Behandelter Abschnitt Gal 1,15-17
„Als es aber Gott, der mich von meiner Mutter Leib an abgesondert und durch seine Gnade berufen hat, wohlgefiel, seinen Sohn in mir zu offenbaren, damit ich ihn unter den Nationen verkündigte, ging ich sogleich nicht mit Fleisch und Blut zu Rate und ging auch nicht hinauf nach Jerusalem zu denen, die vor mir Apostel waren, sondern ich ging fort nach Arabien und kehrte wieder nach Damaskus zurück“ ( Gal 1,15-17).
In Vers 15 scheint der Apostel auf Jeremia 1,5 anzuspielen. „Bevor ich dich im Mutterleib bildete, habe ich dich erkannt, und bevor du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt. Zum Propheten an die Nationen habe ich dich bestellt.“ Paulus war zu einem Apostel für die Nationen gemacht worden, durch eine so deutliche Handlung der souveränen Macht Gottes, wie Jeremia zu einem Propheten an die Nationen gemacht worden war. Gott hatte sowohl den einen als auch den anderen ohne jegliches vorheriges Training in ihren jeweiligen Dienst berufen. Der eine sollte den Zorn Gottes über die Nationen ankündigen; der andere sollte denselben Frieden durch Jesus Christus verkündigen.
Doch die Berufung des Apostels durch die Gnade Gottes wurde von einer innerlichen Offenbarung der Herrlichkeit des Sohnes in seiner Seele begleitet. Es gab in der Tat eine äußerliche Offenbarung, die sowohl andere als auch ihn selbst beeinflusste: Seine Begleiter fielen „zur Erde nieder“ (Apg 26,4), wie auch er selbst. Sie „standen sprachlos, da sie wohl die Stimme hörten, aber niemand sahen“ (Apg 9,7). Doch wie beeindruckt und erstaunt sie auch gewesen sein mögen; was auch immer darauffolgend in ihnen bewirkt worden sein mag, zu diesem Zeitpunkt gefiel es Gott, seinen Sohn allein in Paulus zu offenbaren.
Es ist eines der Sehnsüchte des menschlichen Herzens, „Zeichen und Wunder“ zu sehen (Joh 4,48), aber es liegt nichts Rettendes in solchen Erscheinungen. Ja, vielmehr wird die Offenbarung des Herrn Jesus in Herrlichkeit ohne irgendeine innere Offenbarung der Seele das Gericht für die Welt sein. Doch jetzt zeigt sich der Herr Jesus Christus in einigen in der Welt, ohne sich der Welt selbst zu zeigen. „Die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber seht mich“ (Joh 14,9). Dies ist ein entscheidender Unterschied zwischen der Versammlung und der Welt. Die Versammlung frohlockt durch die Gegenwart des Heiligen Geistes in etwas Unsichtbarem, nämlich Jesus, und liebt seine Erscheinung, dass sie Ihn sehen mag, wie Er ist, und für immer bei Ihm sein wird. Die Welt wird Ihn in der Tat auch sehen, doch nur um ihr eigenes Urteil von seinen Lippen zu hören.
Die traditionelle Religion von Paulus, dem Pharisäer, brach unter dieser inneren Offenbarung zusammen. Er erkannte ihre Nutzlosigkeit, und konnte sie nur noch als Verlust anstatt als Gewinn betrachten, für die Erkenntnis Christi Jesu, des Herrn. Er zog „nicht Fleisch und Blut zu Rate“ ; denn er hatte das Zeugnis in sich selbst, in der gesegneten Hinlänglichkeit Jesu des Gekreuzigten, aber nun auferstanden und verherrlicht zu seinem eigenen Nutzen. Es ist immer gefährlich, sich mit Fleisch und Blut bezüglich dessen zu beraten, was Gott offenbart hat. Dies sehen wir auch bei einem anderen Apostel.
Der Vater, nicht Fleisch und Blut, hatten Petrus die Herrlichkeit der Person Jesu offenbart. Aber Petrus beriet sich mit Fleisch und Blut, und es widerstrebte ihm, dass eine so herrliche Person wie der Sohn des lebendigen Gottes leiden müsse. Wie anders redet er, als er, geleitet durch den Heiligen Geist, sagt: „Denn es hat ja Christus einmal für Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten, damit er uns zu Gott führe“ (1Pet 3,18).
Die ersten Gedanken des Glaubens sind richtig. Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet; er beriet sich mit Fleisch und Blut, doch welches Leid und welche Not brachte er in der Sache Hagars über sich selbst. So ist es auch in Bezug auf uns. Wir empfangen das Zeugnis Gottes über seinen Sohn Jesus Christus, und finden Frieden mit Gott als unser Teil, aber wir sind versucht, mit Fleisch und Blut zu Rate zu gehen. Wir fordern gewissermaßen Beweise von uns selbst, die sich für uns als nicht zufriedenstellend herausstellen, anstatt in dem Beweis Gottes an uns in der Gabe und dem Werk seines Sohnes zu ruhen, in all seiner Hinlänglichkeit, unsere Bedürfnisse zu stillen.
Kein Beweis, den wir aus uns selbst erzeugen könnten, könnte je zufriedenstellend sein, weil er immer von dem Bewusstsein der Unvollkommenheit begleitet sein wird. Die Seele kann nur in dem Zuflucht finden, was vollkommen, vollständig und vollendet ist. Und dies ist das Werk Christi am Kreuz; und Gott ruft uns auf, im Vertrauen darauf zu ruhen. In dem Moment, in dem wir unseren Verstand zu Rate ziehen, werden unsere Seelen dunkel.
Paulus ging nicht hinauf nach Jerusalem zu denen, die vor ihm Apostel waren, um entweder eine Bestätigung der Wahrheit des Evangeliums oder ihre Befugnis zur Verkündigung des Evangeliums zu erhalten. Er hatte beides direkt vom auferstandenen Jesus empfangen. Stattdessen ging er nach Arabien, in die Wüste. Er brauchte den Rückzug, um allein mit Gott zu sein, um die wunderbare Wahrheit zu verarbeiten, die er empfangen hatte. Dies ist für uns alle der Beachtung wert, insbesondere jedoch für Jungbekehrte, die versucht sein mögen, um Öffentlichkeit bemüht zu sein, wenn sie den Rückzug brauchen. Aus der Wüste geht Paulus nicht nach Jerusalem, sondern kehrt nach Damaskus zurück – an den Ort seiner wunderbaren Umkehr.