Behandelter Abschnitt Röm 14,1-2
Der Lebenswandel in Beziehung zu dem Reich des Herrn (Kapitel 14,1–15,13)
In Kapitel 12 haben wir die Ermahnungen an Gläubige gelesen, die im Wesentlichen im Blick auf die Beziehungen zueinander als Glieder des einen Leibes stehen. In Kapitel 13 geht es um Ermahnungen zu unserem Verhalten in Beziehung zur Welt, durch die wir hindurchgehen. In Kapitel 14 und 15 (bis Vers 13) stehen die Ermahnungen in Verbindung mit dem Herrn. Sie haben mit unserem Lebenswandel als Untergebene in seinem Königreich zu tun.
Dieser Teil des Briefes beginnt mit der Gesinnung, in der wir einander aufnehmen sollen. Er endet mit Ermahnungen, die uns in Freude und Friede miteinander verbinden, wenn wir nach ihnen handeln. Der Apostel spricht hier nicht von der Aufnahme in die Versammlung, sondern davon, dass wir einander aufnehmen sollen: ein einzelner nimmt einen anderen Gläubigen im normalen christlichen Miteinander auf. Es ist wichtig, diese richtige Bedeutung dieser Abschnitte zu verstehen, weil diese Verse oft missbraucht worden sind, um falsche Vorstellungen zu stützen. Man hat beispielsweise gesagt, dass jemand, weil er Christ ist und in diesem Sinn von Gott angenommen wurde, von uns in die Gemeinschaft der Versammlung aufzunehmen sei, unabhängig von seinen Verbindungen und seinem geistlichen Zustand.
In unserem Miteinander sollen wir uns daran erinnern, dass wir Untertanen sind im Königreich Gottes (Röm 14,17). Jeder ist für sich dem Herrn verantwortlich, der über sein Reich regiert. In diesem Königreich sind manche schwach im Glauben, andere stark (Röm 14,1; 15,1). Aber unabhängig davon, ob man „schwach“ oder „stark“ ist, ist jeder seinem Herrn gegenüber ganz persönlich verantwortlich. Daher muss jeder in seinem Gewissen frei vor dem Herrn handeln können, ohne dass ein anderer sich einmischt, wenn es sich nicht um direkten Ungehorsam gegenüber dem Wort Gottes handelt.
Der Apostel bezieht sich auf zwei Beispiele, die mit der Freiheit des persönlichen Gewissens zu tun haben:
Er nennt das Essen bzw. Meiden von bestimmter Nahrung, die im Judentum unrein war (Fleisch von unreinen Tieren).
Und er greift die Frage auf, ob bestimmte Tage und Feste eingehalten und gefeieret werden müssen.
Solche Fragen nahmen in den apostolischen Tagen noch einen wichtigen Platz ein, als es viele Gläubige gab, die aus dem Judentum stammten. Sie fanden es schwer, sich von ihren durch die frühere jüdische Zeit bestimmten Vorstellungen zu befreien, wo Fleisch und das Einhalten von Tagen eine große Rolle spielte. Die Gläubigen aus den Nationen hatten mit solchen Fragen wenig zu tun. Sie kannten die Unterscheidung von reiner und unreiner Nahrung nicht. Für sie war es auch nicht schwer zu erkennen, dass das götzendienerische System, mit dem sie früher verbunden waren, vollkommen verkehrt war.
Aber diese Fragen nach Essen und Tagen sollten nicht das christliche Miteinander beeinflussen. Vielmehr sollten die Gläubigen dadurch geprägt sein, dass sie einander trugen und ertrugen, gerade wenn sie im Blick auf diese Punkte unterschiedliche Empfindungen besaßen.
Die Schwachen sind nicht diejenigen, die leichtfertig mit dem Bösen umgehen. Sie führen ihr Leben auch nicht im Ungehorsam Gottes Wort gegenüber. Sie sind vielmehr solche, die nicht die ganze Freiheit des Christentums erkennen und verwirklichen. Sie sind Gläubige, die im Blick auf kleine Dinge gesetzlich sind und dadurch nicht nur ein empfindsames Gewissen besitzen, sondern sogar ein krankhaftes.
Aufnehmen – ohne entscheiden zu lassen (Verse 1.2)
„Den Schwachen im Glauben aber nehmt auf, doch nicht zur Entscheidung strittiger Überlegungen. Der eine glaubt, er dürfe alles essen; der Schwache aber isst Gemüse“ (Verse 1.2).
Die Schwachen im Glauben sollen nicht gemieden werden. Man soll sie aufnehmen. Dennoch sollte die Aufnahme solcher Gläubiger nicht als Entscheidungsgrundlage dafür dienen, was Gottes Gedanken im Blick auf Essen und Tage sind. Derjenige, der aufgenommen wurde, sollte nicht denken, dass seine Aufnahme auch das Anerkennen seiner besonderen Sichtweisen im Blick auf Nahrung und Tagen bedeutete.
Auf der anderen Seite sollten diejenigen, die einen solchen Schwachen aufnahmen, diese Gelegenheit nicht dafür nutzen, sich im Blick auf sein übermäßig empfindsames Gewissen vor Gott einzumischen. Der eine glaubt, dass er alle Dinge essen kann. Ein anderer, den der Apostel schwach nennt, glaubt, dass es richtig ist, nur Gemüse zu essen. Das lässt der Apostel stehen.