Nun wird der Anlass des Briefes angegeben:
„Geliebte, während ich allen Fleiß anwandte, euch über unser gemeinsames Heil zu schreiben, war ich genötigt, euch zu schreiben und zu ermahnen, für den einmal den Heiligen überlieferten Glauben zu kämpfen“ (3).
Judas hatte, wie er uns hier mitteilt, den aufrichtigen Wunsch, der Erbauung der Heiligen zu dienen. Doch der Stand der Dinge war so, dass dies unmöglich war und er sie lieber dazu anhielt, ihre Rüstung anzulegen, ihre Waffen umzugürten und sich auf den Kampf vorzubereiten. Dies zeigt uns einen Grundsatz von großer und bleibender Bedeutung. Wenn Satan durch seine Boten festen Boden gefunden hat und sich bemüht, die Grundfesten der Wahrheit zu verderben und zu untergraben, ist es nutzlos, über Erbauung zu sprechen, denn Gott ruft in solch einem Moment zum Kampf auf, und nur durch Kampf kann sein Werk dann vollbracht werden. Furchtsame Seelen sind immer bereits bei dem geringsten Anzeichen einer Auseinandersetzung beunruhigt; sie plädieren für Frieden und Liebe und drängen auf die Gefahr für die Seelen durch die Kriegsführung. Doch wenn die Wahrheit des Christentums auf dem Spiel steht, ist es dann echte Liebe zu den Seelen, das Feld dem Gegner zu überlassen?
Als Goliath die Schlachtreihen Israels verhöhnte, war es David, der am meisten für das Wohl des Volkes Gottes arbeitete. Als Petrus in Antiochien die Wahrheit der Gnade verleugnete, indem er sich weigerte, mit den Gläubigen aus den Nationen zu essen, war es Paulus, der ihm ins Angesicht widerstand. Dies trug am wirksamsten zum Segen der Heiligen bei. Wenn Gott zum Kampf aufruft, ist es nichts als purer Egoismus, sich mit der Ausrede, die Heiligen beschützen zu wollen, vom Kampf abzuwenden (vgl. Ri 6,16; 18,10).
Als Nehemia beispielsweise damit beschäftigt war, die Mauern Jerusalems zu bauen, war der Feind so aktiv, dass jeder mit einer Hand am Werk arbeitete und in der anderen eine Waffe hielt. „Denn die Bauenden hatten jeder sein Schwert um seine Hüften gegürtet und bauten“ ( Neh 4,10-12). Wenn die Trompete ertönte, rief sie zum Kampf auf, das Gebäude der Mauer sollte verlassen werden und alle sollten dem Feind in Abhängigkeit von Gott gegenübertreten.
Und dies ist auch die Lektion, die uns Judas lehrt. Jetzt, sagt er gleichsam, ist die Zeit zum Kampf. Er setzt die Posaune Gottes an seine Lippen und ruft zum Kampf auf, um die Empfänger wachzurütteln, dass sie aufpassen und am Glauben festhalten, sich selbst wie Männer verhalten und stark und aufrichtig für den einmal den Heiligen überlieferten Glauben kämpfen mögen. „Der Glaube“ ist, wie kaum gesagt werden muss, das, was geglaubt wird, die Wahrheit, und der Kampf musste gewagt werden, um ihn so aufrechtzuerhalten, wie er den Heiligen überliefert worden war. Jegliche Veränderungen, jede Weiterentwicklung des Glaubens, jede Anpassung an den modernen Zeitgeist – die alle in Wirklichkeit Verfälschungen der Wahrheit sind – musste und muss zurückgewiesen werden. Nachdem die Wahrheit uns durch die Apostel überliefert worden ist, müssen wir sie genauso verteidigen, wie sie empfangen worden ist.