Tragen nach Christi Vorbild
Starke und Schwache stehen sich im 15. Kapitel des Römerbriefes einander gegenüber. In der Welt gebrauchen die Starken, die Reichen, die Grossen, die Angesehenen ihre Stellung vielfach dazu, die Armen, Kleinen, Verlassenen, Hilflosen im Kampfe ums Dasein zu bedrücken, brutal mit ihnen zu verfahren, während Gott dem Starken mehr Kraft gegeben hat, damit er dem Schwachen helfe. Wenn Gott uns Reichtum und Einfluss gibt, so tut Er es, damit wir anderen dienen können. „Du sollst lieben, deinen Herrn, von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüte und deinen Nächsten wie dich selbst.“ Was Gott dir gegeben hat, hat Er dir zur Verwaltung anvertraut, damit es zirkuliere, nicht damit du dir darauf etwas einbildest. Wir haben eine fortwährende Verpflichtung, die uns von Gott anvertrauten Kräfte, den uns gegebenen Einfluss uns alles andere uns von Ihm geschenkte, für die Schwachen zu verwerten und sollen unsere Stärke dadurch ausweisen, dass wir andere tragen und sie uns nicht lästig und zuwider werden, wenn sie auch noch so viele Ansprüche an unsere Tragkraft stellen.
Der Herr bemisst die Proben und Übungen, die Er uns auferlegt, nach unserer Tragkraft, sei es im häuslichen Kreise, im Berufsleben, in der Gemeinde oder sonst wie. Das ordnet Gott im Blick auf die Erfordernisse unserer Erziehung. Die Starken sollen sich stark ausweisen durch ihre Tragkraft.
Vers 1: „Wir aber, die wir stark sind, sollen der Schwachen Gebrechlichkeit tragen und nicht Gefallen an uns selber haben,“ und Vers 2: „Jeder verhalte sich so, dass er seinem Nächsten gefalle zur Besserung, zum Guten.“
Worin besteht demnach die wahre Stärke? Das ist ein fortlaufender Gedankengang. Erstens im Tragen der Schwachheit der Schwachen und Gebrechlichen und zweitens darin, dass wir uns nicht selber zu gefallen suchen. Wozu könnte uns auch Gott lieber Kraft und Freiheit geben? Die Tragkraft in der Gemeinde unter Kindern Gottes, muss sich darin zeigen, dass wir unsere Brüder und Schwestern tragen, dass wir ihre Art tragen, vielleicht auch ihre Unart. ihre Charakter und Temperamentsschwächen. Sie sind noch nicht durchgereift, wir wahrscheinlich auch nicht.
Durch Tragen der anderen werden wir kräftig im Geiste, nicht hochmütig, sondern wir kommen dadurch tiefer herunter. Um andere tragen zu können, müssen wir uns unter sie hinunter stellen können und das ist uns gesund. Wir sind durch jede Kraft, die der Herr uns mitteilt, Schuldner des Nächsten. Wir müssen uns von unten heraufarbeiten, nicht von oben herab. Was Gott uns gibt, ist nicht für uns persönlich, sondern für alle. Da ist ein fortwährender Austausch von Geben und Nehmen. Jeder trägt das Seine bei und empfängt viel mehr als er selbst gibt. Was wir liefern. ist viel weniger, als was wir empfangen.
Wir wissen ja was Turnen ist. Durch Turnen erstarken die Glieder, ja der ganze Organismus. Man übt sich z.B auch darin, nicht so empfindlich gegen Kälte zu sein. Solche Übungen gibt es auch in Bezug auf das innere Leben und diese sind noch viel wichtiger als Übungen, die den leiblichen Organismus stärken. Durch Übungen im Tragen erstarken wir innerlich.
Wir sind schuldig, die Schwachheiten anderer zu tragen und nicht Gefallen an uns selbst zu haben. Durch Tragen der Schwachheiten anderer gelangen wir erst zur rechten Stärke, zu wahrer Geistesstärke, zur Lammesnatur. Der Herr Jesus hat die Last der Sünde der Welt getragen, die ganze Last. „Siehe das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt,“ ohne sich zu beklagen, dass er so schwer zu tragen habe; denn dazu ist der Sohn Gottes in die Welt gekommen. Und wir treten ein in die Nachfolge des Lammes, um Tragen zu lernen die Sünde, Schwächen, Charakterfehler, die ganze Art und das Wesen der anderen, das unserer Natur nicht zusagt.
Wir werden gerade dadurch in die göttliche Natur umgestaltet, dass wir die Natur des anderen tragen und wir sollen sie tragen. ohne Ansprüche an sie zu machen. Das schliesst aber nicht aus, dass wir sie warnen, wenn Gott uns dazu Gelegenheit gibt, aber nicht zu unsrer eigenen Befriedigung, nicht weil es unbedingt heraus muss, weil wir uns gedrungen fühlen, uns Luft zu machen durch Klagen und Anklagen, nein nur um dem Nächsten zu dienen und da muss der Herr erst die rechte Gelegenheit, die rechte Stunde und die rechte Art geben, wenn dem anderen überhaupt mit dieser Warnung gedient sein soll.