Behandelter Abschnitt Daniel 5,1-4
Historische Ereignisse mit geschichtlichem Charakter
Es ist von entscheidender Bedeutung, uns beim Lesen der Kapitel, die den ersten Teil dieses Buches bilden, immer und immer wieder daran zu erinnern, dass diese zwar grundsätzlich historisch sind, aber dennoch auch einen prophetischen Charakter tragen. Während sie die Kennzeichen der Herrscher der Nationen beschreiben, denen Gott die Regierung der Erde nach der Zerstörung Jerusalems anvertraut hat, werden diese Eigenschaften in den letzten Tagen erneut auftreten.
Es gibt drei Dinge, die diesen prophetischen Charakter im Besonderen tragen:
1. Die Handlungen dieser verschiedenen Monarchen;
2. Die darauffolgenden Gerichte, die im letzten sowie im vor uns liegenden Kapitel beschrieben werden;
3. Die Befreiung des Volkes Gottes, die in Kapitel 3, und dann auch in Kapitel 6, in der Person Daniels gesehen werden kann.
Dem mag die Anerkennung des wahren Gottes durch die Nationen hinzugefügt werden, nachdem sie gerichtet wurden, wie es sich im Fall Nebukadnezars sowie Darius‘ dargestellt findet (Daniel 6), obgleich sein Bekenntnis eher durch die Zurschaustellung der Macht Gottes in der Errettung seines (durch Daniel dargestellten) Volkes hervorgerufen wird, das sich im Rachen der Zerstörung befindet.
Belsazar fordert den Gott Israels heraus
Wenn wir nun zum vor uns liegenden Kapitel kommen, wird uns ein sogar noch schlimmeres Merkmal der heidnischen Regierung gezeigt. Götzendienst und Hochmut über die eigene Macht – Prahlerei – hatten Nebukadnezar gekennzeichnet. Doch Belsazar unterscheidet sich von ihm in seiner öffentlichen Anmaßung kühner Gottlosigkeit, die sich in offener Bosheit und Gotteslästerung entfaltet.
Die Gelegenheit für diesen Ausbruchs des Frevels wird im ersten Vers beschrieben:
„Der König Belsazar machte seinen tausend Gewaltigen ein großes Festmahl, und er trank Wein vor den Tausend. Belsazar befahl, als der Wein ihm schmeckte, dass man die goldenen und die silbernen Gefäße herbeibrächte, die sein Vater Nebukadnezar aus dem Tempel in Jerusalem weggenommen hatte, damit der König und seine Gewaltigen, seine Frauen und seine Nebenfrauen daraus tränken. Dann brachte man die goldenen Gefäße, die man aus dem Tempel des Hauses Gottes in Jerusalem weggenommen hatte; und der König und seine Gewaltigen, seine Frauen und seine Nebenfrauen tranken daraus. Sie tranken Wein und rühmten die Götter aus Gold und Silber, aus Kupfer, Eisen, Holz und Stein“ (5,1–4).
Es war einer Nacht der Schlemmerei, des Gelages und ungezügelter Freizügigkeit, in der alle bösen Leidenschaften des verdorbenen menschlichen Herzens entflammten und nach Befriedigung verlangten. Denn man bemerke, dass Belsazar „als der Wein ihm schmeckte“, den Befehl erteilte, „dass man die goldenen und die silbernen Gefäße hereinbrächte, die sein Vater Nebukadnezar13us dem Tempel in Jerusalem weggenommen hatte, damit der König und seine Gewaltigen, seine Frauen und seine Nebenfrauen daraus tränken“.
War er berauscht? Sicherlich vom Hochmut boshafter Anmaßung; und dieser wurde durch den Wein, den er trank, zusätzlich angefacht. Der Genuss von Wein weckt von allen von der Erde angebotenen Freuden notwendigerweise die schlimmsten Begierden des Herzens; und die Gesellschaft, die den König umgab, offenbart, dass diese Begebenheit keine Ausnahme dieser allgemeinen Regel darstellte.
Wenn dies jedoch nichts als eine gewöhnliche Feier oder Schwelgerei gewesen wäre, wie groß auch die Zügellosigkeit gewesen sein mag, so hätte kein inspirierter Stift sie aufgezeichnet. Die krönende Sünde hierbei war die direkte Beleidigung, die Belsazar gegen den Gott Israels, den Gott des Himmels, demonstrierte. Die heiligen Gefäße waren in Gottes Augen noch immer heilig, so sehr sie auch durch die Sünden seiner Könige und Priester verunreinigt worden waren, denn sie waren in dem Haus gebraucht worden, in das Er seinen Namen in Ewigkeit gesetzt hatte, und wo sein Auge und sein Herz alle Tage sein sollten (1. Könige 9,3).
Sicher hatte Er zugelassen, dass sie im Gericht die Gefangenschaft seines Volkes teilten, doch in Übereinstimmung mit dem, wer Er war, und mit allen Seinen Absichten konnte Er nicht zulassen, dass sie durch den heidnischen Monarchen und seine liederlichen Genossen entweiht wurden. Auch tranken der König, seine gewaltigen, seine Frauen und seine Nebenfrauen nicht nur daraus, sondern „sie tranken Wein und rühmten die Götter aus Gold und Silber, aus Kupfer, Eisen, Holz und Stein“. Götter aller Art wurden verehrt, und ihre Erhabenheit über den Gott Israels in beleidigender Form gerühmt. Indem sie dies taten, forderten sie Gott öffentlich und auf unverschämte Art und Weise heraus. Mit einer solchen besinnungslosen Torheit und Respektlosigkeit stellte dieser tollkühne König die Herrschaft des lebendigen und wahren Gottes in Frage.
13 Die Chronologie der Nachfolger Nebukadnezars kann nicht eindeutig bestimmt werden, doch es scheint außer Frage, dass Belsazar nicht sein Sohn gewesen sein kann. Möglicherweise war es sein Enkel, wenngleich aus dies nicht belegt werden kann. Der Ausdruck „Vater“ wird daher, wie häufig in den Schriften, im Sinne eines Vorfahrens gebraucht. In welcher genauen Beziehung er jedoch auch zu Nebukadnezar stand, er kann nicht weit von dem Monarchen entfernt gewesen sein, denn wir sehen, dass er mit dem Gericht, das über ihn gefallen war, gut vertraut war.↩︎