Einleitung
Nun ist das Verlangen der Braut nach dem Bräutigam erwacht. Offensichtlich hat sie aber den Platz der Geborgenheit noch nicht verlassen; es war ist ja auch noch Nacht (2,17). Ihre Liebe zu ihm war abgeflaut (2,15). Die Braut war der zweimaligen Aufforderung des Bräutigams, zu ihm hinauszukommen, nicht gefolgt.
Meistens sind wir im Glaubensleben viel zu kompliziert. Was nützen alle Analysen der Umstände oder unserer eigenen Empfindungen und Reflektionen über unsere Liebe zum Herrn. Der schlichte, gehorsame Glaube würde uns nicht nur aus aller Selbstreflektion herausreißen, sondern uns eine völlig neue Welt der Gemeinschaft mit dem Herrn öffnen. Gibt es etwas Einfacheres als die Aufforderung: Komm!? Der Herr weiß besser als wir, wann wir lagern und wann wir aufbrechen müssen, so wie es mit der Wolken- und Feuersäule war (4Mo 11).
Einteilung
Die Braut sehnt sich nun nach dem Bräutigam und findet ihn (V. 1‒4)
Kehrreim: die Liebe weder wecken noch stören (V. 5)
Die Braut kommt geschützt aus der Wüste herauf (V. 6‒8)
Salomo erscheint in seiner Prachtsänfte: Krönung und Vermählung finden an einem Tag statt (V. 9‒11)
Vers 1
Auf meinem Lager in den Nächten suchte ich ihn, den meine Seele liebt: Ich suchte ihn und fand ihn nicht: Hatte die Braut den Bräutigam in der Nacht fortgeschickt (V. 17), so war er bei Tagesanbruch nicht zurückgekehrt. Doch nun beginnt sie ihn zu suchen. Das tat sie nun zum falschen Augenblick und am falschen Ort. Wie sollte sie ihn auf ihrem Lager suchen? Suchte sie ihn in ihrer Gefühlswelt? Manche guten Vorsätze werden nachts gefasst, wenn man nicht schlafen kann, die jedoch nie zur Ausführung kommen.
Den meine Seele liebt: Sicher liebte sie ihn und erinnerte sie sich an die Zeit, wo sie krank war vor Liebe (2,5). Doch als der Bräutigam sie aufforderte zu kommen, hätte sie ihre Liebe durch Gehorsam beweisen können (Joh 14,21-23). Wie wenig sind wir uns selbst oft über unsere Liebe zum Herrn und unsere Motive klar. Petrus meinte, den Herrn zu lieben, doch woran sollte der Herr das erkennen? Er hatte von den anderen Jüngern gesagt: „Wenn alle an dir Anstoß nehmen werden, ich werde niemals Anstoß nehmen.“ (Mt 26,33).