1. Einleitung
1. Auslegungsmöglichkeiten
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Bibel auszulegen, und das gilt auch für das Hohelied. Die erste Möglichkeit ist die, dass man sich fragt, wie das Buch geschichtlich oder buchstäblich zu verstehen ist. Die zweite Möglichkeit besteht darin, dass man der Frage nachgeht, was die geistliche Bedeutung ist, die sich auch für unser Leben als Christen daraus ergibt. Und schließlich haben viele Bücher oder Abschnitte der Bibel auch eine prophetische Bedeutung, was insbesondere für das Hohelied gilt.
Es geht in diesem Buch um einen Bräutigam und seine Braut. In den Propheten des Alten Testaments finden wir öfter, dass Gott sich selbst mit einem Ehemann und das Volk Israel mit einer Ehefrau vergleicht (Jes 54,6; Jer 2,2; 3,1.20; Hes 23,2; Hos 2,19). Gott gebrauchte das Bild der Ehe, wenn Er durch die Propheten zum Volk sprach, um das Volk an seine Liebe zu Ihm zu erinnern und daran, was für eine enge Beziehung Er zu seinem Volk eingegangen war. In diesem Sinn hat das Hohelied eine tiefe prophetische Bedeutung im Blick auf Christus und das Volk Israel.
In diesem Buch ist Christus der Bräutigam und sein irdisches Volk Israel die Braut. Die Anwendung auf Christen als Bräutigam ist individuell möglich. Die Braut ist der Überrest des irdischen Volkes Gottes, eig. der beiden Stämme des Südreichs (Juda, Benjamin). Noch genauer: die Hauptstadt des Südreichs: Jerusalem. Die Jungfrauen sind die Töchter Jerusalems (= Tochterstädte; vgl. 1,5). Die kleine Schwester in 8,8 ist der Überrest aus den zehn Stämmen des Nordreiches.
Als der Herr Jesus vor etwas mehr als 2000 Jahren auf die Erde kam, hatte Er im Volk Israel keine Braut. Obwohl Er kam und gestorben ist, um sich insbesondere die Gemeinde zu erwerben (Eph 5,25), hat Er das Werk auf dem Kreuz doch auch deshalb vollbracht, dass Er einmal unter dem Volk Israel eine Braut haben würde. Das bedeutet, wie wir auch aus vielen Stellen der Heiligen Schrift wissen, dass es in Zukunft unter dem Volk Israel einen Überrest geben wird, dem der Herr Jesus sich zuwendet und bei dem Er Liebe zu sich wecken wird.
2. Personen in diesem Buch
Bräutigam (Christus als König Israels)
Braut (die Stadt Jerusalem = Hauptstadt des Südreichs)
Jungfrauen (Töchter Jerusalems, Töchterstädte)
Mutter der Braut und des Bräutigams (das frühere Israel)
Schwester der Braut (10 Stämme Israels = Nordreich)
3. Bezeichnungen für Bräutigam und Braut
Braut (4,8.9.10.11.12; 5,1)
Freundin (1,9.15; 2,2.10.13; 4,1.7; 5,2; 6,4)
meine Taube (2,14; 5,2; 6,9)
meine Vollkommene (5,2; 6,9)
meine Schwester (4,9.10.12; 5,1.2)
meine Schöne (2,10.13)
du Schönste unter den Frauen (1,8; 5,9; 6,1)
Fürstentochter (7,2)
4. Bezeichnungen für den Bräutigam
den meine Seele liebt (1,7; 3,1.2.3.4)
mein Freund (5,16)
mein/dein/ihr Geliebter (1,13.14.16; 2,3.8.9.10.16.17; 4,16; 5,2.4.5.6.8.9.9.9.10.16; 6,1.1.2.3.3; 7,9.10.11.13; 8,5.14)
König (1,4.12; 3,9.11; 7,6)
2. Einteilung des Hohenliedes
Das Aufblühen der gegenseitigen Liebe (Kap. 1,1–2,7)
1,1 | Überschrift – Titel des Buches |
1,2–4 | Die Braut verlangt nach der Liebe des Bräutigams – er soll sie in seine Nähe ziehen – sie möchte, dass auch andere ihm näher kommen |
1,5.6 | Sie ist sich ihrer Herkunft bewusst: schwarz und ungeliebt – sie hat selbst versagt |
1,7 | Der erneute Wunsch, in seiner Nähe zu sein |
1,8–11 | Salomo bestätigt ihr seine Liebe |
1,12–2,2 | Das Aufblühen und Bezeugen der gegenseitige Liebe |
2,3–6 | Die Braut findet alles beim Bräutigam: Schutz, Nahrung, Freude, Liebe, Geborgenheit |
2,7 | Kehrreim: die Liebe weder wecken noch stören |
Erneutes Suchen und Finden der Liebenden (Kap. 2,8–3,5)
2,8–14 | Der Bräutigam versucht, die abgekühlte Liebe wieder aufzuwecken |
2,15.16 | Elemente, die die Liebe stören, müssen entfernt werden – die Liebe blüht wieder auf |
2,17 | Die Braut schickt den Bräutigam erst einmal weg |
3,1–4 | Nun sehnt die Braut sich nach dem Bräutigam und findet ihn |
3,5 | Kehrreim: die Liebe weder wecken noch stören |
Hauptteil (Kap. 3,6–8,4)
3,6–5,1 | Die gegenseitige Liebe ist an Erfahrungen reicher geworden und tritt in eine tiefere Phase ein |
3,6–8 | Die Braut kommt aus der Wüste herauf – Salomo hat ihr sein Tragbett geschickt, außerdem 60 Helden zum Schutz |
3,9–11 | Salomo erscheint in seiner Prachtsänfte – seine Krönung und Vermählung finden an einem Tag statt |
4,1–5 | Erste Beschreibung der Schönheiten der Braut |
4,6 | Die Braut geht zum Myrrhenberg und Weihrauchhügel |
4,7.8 | Von den Bergen zurück ins Land |
4,9–15 | Was die Braut dem Bräutigam bedeutet |
4,16 | Die Braut verlangt nach Nord- und Südwind, damit sich die Wohlgerüche voll entfalten und der Geliebte kommen möge |
5,1 | Der Bräutigam folgt der Einladung |
5,2–6,9 | Die Liebe verschmäht und wiedergewonnen |
5,2–8 | Die Braut schläft erneut, öffnet dem Bräutigam nicht, sucht ihn aber später |
5,9–16 | Die Braut beschreibt die Schönheiten des Bräutigams |
6,1–3 | Andere wollen zusammen mit der Braut den Bräutigam suchen |
6,4–9 | Zweite Beschreibung der Schönheiten der Braut |
6,10–8,4 | Sulamiths Schönheit und geistliche Reife |
6,10–12 | Der Bräutigam geht in den Nussgarten hinab |
7,1 | Die Braut soll umkehren |
7,2–10 | Dritte Beschreibung der Schönheiten der Braut |
7,11–8,3 | Die Braut lädt den Bräutigam ein – die Liebe ist erneut erwacht |
8,4 | Kehrreim: die Liebe weder wecken noch stören |
Schlussteil (Kap. 8,5–14)
8,5 | Die Braut kommt erneut von der Wüste herauf |
8,6.7 | Die Stärke der Liebe |
8,8–10 | Die Schwester der Braut – die Braut selbst |
8,11.12 | Salomos Weinberg und Sulamiths Weinberg |
8,13 | Ein letztes Wort an die Braut |
8,14 | Die Braut verlangt nach dem Kommen des Bräutigams |
3. Literatur
Darby, J. N., Betrachtungen über das Wort Gottes – das Hohelied; Neustadt (Paulus-Verlag)
Hadley, E. C., The Song of Solomon, Grace and Truth, Hillery, Danville
Kelly, W., Das Lied der Lieder, auf https://biblische-lehre-wm.de/wp-content/uploads/AT-22-Hohelied-WKelly-D.pdf
Miller, Andrew, Betrachtungen über das Buch der Lieder, Neustadt (Paulus-Verlag)
Mücher, W., Das Lied der Lieder, auf http://biblische-lehre-wm.de/wp-content/uploads/037-Das-Hohelied-WM.pdf
Ouweneel, W. J., Das Lied der Lieder, auf http://biblische-lehre-wm.de/wp-content/uploads/AT-22-Das-Lied-der-Lieder-WJO.pdf
Smith, Hamilton, Das Lied der Lieder – Erklärungen zum Hohenlied Salomos, Zürich (Beröa-Verlag)
Kapitel 1
Einleitung
In diesem Buch ist Christus der Bräutigam und sein irdisches Volk Israel die Braut. Die Anwendung auf Christen als Bräutigam ist individuell möglich.
Die Braut ist der Überrest des irdischen Volkes Gottes, eig. der beiden Stämme des Südreichs (Juda, Benjamin). Noch genauer: die Hauptstadt des Südreichs: Jerusalem. Die Jungfrauen sind die Töchter Jerusalems (= Tochterstädte; vgl. 1,5). Die kleine Schwester in 8,8 ist der Überrest aus den zehn Stämmen des Nordreiches.
Einteilung
Überschrift – Titel des Buches (V. 1)
Die Braut verlangt nach der Liebe des Bräutigams – er soll sie in seine Nähe ziehen – sie möchte, dass auch andere ihm näher kommen (V. 2–4)
Sie ist sich ihrer Herkunft bewusst: schwarz und ungeliebt – sie hat selbst versagt (V. 5.6)
Der erneute Wunsch, in seiner Nähe zu sein (V. 7)
Salomo bestätigt ihr seine Liebe (V. 8–11)
Das Aufblühen und Bezeugen der gegenseitige Liebe (V. 12–17)
Vers 1
Das Lied der Lieder, von Salomo: Salomo hat 3000 Sprüche verfasst und 1005 Lieder gedichtet (1Kön 4,33). Die höchste Dichtung ist dieses Lied. Es ist das Lied der Lieder. Die Liebe Gottes übersteigt alle Segnungen und Ratschlüsse; sie sind das Ergebnis dieser Liebe.
Von Salomo: Salomo war der weiseste Mensch (außer dem Herrn), der je gelebt hat. So ist auch dieses Lied das Weiseste, was je über die Liebe geschrieben worden ist. Zudem ist es göttlich inspiriert, es ist göttliche Weisheit (vgl. 2Chr 9,22).