Behandelter Abschnitt 1Kor 8,1-3
In den Kapiteln 8, 9 und 10 verficht der Apostel entschieden die Freiheit des Einzelnen, aber er warnt auch zugleich ernstlich vor einem Missbrauch dieser Freiheit. In Kapitel 8 werden wir davor gewarnt, diese Freiheit in einer Weise zu gebrauchen, durch die unser Bruder zu Fall kommen könnte; in Kapitel 9 werden die Diener dahingehend gewarnt, dass es möglich ist, die Freiheit so zu gebrauchen, dass sie selbst dadurch verurteilt werden; in Kapitel 10 werden wir davor gewarnt, die Freiheit auf eine Weise zu gebrauchen, die unserer Gemeinschaft Schaden zufügen und Juden, Heiden oder der Versammlung Gottes ein Anstoß sein könnte.
Verse 1–3
„Was aber die Götzenopfer betrifft, so wissen wir (denn wir alle haben Erkenntnis; die Erkenntnis bläht auf, die Liebe aber erbaut. Wenn jemand meint, etwas erkannt zu haben, so hat er noch nicht erkannt, wie man erkennen soll; wenn aber jemand Gott liebt, der ist von ihm erkannt). . . “.
Der Apostel eröffnet diesen wichtigen Gegenstand in Kapitel 8 damit, dass er uns die Gefahr vorstellt, die Freiheit des Einzelnen in Freizügigkeit zu verkehren und, ohne die Auswirkungen unseres Handelns auf andere zu bedenken, eigenwillig zu handeln. Bei der Ausübung der christlichen Freiheit ist es daher durchaus möglich, seinem Bruder einen Anlass zu geben, so dass dieser zu Fall kommt. Im Blick auf die Angelegenheit des Essens von Götzenopfern legt der Apostel energisch Nachdruck auf diese Warnung. Einzelne Gläubige in Korinth, die wussten, dass ein Götzenbild nichts ist, mochten sich persönlich völlig frei gefühlt haben, in den Götzentempel zu gehen und Götzenopfer essen zu können.
Dabei stellt sich aber die Frage, ob es richtig sein kann, so etwas zu tun, wenn dadurch ein Bruder zu Fall kommt zuerst zeigt der Apostel, dass es sich hierbei um eine der bedeutenden Fragen handelt, die nicht mit bloßer Erkenntnis beantwortet werden kann, die aber durch die Liebe sehr schnell geklärt wird. Dies ist von größter Bedeutung, denn obwohl dieser Grundsatz hier auf die spezielle Frage des Essens von Götzenopfern angewandt wird, hat er doch einen viel breiteren Anwendungsbereich. In unseren Tagen und in unseren Ländern stellt sich uns diese Frage des Essens von Götzenopfern nicht; aber es mögen viele andere Fragen aufkommen, z. B. die Frage des Rauchens bei Christen. Manche würden versuchen, eine solche Frage mit der Erkenntnis zu beantworten, die nur an die schädlichen Auswirkungen auf den Körper denkt; der bessere Weg, auf dem eine solche Frage geklärt werden kann, ist jedoch der Weg der Liebe, die sich fragt: „Welche Auswirkungen wird es auf meinen Bruder haben“? Die Erkenntnis beschäftigt sich mit den in Frage stehenden Problemen, mit den damit verbundenen Vor- oder Nachteilen; doch die Liebe denkt dabei an meinen Bruder.
Dies führt den Apostel dazu, einige wichtige Bemerkungen über Erkenntnis und Liebe zu machen. Als erstes sagt er: „Wir alle haben Erkenntnis“ – in gewissem Maß jedenfalls. Erkenntnis reicht jedoch nicht aus, gleichermaßen haben wir Liebe nötig. Es liegt in der menschlichen Natur, nach Erkenntnis zu dürsten; wenn ich aber nach Erkenntnis nur strebe, um sie zu erwerben und zu besitzen, dann wird sie mich nur aufblähen – während Liebe meinen Bruder erbauen wird. Außerdem erkennen wir nur stückweise (Kap 13,9), und das Vertrauen auf unsere bruchstückhafte Erkenntnis wird uns daher oftmals irreleiten, wenn wir damit aufkommende Fragen entscheiden wollen.