern die mangelnde innere Bereitschaft, die Arbeit fortzusetzen. Haggai und Sacharja deckten das in ihren Prophezeiungen auf. Ihr Dienst bewirkte unter dem Volk eine Umkehr, die zur Fortsetzung des Tempelbaus führte. Weissagung besteht ja unter anderem darin, zuerst einmal Sünde aufzudecken und dann zu einem gottesfürchtigen Leben zu ermutigen (1Kor 14,3).
Die Fortsetzung des Tempelbaus wird in Esra 5,2; 6,14 erwähnt.
Esra und der Überrest bauten nicht ein neues Haus, sondern das frühere wieder auf (5,11–13). Insgesamt finden wir fünf Tempel: unter Salomo, Serubbabel, Herodes (der 2. Tempel, stark erweitert), dann künftig unter dem Antichrist (2Thes 2) und schließlich im Friedensreich. Für Gott ist es immer ein und derselbe Tempel. Daher spricht auch Haggai nicht von der Herrlichkeit der letzten Hauses, wie es manche übersetzen, sondern sagt: „die letzte Herrlichkeit dieses Hauses“ (2,9).
Jahreszahlen
Jahr | Ereignis |
---|---|
605, 598, 588 | Wegführung in die babylonische Gefangenschaft |
586 | Zerstörung des Tempels |
539 | Einnahme des babylonischen Reiches durch die Meder und Perser (von Habakuk vorhergesagt) |
538 | Erlaubnis der Rückkehr des Überrest und Auftrag, den Tempel zu bauen |
537 | Rückkehr |
536 | Beginn des Tempelbaus, das heißt der Fundamente |
520 | Weiterbau |
Die verschiedenen Tage in Haggai
01.06. | 29.08.520 | 1. Botschaft Gottes durch Haggai an das träge Volk (1,1) |
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24.06. | 21.09.520 | Wiederaufnahme der Arbeit am Tempel (1,15) |
21.07. | 17.10.520 | 2. Botschaft – mit einem Ausblick auf die zukünftige Herrlichkeit des Hauses (2,1) |
24.09. | 18.12.520 | 3. Haggai belehrt das Volk mit dem Gesetz (2,10) |
24.09. | 18.12.520 | Aufruf an das Volk zur Besinnung (2,18) |
24.09. | 18.12.520 | 4. Weitere Botschaft mit Bezug auf Serubbabel |
Inhaltsangabe des Buches (JGF)
1. Rede (Kap 1)
Zurechtweisung des Volkes wegen seiner Lauheit und seines Mangels an Hingabe an das Werk des Herrn (1,1–6)
Aufruf, die Arbeit am Haus des Herrn wieder aufzunehmen mit Blick auf die Züchtigung des Herrn in der Vergangenheit (1,7–11)
Die Wirkung dieses Aufrufs (1,12–15)
2. Rede (Kap. 2,1–9)
Ermutigung angesichts des gegenwärtigen kläglichen Zustand des Hauses (2,1–5)
Vorhersage über die zukünftige Herrlichkeit des Tempels (2,6–9)
3. Rede (Kap. 2,10–19)
Unterweisung des Volkes durch ein Beispiel aus dem Gesetz (2,10–14)
Erneuter Rückblick und die Verheißung zukünftigen Segens (2,15–19)
4. Rede (Kap. 2,20–23)
Verheißung für Serubbabel mit messianischer Bedeutung
Kapitel 1
Einleitung
Gott stellt dem Volk durch den Propheten immer wieder Fragen
Wenige Propheten haben mit so wenigen Worten so viel gesagt (F. E. Gaebelein)
Haggai erwähnt nicht die Feinde, die der Anlass waren, dass die Arbeit am Tempel aufhörte
Für die Verse 1–11 ist der Name Herr der Heerscharen typisch, für andere Verse Gott und Herr
Einteilung
Einleitung (V. 1)
Erste Botschaft: Aufdeckung des Übels und das entsprechende Resultat ‒ Abhilfe wie? (V. 2–8)
Zweite Botschaft: Vergebliches Arbeiten ‒ Konsequenzen daraus? (V. 9.10)
Dritte Botschaft: Gericht und Gehorsam (V. 11.12)
Erneute Botschaft Haggais: Ermutigung und Erweckung (V. 13‒15)
Vers 1
Im zweiten Jahr des Königs Darius, im sechsten Monat, am ersten Tag des Monats, erging das Wort des Herrn durch den Propheten Haggai an Serubbabel, den Sohn Schealtiels, den Statthalter von Juda, und an Josua, den Sohn Jozadaks, den Hohenpriester, indem er sprach: Das ist Darius Hystaspis (522–486); vgl. Esra 4,5.24. Er ist der Nachfolger des Kambyses, eines Sohnes Kores’. Israels Zeit wird seit der letzten Wegführung nach fremden Herrschern gezählt. Eines Tages wird das gängige Zahlungsmittel das römische in Israel sein, und zwar mit dem Bild des Kaisers (siehe Mt 22,17-22).
Im sechsten Monat, am ersten Tag: (29.08.520) – Das war ein Neumond, also ein Neuanfang, wo das Volk in Jerusalem versammelt war. Blasen der Posaune und Darbringung von Brand-, Speis- und Sündopfern (4Mo 28,11-12). In diesem Monat wurden Trauben, Feigen und Granatäpfel geerntet.
Das Wort des Herrn: In dem Namen Jahwe verbindet sich die Majestät Gottes (der Ewige) und seine Autorität und Zuneigung zu seinem Volk. Das Wort Gottes zu hören und zu befolgen bedeutet Segen für das Volk.
Durch den Propheten Haggai: Mehr lesen wir von Haggai nicht; wir wissen nichts über seine Abstammung. Sein Name bedeutet „der Festliche“ oder „mein Fest“ (3Mo 23).2 Vielleicht war er an einem Festtag geboren. In Vers 13 wird er der „Bote des Herrn“ genannt. Die Botschaft des Propheten steht im Fokus, nicht seine Person. Er war das Instrument, durch das Gott sprach.
So soll es auch heute bei jedem Verkündiger sein. Wir wissen auch nichts über sein Alter – es mag sein, dass er der ältere war, denn Sacharja war ein Jüngling (Sach 2,4). Daraus, dass er über die frühere Herrlichkeit des Tempels spricht, kann man nicht schließen, dass er ihn gesehen habe – er gab ja Gottes Botschaft weiter.
An Serubbabel, den Sohn Schealtiels, den Statthalter von Juda, und zu Josua, den Sohn Jozadaks, den Hohenpriester: Das waren die beiden führenden Männer der aus Babel zurückgekehrten Juden. Bei ihnen lag die geistliche Führung. Auch sie waren träge geworden und waren kein gutes Beispiel für das gesamte Volk.
Serubbabel: o. Sesbazar. In Babel auferzogen, Spross aus Babel. – Kores gab die Tempelgeräte in seine Hände (Esra 1,8), die er treu verwaltete (Esra 1,11). Kores hatte ihn als Statthalter angestellt (Esra 5,14-16). Serubbabel wird hier und an anderen Stellen der Sohn Schealtiels genannt und woanders der Sohn Pedajas (1Chr 3,19). Möglichweise hat eine Leviratsehe stattgefunden.
Josua, der Sohn Jozadaks: Jozadak war wahrscheinlich 586 in die Gefangenschaft nach Babel gebracht worden (1Chr 6,14-15). In diesem Jahr wurde der Großvater Josuas, Seraja, von Nebukadnezar ermordet (2Kön 25,18-21).
1 https://biblische-lehre-wm.de/wp-content/uploads/AT-37-Haggai-WKelly-D.pdf, Seite 7 und 8.↩︎
2 Fest (hebr. moved) = bestimmter Platz, Zusammenkunft, bestimmte Zeiten (um Gott zu nahen).↩︎