Behandelter Abschnitt Off 12,13-18
Der Drache und die Sonnenfrau
„Und als der Drache sah, dass er auf die Erde geworfen war, verfolgte er die Frau, die das männliche Kind geboren hatte. Und der Frau wurden die zwei Flügel des großen Adlers gegeben, damit sie in die Wüste fliege, an ihre Stätte, wo sie ernährt wird eine Zeit und Zeiten und eine halbe Zeit, fern vom Angesicht der Schlange. Und die Schlange warf aus ihrem Mund Wasser, wie einen Strom, hinter der Frau her, um sie mit dem Strom fortzureißen. Und die Erde half der Frau, und die Erde tat ihren Mund auf und verschlang den Strom, den der Drache aus seinem Mund warf. Und der Drache wurde zornig über die Frau und ging hin, Krieg zu führen mit den Übrigen ihrer Nachkommenschaft, die die Gebote Gottes halten und das Zeugnis Jesu haben. Und ich stand auf dem Sand des Meeres“ (12,13–18).
Da der Teufel trotz aller Anstrengungen das Werk des Christus nicht verhindern konnte, hat er dennoch nicht aufgehört, wo immer er Gelegenheit hat, das Zeugnis Jesu zu vernichten oder unwirksam zu machen. Er tut das heute nicht weniger als früher und wird nicht aufhören, solange er dazu irgendwie noch eine Möglichkeit hat. Nun aus der Höhe hinabgeworfen, schüttet er seinen Zorn darüber erst recht über den jüdischen gläubigen Überrest jener Zeit aus; hat er doch stets einen besonderen Hass gegen dieses Volk gehegt und gepflegt, ohne jedoch verhindern zu können, dass aus diesem Volk sein Besieger hervorgegangen ist. Vor allem aber wütet er gegen diesen Überrest, weil dieser das Zeugnis von Jesus, dem Sohn Gottes, fortsetzt. Er will mit allen Mitteln seiner Gewalt und Bosheit diesem verhassten Zeugnis ein Ende setzen, bevor ihn sein Urteil erreicht, dessen er sich wohl bewusst ist.
Es ist von großer Bedeutung, dass der Heilige Geist in diesen Kapiteln (Off 12,17; 19,10) vom „Zeugnis Jesu“ redet, obwohl es sich ja hier ausschließlich um das Zeugnis Israels handelt. Gott, der Herr, will sich damit ausdrücklich zu diesem Zeugnis, als dem seinen, bekennen, in dieser so dunklen Zeit, wohl der dunkelsten der Weltgeschichte. Das Zeugnis Israels ist in dieser Zeit wirklich auch das „Zeugnis Jesu“, denn Israel, wiedergeboren und erneuert, findet in der Person Jesu seine Vollständigkeit und Fülle, die sich natürlich dann im 1000-jährigen Reich in Vollkommenheit zeigen wird.
Gott entzieht aber trotz aller Anläufe des Drachens sein gläubiges Volk dessen Fängen. Er bringt es an einen Zufluchtsort in der Wüste, wo es fern der List und Bosheit Satans, in Gemeinschaft mit seinem Herrn und König, gesichert bleiben kann. Er verleiht der fliehenden „Frau“ die „Flügel des großen Adlers“, damit sie rasch in seine Zufluchtsstätte gelangt. Es sind nicht einfach die Flügel eines Adlers, sondern des großen Adlers, diejenigen, von denen an mehreren Stellen des Alten Testaments die Rede ist (2Mo 19; 5Mo 33; Ps 91). Der „große Adler“ ist niemand anders als der Herr selbst, intervenierend mit seiner Wundermacht für sein Volk. Er ist ihm die Feuersäule bei Nacht und die Wolkensäule bei Tag, so wie Er sein Volk einst durch die Wüste führte. „Der Engel des Herrn lagert sich um die her, die Ihn fürchten, und Er befreit sie“ (Ps 34,7).
Von dieser Flucht redet auch der Herr Jesus in Matthäus 24,15-21, wo Er die Wichtigkeit großer Eile ebenfalls andeutet. An welche Gegend müssen wir nun wohl bezüglich der „Wüste“ denken?
Jesaja 16,3-4 redet von Moab; Jesaja 21,13-17 spricht von Arabien, und beide Länder werden aufgefordert, den Flüchtlingen des Herrn Schutz und Versorgung angedeihen zu lassen. Es ist bezeichnend, dass gerade die östlichen und südlichen Nachbarländer Israels zumeist große Fels- und Sandwüsten aufweisen, die bis heute zum größten Teil unerforscht und unzugänglich sind. Diese können somit sehr wohl die Stätte sein, an der der Herr sein Volk vor allen Nachstellungen verbergen und untertauchen lassen kann und will. Dort erhält Gott sie auch, wie Er es seinerzeit bei Elia getan hat (1Kön 19,1-8). Gott sagt zweimal ausdrücklich, dass Er während der antichristlichen Schreckenszeit sein Volk dort wunderbar erhalten wird (V. 6.14). Diese zweifache Betonung ist als eine besondere Bürgschaft und Verstärkung der Wahrheit der göttlichen Zusage zu bewerten.
In Vers 6 wird im Blick auf die Fürsorge Gottes die große Zahl der Tage, 1 260, genannt, als Zeugnis dafür, dass Er alle Tage, so viele es auch sind, alles Nötige darreichen wird, und die Seinen keinen Mangel haben werden. In Vers 14 hingegen ist die kürzere Zeitandeutung gemacht: „Zeit und Zeiten und eine halbe Zeit“, d. h. dreieinhalb Jahre, im Blick auf die Verfolgungen des Drachen eine kurze Zeit, da der Herr selbst dafür sorgt, dass sie nicht länger währen kann.
Doch der Drache gibt sich nicht so schnell geschlagen. Trotz der Verhinderung seiner Anschläge rüstet er nur zu neuem Kampf um die „Sonnenfrau“, also den Überrest Israels, zu verfolgen und wenn möglich zu vernichten. Unsinniges Bemühen! Wohl kann er über die Mächte gottferner Menschen verfügen, aber Gott selbst schreitet ein, um diese Heeresmacht entscheidend zu schlagen und zu vernichten. Die Erde „tut ihren Mund auf “; das kann ein wirkliches Naturereignis sein, ein unerwartetes Öffnen der Erde, wie bei der Rotte Korahs, eine neue auftauchende Weltmacht – dem Herrn steht alles zur Verfügung und Er schafft Neues, das noch nie da gewesen ist (Jes 43,19).
Wie dem auch sei, der Drache kann nichts ausrichten, weshalb er sich nun wutschnaubend gegen die einzelnen Zeugen Gottes wendet, die sich nicht von Jerusalem, der Stadt der Verheißung, trennen wollten. Durch den Geist der Weissagung geleitet (vgl. Off 19,10), verkündigen sie die Wiederkunft des Herrn in Herrlichkeit und Macht. Wegen des Wortes ihres Zeugnisses ziehen sie den ganzen Hass des Teufels auf sich. Zu diesen Mutigen gehören ohne Zweifel auch die beiden Zeugen, von denen in Kapitel 11 die Rede ist.