Vers 2: „Und stellet euch nicht dieser Welt gleich,“ oder „Seid nicht gleichförmig dieser Welt,“ Die Welt sucht unter dreifacher Form das Ihre, Augenlust, Fleischeslust und stolzes Wesen. Lust und Hochmut rufen einander Sinneslust, Augenlust, Stolz. Der Herr geht der Wurzel der Sünde auf die Spur, findet uns in allen Gebieten der Abweichung von Ihm und bringt alles Entgleiste zurück in die richtige Stellung zu Gott, so dass es unsere Lust, unser Streben, unsere Freude ist, Gott zur Verfügung zu stehen. Das ist Herrlichkeit, verfügbar zu sein für Gott, wie ein General, besonders in Kriegszeiten, seinem Kaiser und König zur Verfügung steht. Er steht im Dienste des obersten Kriegsherrn und seines Vaterlandes und wir stehen im Dienste Gottes und der Gemeinde. Das ist unendlich viel höher.
Vers 2 ist die weitere Entwicklung des im ersten Verse ausgesprochenen Gedankens. Zuerst das Negative, das, was aufhören muss und Seinem Abschluss gefunden hat, damit, dass wir zu Gott zurückgekehrt sind, nämlich von der Gleichförmigkeit mit der Welt. Für teuer Erkaufte muss diese Gleichförmigkeit mit der Welt aufhören. Weltkinder tragen ihren Stempel als solche. Man erkennt bis zu einem gewissen Grade schon an seiner Erscheinung, welchem Stand ein Mensch angehört. Man merkt es ihm schon an der Sprache an, die er führt. Weltkinder sind in dieser Welt daheim; sie sind von der Welt, haben die Welt lieb und sind genau orientiert über die Welt.
Bei uns, lieber Leser, soll man merken, dass wir nicht mehr in dieser Welt eingewurzelt sind, dass die Welt nicht mehr unsere Heimat ist, dass uns die Sorgen und Erinnerungen dieser Welt je länger, je mehr fremd werden und dass wir nichts mehr mit den Dingen mehr zu tun haben wollen in denen wir früher schwelgten. Wir haben eine andere Welt, einen anderen Boden, ein anderes Heim; unsere ganze Gesinnung unser Denken hat eine andere Gestalt gewonnen, seit wir nicht mehr in der Welt wurzeln. Die Welt hat das Ihre lieb, wir haben Gott lieb. Weltliebe und Eigenliebe machen der Liebe zu Gott Platz, die in unsere Herzen ausgegossen ist durch den heiligen Geist, und wenn diese neue Stellung Realität ist und gründlich durchgeführt wird, so verändert sich die ganze Gestalt unseres äusseren und inneren Lebens.
Der Stempel der Welt macht dem Stempel Gottes Platz. Das geht nicht mit einem Male, das ist keine Metamorphose, keine zauberhafte, plötzliche Umwandlung. Es ist ein allmähliches Weichen des alten Bildes, welches einem neuen Bilde Platz macht, die der heilige Geist nach dem Urbilde Christi in uns ausgestaltet. Nur müssen wir dann selbst mit Christi Bild vertraut sein und uns die Züge Seines Charakters, Sein Tun und Lassen, Seine ganze Erscheinung immer mehr einprägen, damit der Geist nehme aus dem, das Christi ist, nachdem Er zuerst aus unserem Wesen weggenommen hat, was weltförmig war, alle Eigenliebe, alles aus der alten Natur stammende, alles irdisch gesinnt sein. Ist das alles durchs Gericht gegangen, so ist damit Raum geworden für die Ausgestaltung des Bildes Christi; dass das Bild Christi Seine Anziehungskraft auf uns ausüben kann.
Solange die Welt uns anzieht, kann Christus uns nicht anziehen. Kann aber die Gestalt Christi in unsere Ideale und Ziele hineinleuchten, so ist das die grösste Gnade, die einem Menschenkinde seitens Gottes zuteil werden kann. Es handelt sich da nicht um eine Umgestaltung der äusseren Erscheinung, wie sie sich zunächst dem Menschen darstellt, sondern um eine Umgestaltung von tief innen heraus durch gründliche Erneuerung der Sinnesrichtung, so dass unser Sinn nun auf etwas ganz anderes gerichtet ist, als er früher war.
Ehedem wollen wir uns selbst gefallen, es den Menschen recht machen, um von ihnen geliebt zu werden, das wird uns zuwider in dem Masse, indem die Gestalt Christi in ihrer Herrlichkeit und Lauterkeit in unseren Horizont tritt. Da gestaltet sich eine neue Welt in uns aus, mit ganz anderen Vorstellungen, ein anderes Urteil, ein anderer Massstab, ein ganz anderer Boden und ein anderer Charakter.
Die Erneuerung des Sinnes
„Stellt euch nicht dieser Welt gleich,“ übersetzt Luther. Worin besteht das Wesen dieser Welt? Darin, dass man das Seine sucht. Die Weltkinder suchen das Ihre, je nach den Gaben, die sie haben; jeder sucht dem anderen möglichst viel Konkurrenz zu machen, ihm die Kunden abzujagen usw. Das ist der Kampf ums Dasein, und da handelt es sich um eine vollständige Umwandlung der Sinnesrichtung, wenn ein Menschenkind, das sich selbst gelebt hat, unter der Leitung des heiligen Geistes fortan für Gott und den Nächsten lebt. Es geht da eine Wiedergeburt vor sich, eine Erneuerung des Sinnes und des Wandels. Dem Wiedergeborenen, Erneuerten gibt Gott dann Seines heiligen Geist zur Innewohnung.
Tut Busse, bekehret euch, lasset euch taufen, das alte Wesen in den Tod versenken, so werdet ihr empfangen die Gabe des heiligen Geistes. Euer und aller, die dieses Evangelium erreicht, ist diese Verheissung. Ihr werdet den heiligen Geist empfangen und er ist der Geist der Weisheit und der Prüfung, der Geist der uns mit Gott in Verbindung bringt und uns fähig macht zu prüfen, was Gott wohlgefällt. Was früher unmöglich war ist fortan möglich.
Mit diesem erneuerten Sinn, der nicht mehr Menschen gefallen will, dessen Grundrichtung darauf geht, es Gott recht zu machen, können wir, was früher ein Ding der Unmöglichkeit war, prüfen was Gottes Willen ist. Jetzt ist Raum dafür vorhanden. Wir haben keinen eigenen Willen mehr, sind nicht mehr Knechte der Menschen, werden nicht mehr von eigenen Gesichtspunkten geleitet, jetzt ist Raum für den heiligen Geist, eine neue Welt in uns auszugestalten und unserem Leben einen ganz neuen Mittelpunkt, ein ganz neues Ziel zu geben, nämlich das Ziel, das Jesus sein Leben lang vor Augen hatte, des Vaters Willen zu tun.
Auf Sein: „Siehe ich komme Deinen Willen zu tun oh Gott“ hat Gott geantwortet: „Siehe das ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ Es ist unserem Erlöser gelungen, bis zum letzten Lebenshauch Gottes Willen zu tun, weil nach allen Seiten hin reiner Boden war. Er hat nicht auf Petri Worte gehört, als dieser zu ihm sagte: „Das widerfahre dir nur nicht!“ Er hat immer nur gesagt: „Hier bin ich zu tun Deinen Willen oh Gott.“
Aus Gott Gezeugte haben nur noch das eine Ziel im Auge, Gott zu gefallen und Seinen Willen zu tun. Alles andere hat sich entweder wieder aus der anderen Welt eingeschlichen oder aus derselben fortgesetzt, ohne das man sich klar darüber Rechenschaft gegeben hat. Jetzt muss dies, der wir sind jetzt in die Reihen derer eingetreten, die für Gott leben.
Alles ist jetzt für Gott und damit gewinnt ein Menschenleben seine Bedeutung und seine Richtlinien. Damit reift unser Geist zu immer klarerer Unterscheidung dessen, was Ihm gefällt und was Ihm nicht gefällt, um immer zielbewusster sagen zu können: „Siehe hier bin ich, zu tun Gott Deinen Willen.“ Das können nur Erlöste sagen. „Welches da sei der wohlgefällige Gotteswille,“ natürlich vor allem vor Gott wohlgefällig, aber auch wohlgefällig in dem Sinn, dass es uns nicht mehr eine Last ist, sondern der Ausdruck unseres eigensten, tiefsten Lebens und Wesens. Wir sind für Gott da und was Gott gefällt, ist uns je länger, je mehr, lieb. Jeder Widerwille wird da je mehr, je länger überwunden.
Die Herrlichkeit für den Herrn da zu sein, hat uns übermannt und alles beugt sich unter denselben. Es ist uns alles angenehm, was der gnädige Wille Gottes verfügt, der nie zu viel verlangt, der alles, was Er verlangt, dem geistlichen Alter anpasst und der es nur verlangt, damit wir Ihm und der wahren Freiheit näher kommen.
Was Gott gefällt, liegt nicht immer auf der Oberfläche, sondern man muss stille werden, losgelöst von den Kreaturen, um wirklich mit Gott in Berührung zu kommen und zu Seinen Füssen zu lernen, was Er uns zu sagen hat. Der Wille Gottes ist gut, haben wir gesagt. „Niemand ist gut, als der alleinige Gott.“ Was Gott nicht will, ist daher auch nicht gut, und es kostet die Darangabe des eigenen Willens. Man bedarf des Prüfungsgeistes, um es zu erkennen, was gut und böse ist, was richtig ist und was nicht. Kein anderer Wille ist gut, ausser Gottes Wille; denn nur Gott ist gut in sich selbst und kann daher nichts Böses wollen.
Er ist wohlgefällig und wohltuend für die, die auf Gottes Seite treten und sich vom eigenen Willen lösen lassen. Wo sie vorher nicht wussten, was sie erwählen und was sie ausschalten sollten, dürfen sie jetzt erfahren, wie wohltuend und gesegnet der Wille Gottes ist. Er ist auf das Allerbeste gerichtet, was Gott uns geben kann und wir haben nur Gewinn davon, wenn wir allen eigenen Willen fahren lassen, anstatt zu begehren, was uns lockt und bequem dünkt.
Wenn wir stille werden und uns nicht irreführen lassen, so kann uns der Herr in den Linien Seines Willens erziehen, für die Herrlichkeit zur Reife bringen und zubereiten für Sein Kommen.
Der Anfang von Römer 12, besonders Vers 1, schliesst sich, möchte man sagen, organisch an das an, was in Jakobus 5 über Heilung geschrieben steht. Wollen wir einen gesunden, arbeitsfähigen Leib haben. So müssen wir es als Gnade und Barmherzigkeit ansehen, dass Gott die Aufforderung an uns ergehen lässt, Ihm unseren Leib zur Verfügung zu stellen. Wir haben weder für uns selbst noch für Weib oder Kind zu fürchten, wenn wir unsere Kräfte und Existenzen, und die Glieder unseres Leibes, alle Kräfte und Fähigkeiten, die Gott in uns niederlegt hat, an Ihm zurückzugeben, damit Er sie gebrauche, wie es Ihm gefällt.
Das ist vernünftiger Gottesdienst, wenn man es als unaussprechliche Gnade und Erbarmen betrachtet, dass man nicht mehr müssig am Markte stehen muss, sondern alles in den Dienst des grossen Königs stellen darf, der uns ruft. Dazu bedarf es aber eines vollkommen Umsturzes, einer vollkommenen Erneuerung unserer ganzen Sinnesrichtung; denn es sucht Jeder sein eigenes auf dieser Welt. Jeder versucht möglichst viel für sich selbst heraus zu schlagen und andere für sich selbst zu gebrauchen, während das Kind Gottes darauf bedacht ist, wie es anderen dienen kann und das ohne Wahl und Unterschied der Charaktere und Temperamente, ohne uns zu fragen, ob uns jemand antipatisch oder sympathisch ist. Wir haben uns nicht von unseren Sympathien und Antipathien beherrschen zu lassen, sondern sollen ein Herz haben für alle.
Vielleicht brauchen diejenigen, die uns unsympathisch sind noch mehr Rücksicht, Handreichung und Geduld von unserer Seite. Und diese enthalten wir ihnen nicht vor, wenn wir einmal erkannt haben, dass es Gnade ist, zu ihnen hinunter steigen zu dürfen. Da gilt es zu prüfen. Prüfen aber, kann nur wer unparteiisch ist und es nicht für seine Person leicht haben will. Was Gott in dieser Beziehung von uns verlangt, offenbart Er uns durch Seinen heiligen Geist, wenn wir niedrig gesinnt sind, wie Jesus Christus es auch war und dazu gehört auch, dass wir uns nicht mehr dieser Welt gleichstellen. Die Welt sucht da Ihre unter dreifacher Form: Augenlust, Fleischeslust und stolzes Wesen.
Der Herr geht der Wurzel der Sünde auf die Spur, findet uns in allen Gebieten der Abweichung von Ihm und bringt alles Entgleiste zu sich zurück, so dass es unsere Lust, unsere Bestrebung, unsere Freude ist, unserem Gott zur Verfügung zu stehen. Das ist Herrlichkeit, seinem Gott zur Verfügung zu stehen, wie ein General besonders in Kriegszeiten, für Seinen Gott verfügbar ist. Er steht im Dienste des obersten Kriegsherrn und seines Vaterlandes, und wir stehen da für Gott und Seine Gemeinde. Das ist ein unendlich viel höherer Dienst, für denselben bedarf es aber einer Unwandlung, einer gründlichen Erneuerung des Sinnes und der Sinnesrichtung.
Der natürliche Mensch kümmert sich nichts darum, was Gott von ihm will und von ihm erwartet, während der Wiedergeborene kein höheres Ziel kennt, als in allen Lagen und Vorkommnissen des Lebens, an allen Wendepunkten des Lebens zu wissen, was in Gottes Augen gut ist; denn das allein darf und soll massgebend für uns sein. Um diesen Willen Gottes zu verstehen, muss man heruntersteigen von seiner Höhe, von seinen eigenen Gedanken und Anschauungen. Man darf nicht mehr gross von sich selbst denken, sondern muss demütig und einfältig werden.
Auszug aus seinem Buch „Aus Glauben in Glauben“
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