Unbekannter Autor; verschiedene Autoren
Kommentar von verschiedenen, zum Teil unbekannten Autoren
Ri 7,1Kommentar zu Richter 7,1
Behandelter Abschnitt Ri 7,1-8
Aber Gott will dem Volke zeigen, dass Er immer derselbe ist, dass Er es ist, der befreit, selbst ohne menschliche Mittel zu gebrauchen. Auch jetzt wird Er weder zweiunddreißigtausend noch zehntausend Krieger nötig haben, sondern sich nur dreihundert Männer bedienen, von denen keiner das Schwert zieht, um den Sieg zu erringen. Dabei genügt es, dass sie ihre Krüge zerschmettern und in die Posaunen stoßen. So zeigt Gott, dass Er allein befreit, aber durch Männer des Glaubens, die, ohne sich auf ihre Knie niederzulassen, um zu trinken, sich damit begnügen, mit ihrer Hand zu ihrem Munde zu lecken (7,1–8).
Die Israeliten hatten ihre Segnung anderswo als in Gott gesucht. Gideon hatte getan wie die anderen und war äußerlich demselben Elend ausgeliefert. Er schlug den Weizen aus in der Kelter, um ihn vor Midian zu flüchten. Trotzdem antwortet das Herz Gideons auf das Zeugnis Gottes durch den Propheten, vielleicht sogar ohne dass er es gehört hat. Das kam von Gott; Gideon war geübt und bearbeitet, um zu vernehmen, wie es zu allen diesen Dingen gekommen war und dass Gott wirklich mit ihm und mit seinem Volke sein würde. Der Engel sagte zu ihm: «Jehova ist mit dir.»
Bis jetzt hatte sich das noch nicht gezeigt. Denn wenn Gideon den Weizen in der Kelter ausschlug, um ihn zu verbergen, so gab er ja damit kund, dass er nicht mit der Befreiung Gottes rechnete. Aber Jehova, der Gideon kannte, nennt ihn: «tapferer Held». Gideon macht sich eins mit dem Volke Gottes. Er sagt nicht: «wenn Jehova mit mir ist», sondern: «wenn Jehova mit uns ist» (V. 13). Er hatte wohl die Überzeugung, dass wenn Gott mit ihnen wäre, auch die Segnungen einträten; er hielt viel von der Macht und der Liebe Gottes. Aber wird Er jetzt für Sein Volk einstehen? «Wenn Jehova mit uns ist. . . , wo sind alle Seine Wunder, die unsere Väter uns erzählt haben?» Er hätte hochmütig werden können wegen des Zeugnisses, das Gott Ihm gegeben hatte – «tapferer Held», und hätte versuchen können, sich selbst zur Geltung zu bringen, aber nein. Er verbindet Jehova mit Israel: Hat Er jetzt keine Liebe für Sein Volk? Das ist für ihn die große Frage.
Die Untreue des Volkes nährt den Unglauben seines Herzens: Weil das Volk so elend ist, glaubt er nicht, dass Gott handeln will und begreift nicht, dass dies so kommen musste, weil Gott wirklich das ist, was Er ist. «Wo sind alle seine Wunder, die unsere Väter uns erzählt haben?» Anderseits sah aber Gideon sehr wohl, dass die gegenwärtige Züchtigung das Werk Jehovas war und dass die Kinder Israel ihrer Sünden wegen den Midianitern überliefert worden waren.
Nicht einmal einer auf Hundert
Dass in den Tagen Gideons nur dreihundert Männer wirklich im Zustand waren, gegen die Midianiter zu kämpfen, ist erstaunlich.
Da waren tausende von Israeliten, wahre Söhne Abrahams, Glieder der Versammlung Jehovas, die nicht mit dem Schwert gegen die Midianiter kämpfen wollten oder konnten. Dies setzte wirkliches Vertrauen auf Gott voraus, wobei man sich seinen Händen übergab. Die Zahl der Männer, die in der sittlichen Verfassung waren, dem Feinde am Tage des Kampfes zu begegnen, entsprach nicht einmal dem Verhältnis von einem auf Hundert. Ernste Tatsache! Nicht einer von Hundert wusste mit Gott zu rechnen und sich selbst zu verleugnen!
Ist diese Tatsache nicht auch für uns der Erwägung wert? Führt sie nicht dazu, dass auch wir uns fragen, ob es heute anders sei? Leben nicht auch wir in Tagen, in denen das kostbare Geheimnis des Vertrauens auf Gott sehr wenig gekannt ist? und noch viel weniger die praktische Selbstverleugnung und die Hingabe an Gott?
Diese beiden Dinge dürfen in der Praxis nicht getrennt werden: Wollte man versuchen, die Selbstverleugnung und Hingabe an Gott vom Vertrauen auf Ihn zu lösen, fiele man in die mönchischen Irrtümer, in die unnützen Anstrengungen der Natur, die sich selber beherrschen und verbessern will.
Kaum nötig zu sagen: Solche Anstrengungen sind das Gegenteil vom Christentum, das die herrliche Tatsache zum Ausgangspunkt hat, dass die alte Natur durch das Kreuz Christi gerichtet und zunichte gemacht worden ist und dass sie so in der Kraft des Heiligen Geistes jeden Tag in praktischer Unterwürfigkeit gehalten werden kann. Das ist der Sinn der schönen Worte in Kolosser 3: «Ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit dem Christus in Gott» (nicht: ihr solltet gestorben sein).
Und was ist die Folge davon? «Tötet nun eure Glieder, die auf der Erde sind.» So lesen wir auch in Römer 6,2: «Wir, die wir der Sünde gestorben sind, wie sollen wir noch in derselben leben? Oder wisset ihr nicht, dass wir, so viele auf Christum Jesum getauft worden, auf seinen Tod getauft worden sind?» Und was ergibt sich daraus? «Also auch ihr, haltet euch der Sünde für tot, Gott aber lebend in Christo Jesu» (V. 11).
Darin also besteht das Geheimnis eines heiligen Lebens und des Gehorsams gegen Gott. Versteht man dies nicht oder macht man nicht die praktische Anwendung davon, bleibt nichts anderes übrig, als das Ich in seiner selbstsüchtigen, hässlichen Form, oder das Ich, das sich selber zu unterdrücken sucht, in seiner anderen Form. Ernste Seelen, die nach einem geheiligten Leben trachten, sind diesem großen Irrtum ausgesetzt und versucht, diesem Weg zu folgen, wenn sie die Kraft der vollbrachten Erlösung und die Innewohnung des Heiligen Geistes im Gläubigen nicht kennen, wenn sie also nicht auf den festen Grund des Christentums gegründet sind. Dieser verhängnisvolle Irrtum, angetan mit dem Mantel eingebildeter Frömmigkeit und scheinbarer Heiligkeit, übt eine besondere Anziehung aus auf gewisse Gläubige, die über die Begierden und Leidenschaften und Neigungen ihrer Natur siegen wollen. Weil sie nicht wissen, wie dies erreicht wird, kehren sie Christo und dem Kreuz den Rücken, um sich zu den eitlen Hilfsquellen einer falschen Religion zu wenden.
Vor diesem unheilvollen religiösen System, das der Seele so schädlich ist, warnt uns der Apostel mit diesen Worten: «Lasst niemand euch um den Kampfpreis bringen, der seinen eigenen Willen tut in Demut . . . eitler Weise aufgeblasen von dem Sinne seines Fleisches, und nicht festhaltend das Haupt. . . . Wenn ihr mit Christo den Elementen der Welt gestorben seid, was unterwerfet ihr euch Satzungen, als lebtet ihr noch in der Welt? Berühre nicht, koste nicht, betaste nicht!. . . nach den Geboten und Lehren der Menschen, welche zwar einen Schein der Weisheit haben, in eigenwilligem Gottesdienst und in Demut und im Nichtverschonen des Leibes, . . . zur Befriedigung des Fleisches» (Kol 2,18-23).
Um Gott leben zu können, ist es nötig, dies gut zu verstehen. Man muss die geschehene Erlösung und unsere Verbindung mit Christo durch die Kraft des Heiligen Geistes erkennen. Das ist die wichtige Grundlage für die ganze Praxis des christlichen Lebens. Mit einem Wort: die Erkenntnis des Heils ist die Grundlage, der vom Himmel gesandte Heilige Geist die Kraft und das Wort Gottes die leitende Regel jeder wahren Abhängigkeit von Gott.
Voraussetzungen zum Sieg nach aussen
Inwieweit kannten Gideon und seine Gefährten diese Dinge? Ohne Zweifel nur sehr schwach, im Vergleich mit dem, was wir Christen jetzt davon wissen. Aber sie vertrauten auf Gott. Wichtig ist auch, dass sie nicht tranken, um die Frische des Wassers zu genießen, wie wenn dies ihr Hauptanliegen gewesen wäre. Sie stillten ihren Durst im Vorbeigehen, als Menschen, die ein anderes Ziel verfolgten. Darin geben sie selbst uns, die wir das Vorrecht haben, im vollen Licht des Neuen Testaments zu wandeln, eine wichtige Lektion. Wenn diese Männer, im schwachen Dämmerschein, in welchem sie lebten, auf Gott vertrauen und sich Ihm hingeben konnten, wie können dann wir uns rechtfertigen, wenn wir mit dem ganzen Licht und den Vorrechten des Evangeliums oft geneigt sind, aus Mangel an Vertrauen auf Gott vor dem Dienst und dem Kampf zurückzuschrecken, dafür aber unsere eigenen Interessen zu suchen?
Ist es nicht auffallend, dass man in unseren Tagen geistlichen Lichts und der Vorrechte sittlich wenig zubereitet ist, um auf dem Wege des Dienstes und des Kampfes zu wandeln, wozu wir doch berufen sind? Ach! wir können es nicht leugnen. Es mangelt an einfachem Vertrauen auf Gott und an wahrer Abhängigkeit von Ihm in der Selbstverleugnung. Das ist bestimmt der wirkliche Grund für den gegenwärtigen Zustand der Dinge. Es fehlt an praktischer Erkenntnis Gottes, an gewohnheitsmäßigem Vertrauen auf Ihn. Man bildet das Ich und dient ihm, anstatt es zu verleugnen.
Auf diese Weise taugen wir nicht zum Kampf, und wir versagen am Tag der Schlacht. Gerettet sein ist eine Sache, Soldat sein eine andere. Vergebung seiner Sünden gefunden zu haben, ist eine Seite, unsere Waffen in gutem Zustand zu halten, eine andere. Ob wir vom Kampf reden oder ob wir am Kampf teilnehmen, ist ein großer Unterschied. Wir können die traurige Feststellung nicht bestreiten, dass in diesen Tagen allgemeinen Bekenntnisses das zahlenmäßige Verhältnis der Diener und Streiter zu den übrigen nicht günstiger ist als zur Zeit Gideons. Es fehlen uns Männer des Glaubens, Männer, die nur einen Gedanken und nur ein Ziel haben, deren Auge einfältig und deren Herz ganz auf einen anderen Gegenstand gerichtet ist, Männer, die von Christo und seinem Dienst so gefangengenommen sind, dass sie keine Zeit für andere Dinge mehr haben.
Gleiche Voraussetzungen zum Sieg nach innen
Aber lassen wir jetzt diesen Punkt und werfen wir einen Blick auf das Ende unseres Kapitels. Gideon und seine Gefährten waren siegreich. «Der Laib Gerstenbrot» und «die zerschmetterten Krüge» hatten genügt, um die ganze Macht der Amalekiter und der Midianiter zu vernichten, obwohl diese «wie die Heuschrecken an Menge» im Tale lagen, und ihrer Kamele keine Zahl war, «wie der Sand, der am Ufer des Meeres ist, an Menge» (7,12). Gott war mit dem «Gerstenbrot» und den «Krügen» gewesen, wie Er immer mit denen sein wird, die bereit sind, einen bescheidenen Platz einzunehmen, die nichts sein wollen, aber Ihn als ihr alles haben, bereit, Ihm zu vertrauen und das Ich zu verleugnen.
Das ist, vergessen wir es nie, der unfehlbare Grundsatz in jedem Dienst und Kampf. Schwierigkeiten, oder die Anzahl und die Macht unserer Feinde, bedeuten wenig, alles muss sich vor der Gegenwart des lebendigen Gottes beugen. Und diese Gegenwart wird immer die begleiten, die auf Ihn vertrauen und keine Rücksicht auf sich selbst nehmen.
Ein festes Vertrauen auf Gott und die Unterwürfigkeit Ihm gegenüber sind nicht nur das Geheimnis des Sieges über äußere Feinde, sondern auch das Mittel, um eifersüchtige und neidische Brüder zu entwaffnen und zu besänftigen, was oft viel schwieriger ist.